Werden Landwirte die Ölscheichs des 21. Jahrhunderts?
Der Raketenforscher Wernher von Braun (1912 bis 1977) sagte am Schluss seines Lebens: „Wenn wir im 21. Jahrhundert die Sonne nicht nutzen, machen wir einen großen Fehler.“
Selbst der Chef der BP Solar Europe, eine Tochter des Mineralölkonzerns BP, Michael Pitcher, sagte schon im Juli 1998 „der Sonnenenergie eine große Zukunft“ voraus: „Das 21 Jahrhundert wird das Jahrhundert der Sonnenenergie werden.“ Damals erreichten Photovoltaik-Anlagen Wirkungsgrade von etwa 12 Prozent, heute von 22 bis 24 Prozent. Weit höhere Wirkungsgrade können in der Zukunft erreicht werden. Der Wirkungsgrad einer PV-Anlage beschreibt wie viel Prozent der auf die Zellen fallenden Sonnenenergie in Strom umgewandelt wird. Je höher der Wirkungsgrad, desto schneller die finanzielle Amortisation einer Anlage.
Die Klimakrise ist die größte Bedrohung für die Sicherheit im 21. Jahrhundert. Sie bedroht die Stabilität der Staaten und die der internationalen Ordnung. Das höre ich immer wieder – hauptsächlich in Entwicklungsländern. Und das gilt weltweit: Für die Fidschi-Inseln ebenso wie für Kalifornien, für Südafrika wie für Grönland, für Bangladesch, das 170 Millionen Einwohner zählt und im Durchschnitt nur drei Meter über dem Meeresspiegel liegt wie für Dutzende Millionenstädte, die direkt am Meer liegen.
Außenministerin Annalena Baerbock, auch zuständig für internationale Klimapolitik: „Klimapolitik ist Geopolitik. Und Geopolitik ist Klimapolitik,“ sagte sie bei einem Besuch der vom Untergang bedrohten Fidschi-Inseln. Auch Landwirte können einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende leisten.
Die Sonne gehört allen. Sie ist nicht monopolisierbar. Es gibt zu unserem Glück keine RWE-Sonne, keine Eon-Sonne, keine Aral-Sonne und auch keine Shell-Sonne. Und keine Putin-Sonne. Die Sonne gehört auch den Bauern.
Landwirtschaft oder erneuerbare Energien
In der Vergangenheit war dies eine Entweder-oder-Frage. Heute jedoch bietet die Agri-PV als innovative Anwendung vielversprechende Möglichkeiten für Landwirtschaft und Klimaschutz. Sie verspricht, landwirtschaftliche Produktion und erneuerbare Stromerzeugung auf derselben Fläche zu vereinen.
Eine Studie der Uni Göttingen und des Fraunhofer-Instituts belegt: Eine Mehrheit der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland steht dem Konzept der Agri-PV aufgeschlossen gegenüber. Die Landwirte können sich demnach gut vorstellen, die Technologie bald einzusetzen. Auch in Frankreich, in Österreich und in den Niederlanden werden Agri-Photovoltaik-Anlagen staatlich gefördert.
Die Vorteile sind offensichtlich: Die Anlagen bieten Schutz vor Sturm-, Hagel-, Frost- und Dürreschäden. Sie führen zu niedrigeren Stromgestehungskosten als kleinere Dachanlagen und sie erhöhen das Einkommen von Landwirten. Verschattung und Windschutz führen zu weniger Verdunstung. Agri-Photovoltaik ermöglicht die Kombination von klassischer Landwirtschaft am Boden und einem Solargewinn im „zweiten Stock“ über dem Boden.
In ganz Europa, aber auch im sonnenreichen Afrika, gehen jetzt Pilotprojekte zweistöckiger Landwirtschaft an den Start. In Sizilien arbeitet bereits die größte Anlage Europas zwischen deren Modulreihen Feigen und Oliven gedeihen. Landwirte können auch Energiewirte werden – vielleicht sogar „die Ölscheichs des 21.Jahrhunderts“?
Über Biogasanlagen und über Agri-Photovoltaik-Anlagen können Landwirte einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten.
- Sonne und Acker: Agri-PV als Chance für Energie- und Landwirtschaft | Die EU hat ehrgeizige Ziele: Bis 2030 sollen rund 750 Gigawatt (GW) an Solarenergie installiert werden. In diesem Zuge gewinnen unter anderem duale Landnutzungskonzepte, insbesondere Agri-Photovoltaik (PV), zunehmend an Bedeutung.