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EU-Beihilfeverfahren zum EEG: Nur nicht die Nerven verlieren

Das Beihilfeverfahren der EU-Kommission gegen das EEG wird keine unmittelbaren Auswirkungen auf die gesetzlich garantierten Investitionsgrundlagen für die Erneuerbaren Energien haben. Das Prüfverfahren wird sich sicherlich eineinhalb Jahre hinziehen und der Ausgang ist völlig ungewiss. Investoren und Banken sollten sich also durch die Vorschläge Almunias nicht verunsichern lassen. Selbst für den überhaupt nicht sicheren Fall, dass das EEG am Ende des Verfahrens als Beihilfe deklariert wird, kann der Europäische Gerichtshof dagegen angerufen werden. Dieser hatte 2001 im sogenannten Preußenelektra-Urteil die Einspeisevergütung mit gutem Recht nicht als Beihilfe eingestuft. Von Hans-Josef Fell

Die gefährlichste Behauptung der Kommission ist, dass das EEG an sich beihilfekonform sei. Scheinbar soll dies beruhigen, ist aber in Wirklichkeit der Versuch, das EEG gleich ganz als Beihilfe zu definieren, was nach gültiger Rechtslage nicht der Fall ist. Falls es der Kommission gelänge, das EEG insgesamt als Beihilfe zu deklarieren, würde schnell der Versuch folgen, die Bedingungen zur Genehmigung der Beihilfe so zu definieren, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien ausgebremst werden kann.

Einzig und allein wettbewerbliche Gründe veranlassen EU-Kommissar Almunia, das Beihilfeverfahren zu eröffnen. Dabei ist doch völlig klar, dass der Wettbewerb der Energieerzeugung in der EU völlig zu Lasten der Erneuerbaren Energien verzerrt ist. Die hohen direkten und eindeutigen milliardenschweren Beihilfen (steuerliche Subventionen) für die atomare und fossile Energieerzeugung – historisch wie aktuell – müssten im Prinzip ausgeglichen werden. Das EEG tut dies.

Zudem sind die gigantischen externen Schadenskosten der konventionellen Energien (von der Klimaveränderung über Gesundheitskosten bis zur Atommüllentsorgung) ja ebenso fast nicht umgelegt auf die konventionellen Energieerzeugungskosten. All dies hat Almunia in seiner Eröffnung des Beihilfeverfahrens nicht ausreichend gewürdigt – was nach den Grundlagen des Lissabonvertrages aber sein müsste, denn dort ist nicht nur die Warenverkehrsfreiheit, sondern auch der Umwelt- und Klimaschutz festgeschriebenes Ziel.

Zudem werden seine Änderungsvorschläge für das EEG sogar den von ihm angestrebten Wettbewerb behindern. Ausschreibungsverfahren, wie von ihm vorgeschlagen, behindern den Zugang vieler Akteure zu Kapital für Investitionen in Erneuerbare Energien. Bürgergemeinschaften und Privatleute, die weder Erfahrung mit Ausschreibungen noch Kapazitäten haben, können die Teilnahme oft nicht leisten und werden damit vom Wettbewerb in der Wirkung ausgeschlossen.

Gerade die Akteure der Bürgerenergiewende müssen dies im laufenden Verfahren sehr deutlich machen. Mit seiner Kritik am Grünstromprivileg als angeblich nicht beihilfekonform zeigt er, worum es ihm wirklich geht: Das Zurückdrängen solcher Stromhändler, die direkt Ökostrom vermarkten. So schützt er nur das Geschäft der konventionellen Stromhändler.

Gleichwohl wird das Beihilfeprüfverfahren politische Wirkung entfalten. Die vielen Gegner der Erneuerbaren Energien werden sich in Deutschland und anderen EU-Ländern in laufende nationale Gesetzgebungsfahren unter Verweis auf Kommissar Almunia weiter mit der von ihnen gewohnten Vehemenz einbringen, um das EEG, das für den Klimaschutz wirksamste Gesetz, zu Fall zu bringen. Besonders in Deutschland wird dies in der anstehenden EEG-Novelle der Fall sein. Hier muss die Bundesregierung bei ihrem Kurs gegen die Vorstellungen Almunias hart bleibt. Sie hat völlig zu Recht im Vorfeld des Beihilfeprüfverfahrens gegenüber Almunia klargestellt, dass das EEG keine Beihilfe darstellt.

Dass sich Almunia über diese Rechtsauffassung der Bundesregierung und des Europäischen Gerichtshofes hinwegsetzt, hat leicht zu durchschauende Gründe. In der EU-Kommission ist immer noch der Einfluss der Atom- und Kohlekonzerne dominant. Nicht nur in Almunias Heimatland Spanien, wo die alten Energiekonzerne bereits in den letzten Jahren eine erfolgreiche Gesetzgebung zum Ausbau der Erneuerbaren Energien zu Fall gebracht haben. Auch Großbritannien und Frankreich arbeiten gemeinsam mit vielen osteuropäischen Ländern innerhalb der EU auf ein Ende des Ausbaus der Erneuerbaren Energien hin.

Da die EU-Kommission gemäß dem Lissabonvertrag aber keinen gesetzgeberischen Einfluss auf den Energiemix der Nationalstaaten hat, versuchen Energiekommissar Oettinger und Wettbewerbskommissar Almunia seit Jahren über die Warenverkehrsfreiheit und das Beihilferecht Einfluss auf die Energiegesetzgebung zu erlangen, um so ihre oft erklärten Vorstellungen der Eindämmung des Wachstums der Erneuerbaren Energien Realität werden zu lassen.

Um die politische Wirkung der Almunia-Prüfung abzumildern, sind die Bundesregierung und die große Koalition gut beraten, die ungerechtfertigten Ausnahmen von der EEG-Umlage von nicht im internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen wieder abzuschaffen. Dies sollte im jetzigen Gesetzgebungsverfahren im Vordergrund stehen, auch um die wirklich schützensnotwendigen hochenergieintensiven Industriezweige zu schonen.

Es zeigt sich aber auch, welch großer Fehler der vielen Unterstützer des EEG es in der Vergangenheit war, vor allem die unfaire Kostenverteilung in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion zu stellen, statt den unersetzlichen Vorteil des EEG für Klimaschutz und heimische, sichere Energieversorgung. So wurde der Nährboden für die Vorschläge Almunias bereitet.

Um die feste Einspeisevergütung und den Einspeisevorrang des EEG auch langfristig zu halten, ist es wichtig, wieder Klimaschutz, Umweltschutz und den Beitrag der Erneuerbaren Energien für eine sichere heimische Energieversorgung in den Mittelpunkt der politischen Diskussion zu stellen, damit so klar wird, dass das EEG sehr wohl die europäischen Rechtsnormen erfüllt.

Quelle

Hans-Josef Fell 2013

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