Schluss mit Braunkohle
Ein lange verstecktes, aber jetzt aufgetauchtes Braunkohle-Gutachten aus dem Bundeswirtschaftsministerium zeigt: Sechs Dörfer um das Braunkohle-Abbaugebiet Garzweiler in NRW und in der Lausitz könnten gerettet werden, ohne dass es in Deutschland zu einem Engpass der Energieversorgung kommt. Es sind die fünf Dörfer Keyenberg, Kuckum, Berverath, Ober- und Unterwestrich im rheinischen Kohlerevier sowie das Dorf Mühlrose in der Lausitz.
So sagt es ein Gutachten der Energieberatungsfirma BET. Doch der Kohlekommission, die den Kohleausstieg für das Jahr 2038 empfohlen hat, wurde dieses wichtige Gutachten vorenthalten.
Deshalb sollen die sechs genannten Dörfer abgerissen und die Bewohner zwangsumgesiedelt werden. Braunkohle-Abbau soll dann in Deutschland bis in die Mitte der dreißiger Jahre weitergehen.
Braunkohle ist der brutalste Klimakiller, schlimmer als Öl, Gas oder Steinkohle. Deutschland ist 2020 Weltmeister beim Verbrennen von Braunkohle. Doch die Profitinteressen des Braunkohle-Konzerns RWE sind für die Bundesregierung und für die CDU/FDP-Regierung in NRW wichtiger als die Heimat vieler Menschen in den sechs genannten Dörfern.
Wo bleibt der Aufschrei von Horst Seehofer, der auch Heimatminister in der Bundesregierung ist?
Auf der Webseite seines Ministeriums steht: „Heimat ist dort, wo sich die Menschen wohl, akzeptiert und geborgen fühlen. Jeder kennt das Gefühl, dazuzugehören und Bestandteil dieser Gemeinschaft zu sein“. Warum gilt dies nicht auch für die Bewohner der sechs Dörfer, die völlig unnötig der Braunkohle weichen müssen?
Trotz aller Lippenbekenntnisse zum Klimaschutz, zum Pariser Klimaabkommen, das auch die Bundesregierung unterschrieben hat, und zum „Green Deal“ der EU, darf RWE in den nächsten Jahren noch 600 Millionen Tonnen Braunkohle allein um Garzweiler fördern und die dortige Kulturlandschaft in eine weitere Mondlandschaft verwandeln.
Der „Schrei der Schöpfung“ und der „Schrei der betroffenen Menschen“ (Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato Si“) wird überhört und verdrängt. Der „Krieg gegen die Natur“ (UNO-Generalsekretär António Guterres diese Woche im Bundestag) muss weitergehen.
Die Heimat wird verheizt
Dieser Kulturbarbarei müssen im heutigen Deutschland sechs Dörfer gnadenlos weichen. Häuser, Kirchen und Schlösser werden plattgemacht, Menschen entwurzelt und ihrer Heimat beraubt. Die Zerstörung der Dörfer dient allein der Profitgier von RWE. Heimat wird zerstört und ausgelöscht. „Verheizte Heimat“, kommentiert die TAZ zurecht.
Die Rechte der Bewohner werden mit Füßen getreten. Ihre Heimat wird verheizt und das Klima weiter belastet. Um Deutschland wirklich auf Klimakurs zu bringen, müssen die Regierenden in Berlin und NRW noch viel tun:
- Der Kohleausstieg muss lange vor 2038 erfolgen. Er ist in zehn Jahren machbar.
- Die erneuerbaren Energien müssen weit schneller ausgebaut werden als es im neuen EEG vorgesehen ist.
- Die CO2-Bepreisung muss von heute 25 Euro pro Tonne rasch ansteigen.
- Die Speicherkapazitäten für Solar- und Windstrom müssen schneller ausgebaut werden als es derzeit geschieht. Das heißt: Hausspeicher, Industriespeicher, Großspeicher. Keine Energiewende ohne Speicher!
- Da die Zukunft elektrisch fährt und die Bundesregierung bei Wärme und Verkehr, bei der Stahl- und Zementproduktion auch auf grünen Wasserstoff setzt, wird bis 2030 doppelt so viel Strom gebraucht als heute. Das ist beim neuen EEG überhaupt nicht berücksichtigt.
Die alten Parteien CDU/CSU, SPD und FDP schieben den Kohleausstieg unnötig und verantwortungslos auf die lange Bank. Der große Solarpolitiker Hermann Scheer hat in solchen Fällen kurz vor seinem Tod 2010 folgendes empfohlen: „Abschalten oder abwählen!“ Er meinte damit ausdrücklich auch seine eigene Partei, die SPD – wie er mir mehrmals versicherte.
Und 2021 ist ein Super-Wahljahr!
- Skandal um Kohle-Gutachten | Altmaier vor Rücktrittsforderungen | Laut einem Gutachten für das Wirtschaftsministerium müsste in Deutschland kein Dorf mehr für neue Tagebaue umsiedeln. Das Kohleausstiegsgesetz sieht das anders vor. Nun hagelt es Kritik an Minister Peter Altmaier. Sein Ministerium nahm das fertige Papier über ein Jahr lang nicht ab, sodass das Gesetz ihm zuvorkam.