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Spaniens Stromausfall und das EU-Notfallpaket

Wo bleibt die Empfehlung für eigene Solar- und Batterieanlagen?

Der stundenlange flächendeckende Stromausfall in Spanien und Portugal hat viele Menschen schwer getroffen. In einigen Regionen nahm er katastrophale Ausmaße an. Zum Glück war in vielen Gegenden der Strom am nächsten Tag wieder da. Ein tagelanger flächendeckender Stromausfall hätte deutlich schlimmere Auswirkungen gehabt.

Die EU-Kommission hat die Gelegenheit genutzt, ihre Empfehlungen für das 72-Stunden-Notfallpaket in Erinnerung zu rufen.
Demnach sollten Menschen immer auf Katastrophen vorbereitet sein, um mindestens 72 Stunden sicher überleben zu können und das Wichtigste dafür parat zu haben.
Enthalten sein sollten im Survival-Kit: Lebensmittel, Wasser, Medikamente, ein tragbares Radio, eine Taschenlampe, Ersatzbatterien, Ladegeräte, Bargeld, Kopien wichtiger Dokumente einschließlich ärztlicher Verschreibungen, Ersatzschlüssel, warme Kleidung und Werkzeuge wie Taschenmesser u.a.

Ja, natürlich macht das sehr viel Sinn. Es gibt viele Arten von Katastrophen – nicht nur Stromausfälle –, die eine persönliche Vorsorge sehr sinnvoll machen.

Eigene Solarstromanlagen mit Batterien sind im Katastrophenfall eine entscheidende Hilfe

Nur: Warum empfiehlt die EU-Kommission nicht vorrangig den vorsorglichen Aufbau einer privaten, sicheren Stromversorgung, wie sie mit Solaranlagen und Speichern möglich ist? Auch Mieter*innen in Hochhäusern können mit einer Balkonsolaranlage selbst vorsorgen.
Dann kommt der Strom im Blackout zwar nicht mehr aus dem Netz, aber weiter aus der eigenen Hausanlage – und viele Probleme sind abgewendet.

Wenn die eigene Solar-/Batterieanlage so geschaltet ist – und darauf muss man beim Kauf den Installateur unbedingt hinweisen –, dass sie beim Ausfall des Netzes den Solarstrom in den Haushalt liefert und nachts aus der tagsüber geladenen Batterie, dann können die wichtigsten Funktionen im Haus auch bei Netzausfall gewährleistet sein: Die Tiefkühltruhe bleibt kühl, Kochen ist möglich, das heimische WLAN bleibt aktiv – und damit der Internetzugang (sofern das Netz intakt ist), Licht steht auch in der Nacht zur Verfügung.

Die wichtigsten elektrischen Funktionen im Haus sind also auch beim Stromausfall nutzbar.
Dies wäre die wichtigste Notfallvorsorge vor Strom-Blackouts!
Doch warum empfehlen EU-Kommission und viele staatliche Behörden dies nicht?

Der Grund dürfte der starke Lobbyismus der großen Energieversorger sein, die ihr Geschäft weitgehend verlieren würden, wenn sich alle Stromkunden mit eigenen Solaranlagen und Batterien mit hohem Autarkiegrad selbst versorgen.

Denn diese liefern nicht nur bei Stromausfällen Strom, sondern das ganze Jahr über.

Im sonnenreichen Spanien und Portugal können bei entsprechender Auslegung PV-Anlagen mit Batteriespeichern tatsächlich ganzjährig den Strombedarf eines Haushalts vollständig decken – in Deutschland immerhin im Schnitt zu 73 %, selbst für energieintensive Verbraucher wie E-Auto und Wärmepumpe.

Auch für Infrastrukturen sind autarkiefähige PV und Batterien überlebenswichtige Katastrophenvorsorge

Krankenhäuser sollten neben Notstromaggregaten auch PV-Anlagen mit Batterien installieren. Der Diesel für Aggregate ist nicht verlässlich: Nach einem tagelangen Stromausfall sind die Tanks leer und Tankstellen können wegen Pumpenausfalls nicht nachliefern.
Tankstellen selbst könnten weiter Treibstoff liefern – und Banken Bargeld –, wenn sie mit Solarstrom und Batterien für den Notfall gerüstet wären.

Heute gibt es sogar Anbieter von Solar-Ladestationen mit Pufferspeicher, die auch bei Stromausfall E-Autos mit Energie versorgen.

Bereits 2011 haben wir im Bundestag mit dem Büro für Technikfolgenabschätzung die Katastrophenszenarien eines langandauernden Stromausfalls analysiert – mit der Empfehlung, möglichst viele autarke Stromversorgungen lokal aufzubauen.

Inzwischen gibt es Firmen, die blackout-sichere Stromversorgung für ganze Kommunen als Katastrophenschutz aufbauen – in Österreich bereits erfolgreich realisiert.

Spanien schrammte sogar am Atom-Super-GAU vorbei

Die gefährlichste Folge eines großflächigen Stromausfalls wäre das Versagen der Notstromversorgung in Atomkraftwerken – binnen Stunden droht ein Super-GAU.
Wäre das beim Blackout in Spanien geschehen, hätten wir alle keinen unbeschwerten 1. Mai-Ausflug erlebt – genauso wenig wie nach dem Super-GAU von Tschernobyl am 26. April 1986. Ich erinnere mich gut daran, wie ich meine Kinder am 1. Mai 1986 aus Angst vor der radioaktiven Wolke nicht aus dem Haus ließ.

Wie gefährlich der Stromausfall in Spanien (auch für uns) war, beschreibt die Antiatomorganisation „ausgestrahlt“ am Tag nach dem Blackout: „Spanien und Europa sind gestern nur dank funktionierender Dieselgeneratoren einer mehrfachen Atomkatastrophe entgangen. In allen sieben spanischen AKW trat nach der Störung im Stromnetz der Notstromfall ein: Notstrom-Dieselaggregate mussten anspringen und bis zu 15 Stunden lang die Kühlung der Brennelemente sicherstellen. Fällt diese aus, steht ein AKW kurz vor einer Kernschmelze.

Notstromdiesel in AKW fallen immer wieder schon bei Prüfungen aus. Nicht startende Notstromaggregate brachten im Juli 2006 das schwedische AKW Forsmark an den Rand eines Super-GAUs.

Alle vier spanischen Reaktoren, die zum Zeitpunkt des Stromausfalls liefen (Ascó 1 und 2, Almaraz 2, Vandellòs), mussten aufgrund der Störung im Stromnetz eine Reaktorschnellabschaltung durchführen. Zur Wiederherstellung der Stromversorgung können die AKW auch aus technischen Gründen keinen Beitrag leisten. Bis jetzt, 24 Stunden nach dem Blackout, speist keiner der sieben Reaktoren Strom ins spanische Netz ein.“

Wie dramatisch im Juli 2006 der Atomstörfall im schwedischen Forsmark war und wie knapp Europa an einer neuen Katastrophe wie in Tschernobyl vorbeischrammte, berichtete uns der technische Leiter des Reaktors Forsmark in einer Sondersitzung des Umweltausschusses im Bundestag. Ich hatte sie beantragt – als Obmann der Grünen.

Katherina Reiche, damalige Obfrau der CDU/CSU-Fraktion im Umweltausschuss, beschwerte sich bei mir persönlich nach der Sitzung, weil sie deshalb extra ihren Sommerurlaub unterbrechen musste und in Forsmark ja wohl nichts Nennenswertes passiert sei. Ich war entsetzt von ihrer verantwortungslosen Position.

Wie gerade bekannt wurde, ist Frau Reiche als Wirtschaftsministerin von der CDU vorgeschlagen und wird damit auch für die Energieversorgung zuständig sein. Sie tritt heute mehr den je auch für die Atomenergie ein.

Die Ursache des Stromausfalles ist weiterhin unbekannt, doch Verbreiter von Fake News haben den Schuldigen bereits ausgemacht: die Solarenergie

Die Betreiber von Solaranlagen wurden nach dem spanischen Blackout in den sozialen Netzen und bei vielen „Energieexperten“ der fossilen und atomaren Wirtschaft schnell als Verursacher verleumdet.

Doch die Ursache des Blackouts in Spanien ist weiterhin ungeklärt.

Auch der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez erklärte, dass die Ursache für den jüngsten Stromausfall weder ein Überschuss an Erneuerbaren Energien noch ein Mangel an Atomstrom gewesen sei.

Dabei erreichte Spanien am 16. April 2025 – also eine Woche vor dem Stromausfall – eine Vollversorgung des Netzes mit 100 % Ökostrom: eine bemerkenswerte ökologische Erfolgsgeschichte, bei der es zu keinem Blackout kam.

Für Netzbetreiber ist es natürlich eine Herausforderung, die hohen Fluktuationen von Solar- und Windenergie zu managen.

Dennoch ist dies in Spanien und Portugal bislang trotz des hohen Anteils an Solar- und Windstrom stets gelungen.

Klar äußerte sich dazu laut Süddeutscher Zeitung auch die Präsidentin des Aufsichtsrats des zuständigen Netzbetreibers (REE), Beatriz Corredor. Sie erklärte am Mittwoch im spanischen Sender Cadena Ser in ihrem ersten Interview seit dem Stromausfall, es sei nicht korrekt „den Vorfall mit dem Anteil der erneuerbaren Energien in Verbindung zu bringen“. Seit Jahren versorgten Erneuerbare Energien Spanien zuverlässig, daran habe sich nichts geändert. „Die erneuerbaren laufen stabil.“

Solange die Ursache des Blackouts nicht geklärt ist, sind Schuldzuweisungen gegen Solarenergie polemisch und unbegründet.

Schaffen wir also alle nun die beste private Blackout-Vorsorge: eigenes Investment in Solar plus Batterie!

Es ist schwer zu ertragen, dass weder von nationalen Regierungen noch von der EU-Kommission Empfehlungen zum Katastrophenschutz für Kommunen oder Privatpersonen ausgesprochen werden – etwa zum Aufbau autarkiefähiger PV-Anlagen mit Speichern.

Doch man muss nicht auf solche Empfehlungen warten. Jeder kann in seinem Haus oder seiner Wohnung eine PV-Anlage mit Speicher installieren und sich so selbst vor einem großflächigen Blackout schützen.

Und das Schöne dabei ist: Über große Teile des Jahres erhält man dadurch sogar günstigeren Strom als aus dem Netz. Das ist vermutlich der Hauptgrund, warum solche Lösungen von Regierungsseite kaum empfohlen werden – denn die großen Energiekonzerne haben weiterhin erheblichen Lobbyeinfluss zum Schutz ihres Geschäftsmodells: dem Verkauf von Konzernstrom an Privatkunden.

Wenn jeder seinen Strom privat selbst oder in Energiegemeinschaften im Energysharing selbst erzeugt, brechen die Gewinne der Stromkonzerne schnell ein.

Dann werden große Energieversorger kaum noch benötigt. Auch die Anforderungen an den Betrieb der großen Stromnetze würden deutlich sinken, da die Stromkundinnen und -kunden mit Speichern die Volatilitäten des Solarstroms eigenständig ausgleichen könnten.

Das jedoch dürfte RWE, E.ON, EnBW, Vattenfall und anderen wenig gefallen. Deshalb mobilisieren sie politisch weiterhin gegen dezentrale, autarke Stromversorgung – etwa durch zunehmende Erschwernisse beim Netzanschluss für Erneuerbare Energien.

Ein offenes Ohr dafür dürften sie auch bei der künftigen, zuständigen Wirtschaftsministerin Katherina Reiche finden. Sie leitete zuletzt die E.ON-Tochter Westenergie. Als wir gemeinsam im Umweltausschuss des Bundestags saßen, sprach sie sich in ihren Stellungnahmen stets gegen Erneuerbare Energien und für Atomkraft sowie Erdgas aus.
Ob sie als Ministerin nach dem Strom-Blackout in Spanien nun umdenken und sich endlich für echte Katastrophenvorsorge durch Solar plus Batterie einsetzen wird?

Ich habe erhebliche Zweifel daran. Die katastrophalen Gefahren eines langandauernden, flächendeckenden Stromausfalls werden uns wohl auch in den kommenden Jahren begleiten – mit Ausnahme derjenigen, die sich mit Solar, Batteriespeicher und einem kleinen BHKW ganzjährig selbst versorgen können.

Bei mir zu Hause funktioniert das seit über drei Jahren problemlos: Ich beziehe keinen Netzstrom mehr. Waschmaschine, Kühlschränke, WLAN, Ladestation und auch meine Heizung werden mit selbst erzeugtem und gespeichertem Strom versorgt. Ein langandauernder flächendeckender Netzausfall wäre für mich daher keine Katastrophe.

Quelle

Hans-Josef Fell 2025 | Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG

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