Österreich: Studie zu erneuerbaren Energie
Hohe Akzeptanz der Bevölkerung für den Ausbau, aber fehlender Schwung bei Umsetzung.
Die Akzeptanz erneuerbarer Energietechnologien ist in Österreich so hoch wie nie zuvor. Das ist das Ergebnis einer aktuelle Studie der Uni Klagenfurt, WU Wien, Deloitte und Wien Energie. Ob Windkraft, Photovoltaik, Wasserkraft oder Elektromobilität – die Bevölkerung steht der Energiewende sehr positiv gegenüber. Problematisch ist jedoch, dass es es oft an attraktiven Anreizen zu mangeln scheint, um selbst aktiv zu werden. Dem Systemumbau fehlt es bisher an Dynamik.
Mit der repräsentativen Studie „Erneuerbare Energien in Österreich“ untersuchen die Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Wirtschaftsuniversität Wien, Deloitte Österreich und Wien Energie seit 2015 jährlich die Einstellungen der Österreicherinnen und Österreicher zum Thema. Laut den diesjährigen Ergebnissen stößt die Photovoltaik mit 88 % auf die meiste Akzeptanz in der Bevölkerung. Kleinwasserkraft folgt mit 74 % an zweiter Stelle, die Windkraft knapp danach mit 72 %. „Die Stimmung in der österreichischen Bevölkerung gegenüber erneuerbaren Energien ist traditionell sehr positiv. Der Weg für den großflächigen Umbau des Energiesystems ist bereitet. Der Ausbau selbst hält damit allerdings noch nicht Schritt“, erklärt Nina Hampl, Studienautorin der Universität Klagenfurt und WU Wien.
Interesse für Photovoltaik und Stromspeicher steigt
Photovoltaik ist weiterhin die beliebteste erneuerbare Energietechnologie der Österreicherinnen und Österreicher und erreicht bei den Akzeptanzwerten einen neuen Höchststand. 12 % der Befragten sagen, dass auf ihrem Wohngebäude der Bau einer Photovoltaikanlage geplant ist. Interessant sind auch die finanziellen Erwartungen: 45 % der Befragten geben an, dass eine Photovoltaikanlage in sechs bis zehn Jahren abbezahlt sein soll. Eine deutliche Zunahme gibt es beim Interesse an Stromspeichern. So hat sich bereits fast ein Drittel der befragten Planer von Photovoltaikanlagen entschieden, einen Stromspeicher zu kaufen. Ein höheres Interesse ergibt sich auch bei gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen in Wohnhäusern. „64 % interessieren sich für die Beteiligung an einer Gemeinschaftsanlage. Sie wollen damit nachhaltig Strom erzeugen und gleichzeitig Stromkosten sparen“, erklärt dazu Michael Strebl, Geschäftsführer von Wien Energie.
Windkraft: Unterschiedliche Ergebnisse in den Bundesländern
Ein differenzierteres Bild zeigt sich bei der Windkraft. Sie soll bei der Erreichung der Klimaziele eine wesentliche Rolle spielen. Dafür müsste die Erzeugungskapazität von Windkraft in Österreich bis 2030 verdreifacht werden. Die Zustimmung für Windkraft liegt derzeit bei rund 72 %. Im Bundesländervergleich gibt es allerdings große Schwankungen. So sehen im Burgenland 88 % der Befragten Windkraft positiv, in Tirol und Vorarlberg hingegen sind es nur rund 65 %. Die Studie offenbart interessante Zusammenhänge: Mit dem Wissen über Windkraft steigt die Akzeptanz. Auch mehr Erfahrung mit Windkraft in der eigenen Umgebung beeinflusst die Zustimmung zu einem weiteren Ausbau positiv. Gerhard Marterbauer, Partner bei Deloitte Österreich, sieht darin einen wichtigen Anker für die Transformation des Energiesystems: „Wenn die Menschen ausreichend über Vor- und Nachteile informiert sind oder sogar Stromerzeugung selbst erleben können, dann unterstützen sie auch den Ausbau von erneuerbaren Energien. Die Antwort auf Skepsis ist mehr Dialog und Information sowie die niederschwellige Möglichkeit, persönliche Erfahrungen sammeln zu können.“
Elektromobilität steht vor dem Durchbruch
Bei Elektromobilität setzt sich der positive Trend der letzten Jahre fort. Der Anteil jener Befragten, die schon beim nächsten Autokauf auf Elektroantrieb umsteigen wollen, liegt heuer bei 18 % und ist leicht gestiegen. Insgesamt wächst die Gruppe der potenziellen Elektroautokäuferinnen und -käufer stetig und macht derzeit 54 % aus. Das kann auch mit der steigenden Erfahrung mit Elektroautos zusammenhängen. So ist fast jeder vierte Befragte bereits in einem Elektroauto gefahren. Michael Strebl von Wien Energie erwartet sich für die nächsten drei Jahre einen deutlichen Sprung: „Zwei Faktoren werden den Trend beschleunigen: Erstens wird durch eine Modelloffensive der Kauf eines E-Autos einfacher und günstiger. Zweitens wird die Ladeinfrastruktur zügig ausgebaut. Wir werden etwa in Wien heuer über 500 neue Stationen bauen und damit die Anzahl auf rund 1.500 erhöhen. Stromtanken wird damit flächendeckender und einfacher.“
#mission2030 findet breite Unterstützung
Die Vorhaben der Bundesregierung für den Ausbau erneuerbarer Energien werden von der Bevölkerung gut aufgenommen. Die österreichische Klima- und Energiestrategie #mission2030 setzt unter anderem auf das Ziel, den Stromverbrauch bis 2030 national bilanziell zu 100 % aus erneuerbaren Energien zu decken. „87 % der Befragten ziehen bei dieser Strategie mit und die Bevölkerung ist bereit, selbst aktiv zu werden. Die allgemeine Stimmung für den Ausbau der erneuerbaren Energien ist damit so gut wie noch nie“, betont Studienautorin Nina Hampl.
Neun von zehn Befragten begrüßen die Möglichkeiten zur aktiven Teilnahme am Energiesystem. Das kann etwa eine eigene Photovoltaikanlage sein oder auch die Beteiligung an Gemeinschaftsanlagen. Fast ein Drittel der Befragten kann sich den Einstieg in ein Bürgerbeteiligungsprojekt vorstellen. Auch die Beschleunigung und Verkürzung von Genehmigungsverfahren für neue Kraftwerke wird gutgeheißen. „Die Zustimmung der Bevölkerung ist da, jetzt sind die Entscheidungsträger gefragt. Die Politik muss die rasche Umsetzung des geplanten Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes sicherstellen, damit die Industrie mit entsprechenden Investitionen nachzieht. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass der Begeisterung die Ernüchterung folgt. Dann ist das Momentum für die Energiewende verloren“, so Deloitte Partner Gerhard Marterbauer.