Die Schweiz bringt die erste Photovoltaik-Anlage zwischen die Schiene
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat die Installation des ersten Solarkraftwerks bewilligt, das zwischen die Schienen einer Bahnlinie installiert werden kann. Für die Installation der Sun-Ways-Solartechnologie gibt es bereits eine eigens entwickelte Bahnmaschine.
Die Vorbereitung des Genehmigungsantrags für die Installation des Pilotprojekts, das in der Nähe des Bahnhofs in Buttes (NE) stattfinden wird, erforderte die Herstellung von Prototypen im Jahr 2023 sowie die Durchführung spezifischer Tests und zusätzlicher Maßnahmen. Das Waadtländer Start-up musste das Know-how vervielfachen, um zu zeigen, dass sein Gerät perfekt mit den Sicherheitskriterien des BAV kompatibel ist, denn die Pilotanlage wird auf einer für den Schienenverkehr geöffneten Bahnstrecke betrieben.
Angesichts der zunehmenden Kontroversen um die Installation von Solarkraftwerken in den Alpen scheint es, dass die Sun-Ways-Technologie eine relevante Antwort auf die notwendige Steigerung der Stromproduktion aus Solarquellen geben könnte. Die von dem Waadtländer Start-up entwickelte Technologie nutzt den ungenutzten Raum zwischen den beiden Schienen eines Bahngleises, um Solarkraftwerke zu platzieren, ohne den Zugverkehr oder Wartungs- und Inspektionsarbeiten an den Gleisen zu stören.
Die Sun-Ways-Technologie hat zwei Eigenschaften, die sie weltweit einzigartig machen:
- Der Einbau kann manuell oder maschinell mit einer eigens entwickelten Bahnmaschine der Scheuchzer AG, einem Pionier in der Bahninstandhaltung, erfolgen. Diese Maschine kann bis zu 1’000 m2 Solarmodule pro Tag installieren.
- Es ist abnehmbar, was bedeutet, dass ein Sun-Ways-Sonnenkraftwerk schnell ganz oder teilweise abgebaut werden kann, um Wartungsarbeiten durchzuführen, bevor es wieder installiert wird, um es erneut in Betrieb nehmen zu können.
In der Schweiz liegt das Potenzial für die Solarenergieerzeugung bei 1 TWh pro Jahr (Verbrauch von 300’000 Haushalten), auf den 5’000 km Schienen der Bahngesellschaften, und es werden jährlich mehr als 200’000 Tonnen CO2 eingespart. Sun-Ways könnte somit eine Lösung ohne Umwelt- oder visuelle Auswirkungen bieten und würde 30 % des Strombedarfs des gesamten öffentlichen Verkehrssektors in der Schweiz erzeugen, was ihre Energieunabhängigkeit deutlich erhöhen würde.
Die Experten des BAV brauchten also 10 Monate, um das Bewilligungsgesuch der Gesellschaft transN, öffentliche Verkehrsmittel des Kantons Neuchâtel, zu prüfen, die das Pilotprojekt beherbergen wird. Im Sommer 2023 hatte das Bundesamt für Verkehr aus Vorsichtsgründen zunächst abgelehnt, auf das Projekt einzugehen, da es keine technischen Referenzen hatte, auf die es sich bei seiner Entscheidung stützen konnte. Das Start-up-Unternehmen, das von anerkannten Industriepartnern aus den Bereichen Eisenbahn und Energie unterstützt wird, wandte sich jedoch an zwei Professoren für Maschinenbau der HEIG-VD, um ein unabhängiges Gutachten über speziell für diesen Anlass hergestellte Prototypen zu erstellen und so die technischen und sicherheitsrelevanten Unterlagen zu ergänzen, die von der Firma GESTE Engineering, einem Spezialisten für große Eisenbahntechnikprojekte, ausgearbeitet wurden.
Sun-Ways nutzte diese Wartezeit und konnte durch die Teilnahme an verschiedenen Wettbewerben für Start-ups in der Schweiz und im Ausland an Bekanntheit gewinnen. So wurde sie von Venture Kickunterstützt und gewann gerade zwei Innovationspreise in Frankreich, einen von der Fondation Powr Earth und einen von der Equans Group. Konkret zeichnen sich Pilotprojekte mit der SNCF in Frankreich, aber auch in Spanien, Rumänien oder Südkorea ab, und es werden bereits Gespräche mit potenziellen Partnern in China, Thailand, Australien und den USA geführt.
In der Schweiz hat Sun-Ways eine spezielle Dienstleistung für Besitzer von privaten, nicht verkehrsfreien Schienenwegen entwickelt, die den Zugang zu Lagerhäusern oder Industriegebieten ermöglichen. So stimmte die Gemeinde Aigle der Durchführung einer Machbarkeitsstudie zu, um ein Sun-Ways-Sonnenkraftwerk mit 288 kWp auf einem 1’500 Meter langen Abschnitt einer privaten Eisenbahnstrecke zu installieren, die ihr Industriegebiet erschließt, und das von einem externen Investor finanziert werden soll.
Dieses Marktsegment reagiert sehr positiv auf das Sun-Ways-Angebot und es laufen Gespräche mit mehreren Unternehmen, die über private Bahnstrecken verfügen, da dies die Möglichkeit bietet, ungenutztes Land zu verwerten, mindestens 50% des Strompreises an der Steckdose einzusparen, die CO2-Belastung zu reduzieren und einen konkreten Beitrag zur Entwicklung der Solarenergie zu leisten.
Schließlich arbeitet Sun-Ways seit einigen Monaten an einem Forschungsprojekt mit der HES-SO Wallis und Professor Julien Poujet zusammen, um einen multimodalen Hub mit einem Eisenbahn – Smart-Grid zu realisieren. Sun-Ways ist davon überzeugt, dass die Entwicklung dieses technologischen Bausteins zur Weiterentwicklung seiner Innovation beitragen und einen bedeutenden Beitrag zur Energiewende in der Schweiz und im Rest der Welt leisten wird.
Zu beachten ist, dass die vom BAV erteilte Genehmigung an einige technische Bedingungen geknüpft ist, darunter eine Reihe von zusätzlichen Tests und Messungen, die während des gesamten Betriebs des Pilotprojekts durchgeführt werden müssen, um sicherzustellen, dass es zu keinen schädlichen Auswirkungen auf die Eisenbahninfrastruktur kommt. Ebenso werden Ab- und Aufbautests durchgeführt, um zu zeigen, dass sich die Sun-Ways-Pilotanlage perfekt an die Einschränkungen bei Wartungsarbeiten und dem Betrieb der Strecke anpasst. Diese verschiedenen Tests werden unter der Aufsicht von RM voie ferrée durchgeführt, einem Unternehmen, das auf Inspektionen und Sicherheit im Eisenbahnverkehr spezialisiert ist.
Die Installation des Solarkraftwerks und die elektrischen Verbindungen zum Netz des örtlichen VNB werden im Frühjahr 2025 von Viteos, dem Stromversorger im Kanton Neuenburg, und DG-Rail, einem auf elektrische Anlagen für die Eisenbahn spezialisierten Unternehmen, durchgeführt.