Forschungsprojekt: Stromspeicher in Mehrfamilienhäusern nutzen
In Eigenheimen steigt die Nutzung von Stromspeichern rasant, Eigentümer und Bewohner von etwa 19 Mio. Mietwohnungen schauen derzeit nur zu. Das soll sich bald ändern.
Das neu gestartete Forschungsprojekt MELANI untersucht, wie sich mehrere Wohnparteien eines Mehrfamilienhauses eine Photovoltaikanlage und einen Stromspeicher teilen können. Die Messtechnik, ein dezentrales Energiemanagement für die teilnehmenden Wohnungsnutzer und Abrechnungsprozesse stehen dabei im Fokus.
„Mit einer Photovoltaikanlage oder einem BHKW wird die Immobilie zum Kraftwerk“, erklärt Dr. Tim Meyer. Er ist Vorstand bei der NATURSTROM AG, die das Projekt koordiniert. „Die günstige Stromerzeugung im Gebäude lohnt sich für alle – für die Bewohner, den Vermieter und den Klimaschutz. Dieser Nutzen lässt sich durch einen mit einem Energiemanagement-System kombinierten Stromspeicher, auf den alle Wohnparteien zugreifen können, noch deutlich erhöhen.“
Starkes Konsortium steht hinter MELANI
Allerdings stehen dem Einsatz von Speichern in Mehrfamilienhäusern bislang mehrere Hürden entgegen. Um die aus dem Weg zu räumen, haben sich NATURSTROM, die SMA Solar Technology AG, die Physikalisch-Technischen Bundesanstalt und das elenia Institut für Hochspannungstechnik und Energiesysteme der TU Braunschweig zusammengetan. Ihr auf drei Jahre angelegtes Projekt MELANI wird vom Bundeswirtschaftsministerium mit 2,3 Millionen Euro gefördert. Seitens der Wohnungswirtschaft unterstützen die Verbände GdW und VDIV sowie die Berliner Gewobag das Forschungsvorhaben.
Zu knacken ist eine harte Nuss, denn beim Zugriff mehrerer Wohnparteien auf ein und denselben Stromspeicher muss stets exakt bestimmt und abgerechnet werden können, welche Strommengen durch welche Wohnpartei aus der häuslichen Stromerzeugungsanlage, dem Speicher oder aus dem öffentlichen Netz bezogen wurden. Diese Daten müssen eichrechtskonform erhoben werden und den relevanten Marktpartnern im Strommarkt zur Verfügung stehen: dem lokalen Stromnetzbetreiber, dem Stromanbieter, der den lokal erzeugten Strom, den gespeicherten Strom sowie Reststrommengen aus dem öffentlichen Netz für die Wohnparteien zur Verfügung stellt – und womöglich auch weiteren Stromanbietern, schließlich müssen die Wohnparteien ihren Energieversorger nach wie vor frei wählen dürfen. „Die nötige Messtechnik zu entwickeln, eichrechtskonform auszugestalten und die Messwerte rechtssicher abzurechnen ist Kern des Projektes MELANI“, resümiert Hauke Witte, der bei NATURSTROM für die Projektleitung zuständig ist.
Modernisierungsschub für Gebäudetechnik
Nicht zuletzt muss aus dem technisch Machbaren auch ein Geschäftsmodell folgen. Das Ziel: günstiger, sauberer Strom für die Wohnparteien und ein einträglicher Betrieb der Erzeugungsanlage und des Speichers für deren Investor. Dies kann der Immobilieneigentümer sein, es ist aber auch die Aufgabenteilung mit einem energiewirtschaftlichen Dienstleister denkbar. „Mit MELANI erschließen wir den Geschosswohnungsbau für die Speichernutzung“, so NATURSTROM-Vorstand Meyer. „Damit geht ein enormer Modernisierungsschub für die energetische Gebäudetechnik einher. Denn mit der Optimierung der lokalen Ökostromerzeugung, ihrer Speicherung, der Nutzung durch die Wohnparteien oder auch im Schaffen von Lademöglichkeiten für E-Fahrzeuge hält die Digitalisierung der Energiewende im Mehrparteienhaus Einzug. Wir schaffen die Grundlagen, damit künftig ein Großteil der Bevölkerung Teil einer digitalisierten Energiewende sein kann.“
MELANI wird darüber hinaus auch einen netzdienlichen Effekt haben: Gerade in hochverdichteten urbanen Räumen werden ohne dezentrale Erzeugungsanlagen und Stromspeicher durch die zunehmende Elektrifizierung vieler Alltagsanwendungen und des Mobilitätsbereichs hohe Summen in den Ausbau der Verteilnetze fließen müssen. Lösungen, die durch MELANI angestoßen werden, können einen kostendämpfenden Effekt auf diese Entwicklung ausüben und damit einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen haben.
In gut einem Jahr sollen die bis dahin entwickelten Lösungen in einem Feldtest praktisch umgesetzt und erprobt werden. Hierfür suchen die Projektpartner bereits jetzt nach einer passenden Immobilie. Um verlässliche rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen für innovative Geschäftsmodelle zu schaffen, wollen die Projektpartner auch im politischen Bereich Aufklärungsarbeit leisten.