Kleinwind-Hybride: Wie weit ist die Entwicklung wirklich
Nicht nur „Hybrid“, sondern gleich „der Startschuss für eine Revolution der Energieversorgung in Europa“ soll das sein, was der Systemanbieter Energiebau Ramstein (EBR) „gemeinsam mit einem Europäischen Konsortium“ in Luxemburg vorgestellt hat.
Deren „dezentrales Energieversorgungssystem für Immobilien“ besteht aus Wind-Strömungsturbinen der Firma LWS Systems aus Lockwisch, Solardachziegeln der niederländischen Zep und Geothermiewärmepumpen von EnBR aus Frankreich. Die Gesamtsteuerung für ein solches System mit hohem Autarkiegrad kommt aus dem Hause EBR.
Noch sei keine solche Hybrid-Anlage fertig, erklärt EBR-Geschäftsführer Hans Kennel, hofft aber, zwei bis drei Neubauprojekte in diesem Jahr erstellen zu können. Dass die zentrale Steuerung die wichtigste Komponente einer Hybridanlage sei, bestätigt auch Hans-Peter Rademacher vom LWS. Er hat seine Wind-Strömungsturbinen nicht nur an das Konsortium um EBR geliefert, sondern ist vor allem in Dänemark und Norwegen im Geschäft, in Ländern, wo der Autarkiegedanke stärker verbreitet sei als hier.
„Die kompakten Strömungsturbinen mit unauffälligem Design erzielen erst nach korrekter Montage und richtigen Elektroanschluss hervorragende Ergebnisse“, erklärt er die Besonderheit seines Produktes. Die Anpassung an den Einbauort sei das A und O. Entwickler Rademacher hatte früher bei einem „konventionellen“ Windkrafthersteller gearbeitet. Doch seine neuen Turbinen schauen völlig anders aus, wenn sie da so waagerecht am Dachfirst montiert sind. Denn dort, „an der Strömungszone zwischen Erdboden und einer Höhe von 10 Metern übernehmen unsere Windmodule die turbulenten Windströmungen und passen sich durch ihre Bauweise den jeweiligen Windrichtungen an“, erläutert er.
Von LWS werden jedoch keine allgemeingültigen Leistungskurven veröffentlicht. Rademacher erklärt das so: „Wir können zum Beispiel per Drehzahl der Turbine definieren, welche Leistung rauskommt.“ Die Turbine müsse genau an den Standort angepasst werden, besonders die Ein- und Auslassbleche. Die Drehzahl der besonderen Windturbine lässt sich u.a. durch die steuerbaren Generatoren ganz stark verändern. Damit gelingt laut LWS die optimale Anpassung an die doch sehr veränderlichen Windströmungen, gerade auf Dächern.
Dass die LWS-Turbinen funktionieren, habe „der TÜV Saarland geprüft und zertifiziert“; das Zertifikat mit der Nummer 2634 steht im Internet. Sehr gut klappe das „im Verbund mit anderen Energieerzeugungsanlagen, insbesondere PV-Anlagen“.
Rademachers hält nichts von dem Superlativ „Revolution“, wie sie von einigen seiner Kunden in die Welt gesetzt werden. Zugleich verweist er aber auf ein Verbund-System der Firma Greg, das 2016 in Hemer im Sauerland in Betrieb gegangen sei. Dabei wurden zwei 300-Watt-Windströmungsturbinen von LWS mit einer 4-kWp Photovoltaikanlage und einem 4-kWh Lithium-Speicher-Management von Sonnen zusammengeschaltet. Die Kombination sowie die Konfiguration der Komponenten, die bis zu 90 Prozent des Haushaltstromes selbst erzeugen soll, wurde mit dem Greg-eigenen Programm HyRE-x ermittelt.
Wie leistungsfähig die waagerechten Windfänger tatsächlich sind, wird sich noch erweisen müssen. Patrick Jüttemann aus Bad Honnef, Betreiber des Kleinwindkraft-Portals (www.klein-windkraftanlagen.com), ist „skeptisch“, wie die neuen Turbinen mit den Verwirbelungen umgehen können. Andererseits lassen sich die Vorteile der Wind-Solar-Hybridlösung von Windströmungsturbinen, PV-Anlagen, Wärmepumpen, Speichern und einem intelligenten Managementsystem nicht von der Hand weisen. Auch hier verweist LWS-Entwickler Rademacher auf „den individuellen Einzelfall“. Und darauf, dass in den neuen Lösungen noch jede Menge Entwicklungspotenzial steckt.
Quelle
Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. 2017 | Heinz Wraneschitz 2017 | Die aktuelle SONNENENERGIE 6/2016