Trockenheit in Deutschland zwingt zur Kehrtwende auch bei der Kleinwasserkraft
Kleinwasserkraft schafft ökologische Balance und dient zusätzlich mit CO2-freier Stromversorgung dem Klimaschutz. Ein Umdenken ist in der Naturschutzszene erforderlich: Wir brauchen wieder viel mehr Kleinwasserkraft, zum einen um die CO2-freie Stromerzeugung zu erhöhen, zum anderen um Wasser in Trockenzeiten länger in der Landschaft zu halten.
Dass Trockenzeiten und Dürren infolge der Aufheizung der Erdatmosphäre in anderen Ländern, insbesondere in Afrika, längst schlimmste Katastrophen ausgelöst haben, ist manchen sehr wohl bewusst. Doch Afrika ist weit weg, was schert uns das, denken sich viele und übersehen, dass es gerade die Dürren sind, die ganze, früher fruchtbare Lebensräume und somit Lebensgrundlagen vernichten, deren Bewohner dann als Klimaflüchtlinge nach Europa wollen.
Nun hat diesen Sommer auch Deutschland und große weitere Teile Europas eine heftige Trockenheit erreicht. Ein scheinbar nie endender Sommer, hohe Sommertemperaturen und extrem wenig Regen bereiten immer größere Schwierigkeiten.
Wir müssen damit rechnen, dass Großwetterlagen im Gegensatz zu früher wesentlich stabiler sind und länger bleiben. Grund ist die besonders starke Erwärmung der Arktis, womit die Temperaturunterschiede mit der übrigen Nordhalbkugel verringert wurden und mit ihnen die Antriebskraft für die Höhenwinde, die Jet Streams. Dieses Abschwächen der Jet Streams lässt genau die Großwetterlagen, wie die aktuelle regenarme Wetterlage, monatelang stehen bleiben, mit verheerenden Auswirkungen.
So sind bereits Teile der Schifffahrt auf dem Rhein eingestellt und die Frachtschiffe können nur mit wesentlich verringerter Fracht fahren.
Mancherorts wird schon das Benzin knapp, weil die Tankschiffe nicht mehr genügend liefern. Die Spree fließt an manchen Stellen sogar schon rückwärts und der Schiffsverkehr droht ab Ende Oktober in Berlin gänzlich eingestellt zu werden.
Die Landwirtschaft hat mit erheblichen Ernteeinbußen zu kämpfen.
Noch ist die Trinkwasserversorgung in den meisten Regionen Deutschlands nicht gefährdet, dank eines relativ feuchten Winters und Frühjahrs. Doch was wird, wenn auch die dringend benötigte Winterfeuchte ausbleiben sollte?
Es wird daher zunehmend notwendig alles zu tun, damit das Regenwasser, wenn es denn mal kommt, nicht gleich in großen Mengen wieder abfließt. Aufstauungen der Gewässer, wie sie in allen Trockengebieten der Welt üblich sind, um das Wasser länger in der Landschaft zu halten, werden zunehmend auch in Deutschland erforderlich werden.
Naturschützer müssen lernen umzudenken: Nicht die Durchgängigkeit der Gewässer ist entscheidend, sondern eine feucht zu haltende Landschaft, mit höherem Grundwasserspiegel und viel Wasser, das in Trockenzeiten noch zur Verfügung steht und nicht schnell abfließt, wenn es mal regnet.
Das Schaffen von immer stärkerer Durchgängigkeit mit dem Abreißen vieler traditioneller Stauanlagen wird die Auswirkungen von Trockenzeiten mit sinkendem Grundwasserspiegel und Wasserarmut in Zukunft noch erheblich verschärfen. Die Durchgängigkeit der Flüsse für den Erhalt der Arten muss mit Auf- und Abstiegshilfen, die das wirklich können, geschaffen werden und nicht mit dem Abreißen der Wehre.
Kleinwasserkraft schafft genau diese ökologische Balance und dient zusätzlich mit CO2-freier Stromversorgung dem Klimaschutz. Ein Umdenken ist in der Naturschutzszene erforderlich: Wir brauchen wieder viel mehr Kleinwasserkraft, zum einen um die CO2-freie Stromerzeugung zu erhöhen, zum anderen um Wasser in Trockenzeiten länger in der Landschaft zu halten.
Welche extremen Auswirkungen Trockenzeiten haben können, kann man gerade in Kalifornien sehen. Dort haben Energieversorger in der extremen Trockenheit sogar den Strom für Zehntausende Kunden abschalten müssen, da Stromleitungen häufig Waldbrände auslösen.
Nun wird diese drastische Maßnahme sicherlich dazu führen, dass immer mehr Stromkunden sich mit Solarstrom, Kleinwindanlagen und Batterien, sowie falls vorhanden auch Kleinwasserkraft, eine eigene sichere und unabhängige Stromversorgung aufbauen, statt weiter auf die unsichere Versorgung der Kohle- und Atomstrombetreiber zu setzen. Dies wird auch die Umsetzung des gerade verabschiedeten Gesetzes beschleunigen, wonach die Stromversorgung in Kalifornien auf 100% Ökostrom umzustellen ist.
Es muss sich auch in Deutschland endlich die Erkenntnis durchsetzen, dass die Umstellung auf Erneuerbare Energien nicht nur dem Klimaschutz dient, sondern vielfach auch die Auswirkungen der Erderhitzung abmildern können, so wie Kleinwasserkraft für den Erhalt von feuchten Landschaften in Trockenzeiten und dezentrale eigene Ökostromversorgung.
Quelle
Hans-Josef Fell 2018 | Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG