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© toyota.de | Prius Plugin Hybrid | Der Elektromotor bekommt in einem durchschnittlich gefahrenen Plug-in-Hybrid nicht besonders viel zu tun.

Dekarbonisierung des Verkehrs: Kreative CO₂-Buchführung statt Klimaschutz

Mit dem Gesetzentwurf zur Treibhausgasminderungsquote will die Bundesregierung offiziell die Elektromobilität fördern. Tatsächlich aber werden CO2-Schleudern wie Plug-in-Hybride auf dem Papier saubergerechnet. Klimaschutz im Verkehr wird nur vorgetäuscht.

Mit den bisherigen Maßnahmen können Emissionen im Verkehr real nicht ausreichend gesenkt werden. Das ist der Bundesregierung klar geworden. Aus ihrer Sicht bedarf es einer neuen kreativen Buchführung bei den CO2-Emissionen. Entsprechend legte die Regierung Ende Januar einen Gesetzentwurf zur „Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote“ vor.

Damit will Deutschland zugleich seine Pflicht erfüllen, die Erneuerbare-Energien-Richtlinie RED II der EU umzusetzen. Diese verpflichtet die EU-Staaten, die Treibhausgasemissionen im Verkehr zu senken. Die Regierungen haben dabei Gestaltungsfreiraum, wie sie dieses Ziel erreichen wollen.

Der Gesetzentwurf zur Treibhausgasminderungs-Quote (THG-Quote) verpflichtet die heimischen Mineralölkonzerne dazu, eine Mindestquote von erneuerbaren Energien in ihren Kraftstoffen nachzuweisen. Können sie dies nicht, haben sie Strafzahlungen zu leisten.

Das klingt zunächst gut und im Hinblick auf den Klimaschutz auch zielgerichtet. Auch das im Gesetzentwurf festgeschriebene Ziel, die THG-Quote von heute sechs auf 22 Prozent im Jahr 2030 zu steigern, obwohl die EU nur einen Mindestanteil von 14 Prozent vorschreibt, ist anspruchsvoll.

Die Mineralölanbieter können dabei zwischen verschiedenen „Erfüllungsoptionen“ wählen: Darunter fallen Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermitteln oder solche aus Altspeiseölen und tierischen Fetten.

Eine weitere Erfüllungsoption stellen strombasierte Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, dar: Die mit diesen Kraftstoffen erzielte CO2-Minderung soll in der Bilanz doppelt zählen.

Mitgeführter Elektromotor macht Verbrenner sauber

Die eigentliche Neuerung im Gesetzentwurf besteht jedoch in einer Erfüllungsoption „elektrischer Strom zur Verwendung in Straßenfahrzeugen“. Dieser Strom soll mit einem „bestimmten Rechenfaktor“ in die Quotenrechnung eingehen.

Dieser Faktor ist im Gesetzentwurf noch nicht enthalten und soll erst in einer später zu erlassenden Rechtsverordnung der Bundesregierung festgelegt werden. Aus den Erläuterungen zum Gesetzentwurf geht jedoch hervor, dass der Strom für Straßenfahrzeuge mit dem Faktor drei angerechnet werden soll.

© Ö-quadrat | Sebastian Albert-Seifried (links)
ist Physiker und promovierte in Cambridge mit Solarzellen-Forschung. Bei Ö-quadrat leitet er den Bereich energie­sparende Haushalts­geräte. Zuvor arbeitete er bei der Unternehmens­beratung Deloitte. | Dieter Seifried (rechts)
studierte Energie- und Kraftwerks­technik in München und Volks­wirtschafts­lehre in Freiburg. 1999 gründete er Ö-quadrat, sein Beratungs­büro für ökologische und ökonomische Konzepte in Freiburg. Zuvor war er Projekt­leiter beim Freiburger Öko-Institut.

Zu einer solchen Verordnung werden, nebenbei bemerkt, zwar beteiligte Kreise angehört. Umweltverbände und Klimaschützer gehören in diesem Fall aber nicht dazu.

Eine der Optionen, die Zielvorgabe zu erfüllen, besteht für die Kraftstoffproduzenten darin, eigene Ladesäulen für Elektrofahrzeuge zu errichten und sich den dort „getankten“ Strom für die CO2-Bilanz ihrer Kraftstoffe gutschreiben zu lassen – und das gleich dreifach!

Die Unternehmen können aber auch sogenannte CO2-Credits von anderen Ladesäulenbetreibern aufkaufen.

Ein Beispiel: Ein E-Fahrzeug oder ein Plug-in-Hybrid wird an der Ladesäule des Mineralölherstellers geladen. Der Ladesäulenbetreiber erhält pro Kilowattstunde eine Gutschrift über die durchschnittlichen CO2-Emissionen – die nun nicht mehr im Verkehrssektor, sondern im Bereich der Stromwirtschaft anfallen. Das Umweltbundesamt setzt den Wert für die Gutschrift mit 550 Gramm CO2 pro Kilowattstunde an.

Doch damit nicht genug: Um den Ausbau bei den Ladesäulen zu beschleunigen, erhöht der Gesetzgeber die Anreize noch weiter, indem die CO2-Einsparung dreifach gutgeschrieben wird. Statt 550 Gramm würden also 1.650 Gramm je Kilowattstunde angerechnet!

Hier können Sie den Bericht weiterlesen

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Dieter Seifried und Sebastian Albert-Seifried) 2021 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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