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© Sonnenseite

Forscher fordern schnellen Solarausbau

Deutsche Energie-Visionäre fordern Tempo beim Ausbau der Solarenergie. Um die Ziele des Klimaschutzes zu erreichen, sei es sinnvoll und kostengünstig, neben Windkraft mehr auf Sonnenkraft zu setzen. Deutschland führt weltweit bei der solaren Stromerzeugung. Über fünf Prozent des eigenen Strombedarfs deckt die Sonnenkraft. Bislang wurden Solaranlagen mit einer Spitzenleistung von über 30 Gigawatt (GW) installiert. Ein Bericht von Gero Rueter

Nun fordern führende deutsche Energieforscher, den solaren Ausbau weiter voranzutreiben, auf 200 GW. Bei gleichbleibendem Zubau von etwa 7,5 GW pro Jahr wäre dieses Ziel im Jahr 2035 erreicht. Dann könnte Deutschland rund 30 Prozent des eigenen Stromverbrauchs mit Sonnenkraft decken.

Nach Angaben von Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft, ist bis spätestens 2040 eine vollständige Stromversorgung mit Erneuerbaren Energien in Deutschland machbar. Den Hauptteil des Stroms würde Windkraft mit rund 40 Prozent und Photovoltaik mit  30 Prozent liefern. Den Anteil von Bioenergie, Geothermie und Wasserkraft sieht er bei maximal 30 Prozent.

Sonne billiger als Kohle

Der Forscher hält den Ausbau von viel Wind- und Sonnenenergie auch ökonomisch für sinnvoll. Windstrom gehört mit rund sieben Eurocent pro Kilowattstunde (kWh) heute zur günstigsten Energieform. Und auch Solarstrom macht die Stromerzeugung zunehmend günstig.

Heute wird eine kWh Solarstrom mit neuen Anlagen vom deutschen Hausdach für etwa 16 Cent pro KWh produziert. In zehn Jahren wird Solarstrom nach Einschätzung von Quaschning, in vielen Ländern sogar preiswerter sein als aus einem neuen Kohlekraftwerk.

Für Eicke Weber, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg wird Sonnenstrom zur günstigsten Energieform schlechthin: „Sehr bald könnten wir in Richtung auf zehn, acht oder sogar fünf Cent pro Kilowattstunde kommen,“ schätzt der Forscher.

Photovoltaik steht erst am Anfang

In der Vergangenheit wurde das Potential der Sonnenkraft nicht nur in Deutschland, sondern auch global unterschätzt worden, sind sich die Forscher einig.  So rechnete ein Gutachten des Sachverständigenrates der Bundesregierung vom Frühjahr 2011 mit Kosten von 40 Cent pro kWh für das Jahr 2012. In der Tat liegen die Kosten heutzutage mit 16 Cent nicht mal halb so hoch.

Der Berliner Energieexperte Quaschning nennt noch einen weiteren Grund dafür, dass Solarenergie immer günstiger wird: „Während die Kosten bei konventionellen Kraftwerken auf Basis von Öl, Gas oder Kohle steigen, hält man bei Solarenergie für 20 Jahre die Kosten stabil.“ Das würde aber in den üblichen Kostenschätzungen nicht adäquat berücksichtigt.

Dadurch, dass Deutschland viel Strom durch Sonne und Windkraft produziert, spart es sich schon jetzt jährliche Importe fossiler Energieträger in einem Wert von etwa neun Milliarden Euro. Nach einer Prognose des Freiburger Solarpioniers Weber wird der weitere Ausbau der Erneuerbaren Deutschland so konkurrenzfähiger machen. Die Volkswirtschaft werde sehr davon profitieren, dass ab etwa 2020 kaum noch Öl oder Gas importiert werden müssen, um daraus Strom zu produzieren.

Wind- und Sonnenstrom brauchen Speicher

Die angestrebten 200 GW Solarkraft könnten vor allem auf Dächern installiert werden. Nach Berechnungen von Quaschning gibt es in Deutschland dafür genug Flächen. Zudem hat die Installation vor Ort einen weiteren Vorteil: Der Strom wird zum großen Teil vor Ort verbraucht. Das reduziert die Kosten für den Netzausbau.

Sollte Deutschland tatsächlich Solarkapazitäten von 200 GW aufbauen, wäre die größte Herausforderung der Ausbau von Energiespeichern. Denn wenn Solarpanele 200 GW produzieren und Windkraftwerke weitere 130 GW wäre das oft zuviel. Zwar ergänzten sich die beiden Energieformen in Deutschland  sehr gut, da nicht gleichzeitig viel Sonne scheint und Wind weht, doch an manchen Tagen könnte es nach Quaschnings Schätzungen bis zu 100 GW an Überschüssen geben.

Sollte Deutschland seine komplette Energieversorgung mit Erneuerbaren Energien bestreiten, bräuchte es Speicher, die in der Lage sind, Überproduktionen von 80 bis 90 GW aufzunehmen, schätzt Christan Breyer, Geschäftsführer des Reiner Lemoine Instituts in Berlin, einer Denkfabrik, die sich der Förderung der Energiewende verschrieben hat.

Breyer kann sich einen Mix verschiedener Technologien vorstellen, die in den kommenden Jahren weiterentwickelt werden müssten. Zum einen seien dies Pumpspeicherkraftwerke, die Energie dadurch speichern, dass sie Wasser in höher gelegene Reservoirs pumpen. Auch Batterien könnten Puffer für kurze Spitzenzeiten bilden. Für längere saisonale Speicherphasen biete sich die Herstellung von Wasserstoff per Elektrolyse aus Wasser an. Dieser ließe sich zudem gut in Brennstoffzellen von Fahrzeugen verbrennen.

Energiespeicher für mehrere Monate

Wasserstoff könne aber noch viel mehr: Mit einem chemischen Verfahren läßt sich Methangas daraus herstellen. Das ist identisch mit Erdgas und hat den Vorteil, dass es in Deutschland eine gute Leitungs- und Speicherinfrastruktur gibt. Energieexperte Quaschning schätzt, dass das Gas, das in Deutschland gespeichert werden kann, für die Sicherstellung der Stromversorgung über 2-3 Monate reicht. „Das ist der große Charme, wir müssen nicht mehr neue Speicher bauen, sondern nur noch große  Umwandlungseinheiten von Strom zu Gas und von Gas zu Strom.“

Noch optimistischer ist der grüne Energieexperte Hans-Josef Fell. Im Jahr 2000 initierte er das deutsche Einspeisegesetz und legte damit den Grundstein für den Aufstieg der Erneuerbaren Energien. Er hält sogar einen noch schnelleren Ausbau der Photovoltaik in Deutschland für wahrscheinlich. Dazu trügen die sinkenden Kosten der Erneuerbaren Energien bei: „Ich halte einen Ausbau der Photovoltaik auf 200 GW sogar schon bis 2020 für möglich“, sagte er gegenüber der Deutschen Welle.

Quelle

Mit freundlicher Genehmigung des Autors Gero Rueter 2012Fachredakteur für Klima, Umwelt und EnergieHintergrundredaktion Umwelt & Wissen Deutsche WelleErstveröffentlichung Deutsche Welle | 05.10.2012

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