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© Sonnenseite

Energie aus Sonnenlicht

Sonnenlicht für den eigenen Energiehaushalt zu nutzen, ist eine Fähigkeit, die Pflanzen  und Bakterien im Laufe von Jahrmillionen entwickelt haben. Pigmente spielen dabei  eine herausragende Rolle. Denn sie enthalten Farbstoffe, die das Sonnenlicht mit hoher  Effizienz aufnehmen und die so gewonnene Energie in den Organismus weiterleiten. Humboldt-Stipendiat Prof. Dr. Jun Ling erforscht an der Universität Bayreuth neuartige molekulare Strukturen: Die Natur als Vorbild der Polymerchemie.

  • Wie  lassen sich diese Prozesse im Laboratorium nachahmen?
  • Gibt es möglicherweise künstlich herstellbare Strukturen, die den in der Natur bekannten Substanzen überlegen sind, weil sie einen noch höheren Anteil des Sonnenlichts aufnehmen – und zwar so, dass die  Lichtenergie anschließend in elektrische oder in chemische Energie umgewandelt werden  kann?

Mit diesen Fragen befasst sich eine noch junge Forschungsrichtung, für die sich in  der Wissenschaft der Name „Light Harvesting“ (wörtlich: „Lichternte“) eingebürgert hat.

Antennen für die „Lichternte“: Einblicke in leistungsstarke Riesenmoleküle

Ein international ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet ist Prof. Dr. Jun Ling,  Polymerwissenschaftler an der Zhejiang Universität in Hangzhou, China. Im Dezember  2011 ist er als Humboldt-Stipendiat an die Universität Bayreuth gekommen. Hier arbeitet  er mit Prof. Dr. Axel Müller zusammen, dem Inhaber des Lehrstuhls für Makromolekulare  Chemie II und diesjährigen Träger des Hermann-Staudinger-Preises, der bedeutendsten  Auszeichnung in Deutschland auf dem Gebiet der Polymerchemie. In seinen Forschungsarbeiten hat Prof. Dr. Jun Ling bereits eine Vielzahl von Riesenmolekülen synthetisiert  und daraufhin überprüft, inwieweit sie zur Aufnahme von Lichtenergie imstande sind. Als  besonders vielversprechend haben sich dabei molekulare Strukturen erwiesen, welche  die Form eines Zylinders haben und zur „Molekülfamilie“ der Polymerbürsten zählen.

Ein derartiger Zylinder ist ungefähr 100 Nanometer lang. An seiner Außenseite befindet  sich ein dichter Kranz von kettenförmigen Molekülen, die wie Arme nach außen gerichtet sind. Sie geben der gesamten Struktur das Aussehen einer Flaschenbürste. Die  Pointe dieser Struktur: Jeder einzelne Arm fungiert wie eine Antenne für die Wellen des  Sonnenlichts. An seinem äußeren Ende befindet sich eine Molekülgruppe, welche die  Energie des Sonnenlichts einsammelt. Weil die aufgenommene Energie von hier aus  ins Innere des Zylinders fließt, werden die Arme auch als Geber („Donoren“) der Lichtenergie bezeichnet.

Im Zylinderinneren befindet sich eine lange Molekülkette, welche die  Längsachse des Polymers bildet. Sie ist mit Molekülgruppen bestückt, die als Empfänger  („Akzeptoren“) fungieren. Hier laufen daher alle Energieimpulse zusammen, die von den  Antennen des Moleküls aufgenommen wurden. Aus dem Zylinderinneren heraus kann  die Lichtenergie dann weiterverarbeitet werden – sei es zu elektrischem Strom oder zu  chemischer Energie, wie sie beispielsweise in Zuckermolekülen vorliegt.

Auf dem Weg zu neuen Technologien: Leuchtdioden, Sensoren, Solarzellen

„Im Vergleich mit anderen, beispielsweise kugelförmigen Polymerbürsten erwarten wir  eine deutlich erhöhte ‚Lichternte’“, berichtet Prof. Dr. Jun Ling. „Ich freue mich darauf,  diese Polymerstruktur und ihre chemischen Bestandteile in den nächsten Monaten  intensiv untersuchen zu können. Hier auf dem Bayreuther Campus gibt es dafür eine  hervorragende technische Infrastruktur. Je genauer wir die molekularen Prozesse bei  der Gewinnung von Lichtenergie verstehen, desto besser können wir sie eines Tages  für spätere Anwendungen nutzen.“

Die derzeitigen Forschungsarbeiten gehören also eindeutig noch dem Bereich der Grundlagenforschung an. Aber schon heute zeichnen  sich interessante Anwendungsmöglichkeiten ab, beispielsweise auf den Gebieten der  chemischen Sensoren oder der organischen Leuchtdioden (OLED). Auch der Entwicklung  von hochleistungsfähigen Solarzellen könnten die gewonnenen Erkenntnisse eines Tages  zugute kommen.

Im Hinblick auf solche technologischen Innovationen wird Prof. Dr. Jun Lin mit weiteren  Bayreuther Polymerchemikern und -physikern des DFG-Graduiertenkollegs „Fotophysik  synthetischer und biologischer multichromophorer Systeme“ zusammenarbeiten, insbesondere mit den Professoren Peter Strohriegl, Mukundan Thelakkat, Anna Köhler und  Jürgen Köhler.

Quelle

Mediendienst Forschung Universität Bayreuth 2012

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