Elektrofahrzeuge können Umwelt und Stromversorgung entlasten
Neue Studie zu Elektromobilität zeigt Chancen und Risiken auf. Durch die erwartete Zunahme von Elektrofahrzeugen steht die Autoindustrie vor einem Umbruch. Eine Entwicklung, die sich auch auf die Stromversorgung auswirken wird. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat gemeinsam mit Partnern untersucht, welche Chancen und Herausforderungen dieser Wandel für das Energiesystem und die Stromversorgung mit sich bringt.
Fazit: Elektrofahrzeuge können – gerade bei einem hohen Anteil an Erneuerbarer Energie – die Effizienz der Stromerzeugung erhöhen, das Stromnetz entlasten und zu deutlichen CO2-Einsparungen führen. Die Studie liefert hierzu nun verbesserte Simulationsmodelle und neue Ergebnisse.
27 Millionen Elektrofahrzeuge verbrauchen zehn Prozent des Gesamtstroms in Deutschland
Wie schnell sich Elektrofahrzeuge auf dem Markt durchsetzen, können die Forscher derzeit schwer vorhersagen. Dazu müssen neue Fahrzeuge zur Marktreife entwickelt werden und Kunden müssen den Einstieg in die Elektromobilität wagen. Dieser Prozess ist auch abhängig von den Fortschritten bei der technologischen Entwicklung der Elektrofahrzeuge und deren Kosten. Eine Rolle spielen zudem der zukünftige Ölpreis und verbindliche CO2-Grenzwerte für Fahrzeuge. In einem Szenario mit einer erfolgreichen Marktentwicklung von Elektrofahrzeugen bis zum Jahr 2050 gehen die Wissenschaftler des DLR-Instituts für Fahrzeugkonzepte von einem Anteil von 28 Prozent rein batteriebetriebener Fahrzeuge und 34 Prozent Hybridfahrzeugen aus. Der Stromverbrauch von diesen insgesamt 27 Millionen Elektrofahrzeugen in Deutschland läge bei 53,5 Terrawattstunden (TWh) pro Jahr, das entspricht etwa zehn Prozent des derzeitigen Gesamtverbrauchs an Strom in Deutschland.
80 Prozent CO2-Einsparungspotential auf dem Mobilitätssektor
Trotz des höheren Stromverbrauchs käme es bei einer erfolgreichen Einführung von Elektrofahrzeugen zu einer Entlastung der Umwelt: Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb sind effizienter als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Verglichen mit dem Jahr 2010 würde der gesamte Energieverbrauch durch den Individualverkehr um zwei Drittel sinken. Vorausgesetzt die Elektrofahrzeuge fahren mit Strom aus Erneuerbaren Energien, sinkt in diesem Fall der CO2-Ausstoß der PKW-Flotte um 80 Prozent.
Die Stromversorgung profitiert, wenn Elektrofahrzeuge zeitlich gesteuert aufgeladen werden
Nicht nur die Umwelt profitiert laut der Studie von einer erfolgreichen Einführung von Elektrofahrzeugen, auch das Stromversorgungssystem. Denn trotz der zusätzlichen Nachfrage nach Strom können Elektrofahrzeuge – vorausgesetzt der Ladevorgang der Batterie wird gesteuert – durch die bevorzugte Aufnahme von Wind- und Photovoltaik-Strom überschüssige Strommengen reduzieren und aufgrund geringerer Lastspitzen die Stromerzeugung aus fossilen Kraftwerken vermindern. „Durch eine Ladesteuerung wird es möglich, die Autobatterie dann aufzuladen, wenn das Stromangebot aus Erneuerbaren Energien hoch ist. Das ist wichtig für die Integration der Elektrofahrzeuge in das Energiesystem“, sagt Thomas Pregger, Projektleiter der Studie beimDLR-Institut für Technische Thermodynamik. Die Simulationen zeigten, dass überschüssiger Strom in einer Höhe von etwa 4 TWh pro Jahr genutzt werden kann, Insgesamt könnten die Elektrofahrzeuge unter diesen Voraussetzungen die Überschussleistungen um bis zu 20 GW mindern (Szenario für 2050).
Die Forscher haben für ihre Studien auch die Nutzerprofile von Autofahrern in Deutschland untersucht. Diese zeigen, dass das Potential zum Lademanagement im Verlauf des Tages sehr stark variiert und die Speicherkapazitäten der Batterien generell nur teilweise genutzt werden können. Vor allem in den Morgenstunden, wenn die meisten Halter mit ihrem Fahrzeug zur Arbeit pendeln, ist das Potential am geringsten, in den Abendstunden und über Nacht erwartungsgemäß am höchsten. Neben der zeitlichen Verschiebung des Ladevorgangs können die Batterien einer ans Stromnetz angeschlossenen Fahrzeugflotte bei hoher Nachfrage auch Strom ins Netz einspeisen. Allerdings sind bei den derzeitigen Batterien die Alterungsprozesse durch Auf- und Entladen so groß, dass die Kosten für einen solchen Speicher sehr hoch wären. „Es lässt sich schwer vorhersagen, wie sich das ‚Vehicle-to-Grid-Potential’entwickelt. Sobald Elektrofahrzeuge über Batterien verfügen, die weniger Abnutzungserscheinungen aufweisen, wird dieses Potential durchaus interessant“, schätzt Thomas Pregger die Entwicklung ein. Insgesamt schränken die Forscher ein, dass ein gut ausgebautes europäisches Stromverbundnetz und Erzeugungsmanagement bei Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen einen wesentlich größeren Beitrag zum Ausgleich von Stromerzeugung und Last leisten können.
Das DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte hat für die Studie untersucht, wie sich die Elektrofahrzeuge und die PKW-Flotten in Zukunft entwickeln und welche zeitlichen Profile sich für den Stromverbrauch sowie die Batteriespeicherkapazität am Netz ergeben. Das Institut für Technische Thermodynamik ging der Fragestellung nach, wie Elektrofahrzeuge am besten in einen europäischen Stromverbund zu integrieren wären und welche Rolle sie für den Stromausgleich spielen können. Das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat die Auswirkungen auf Hausenergiesysteme und lokale Netze untersucht, das Institut für Hochspannungstechnik der RWTH Aachen die Verteilnetzebene und die Forschungsgemeinschaft für Elektrische Anlagen und Stromwirtschaft e.V., Aachen (FGH) die Auswirkungen auf die Übertragungsnetze. Die Arbeiten des DLR zu dieser Studie wurden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) mit etwa 318.000 Euro gefördert.
Die vollständige Studie „Perspektiven von Elektro-/Hybridfahrzeugen in einem Versorgungssystem mit hohem Anteil dezentraler und erneuerbarer Energiequellen“ finden Sie hier
Quelle
DLR 2012