Elektromobilität: Schnell laden mit gebrauchten E-Autobatterien
Ausgediente Batterien von Elektrofahrzeugen werden zu batteriebasierten Stromspeichern.
Es ist ein neuer Ansatz, um die Energiewende voranzubringen und vor allem in ländlichen Regionen die Schnellladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge auszubauen: Die Hochschule Fulda und die OsthessenNetz GmbH haben auf Basis modernster Technik einen intelligenten, flexiblen Batteriespeicher entwickelt.
Das Besondere: Der Speicher ermöglicht schnelles Laden von E-Fahrzeugen auch dort, wo das Stromnetz noch nicht dafür ausgelegt ist und nur ein „normaler“ Netzanschluss zur Verfügung steht. Verglichen mit der 11-Kilowatt-Wallbox in der heimischen Garage beschleunigt er den Ladevorgang um das Zehn- bis Fünfzehnfache und erreicht damit eine Ladeleistung von 150 Kilowatt analog den Schnellladesäulen an Autobahnraststätten. Gefördert wurde das Projekt durch die HessenAgentur aus Mitteln des Förderprogramms Elektromobilität in Hessen.
Die Lösung hat einen weiteren wichtigen Vorteil: Sie schont Umwelt und Ressourcen, weil für den Speicher ausgediente E-Fahrzeug-Batterien wiederverwendet werden. In der Regel haben diese noch eine Restkapazität (State-of-Health) von etwa 85 Prozent oder mehr, sodass ein zweites Anwendungsszenario problemlos möglich ist.
Gemeinsam mit Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld haben das Klinikum Fulda, die OsthessenNetz GmbH, die RhönEnergie Fulda und die Hochschule Fulda den innovativen Batteriespeicher samt Schnellladern in dieser Woche auf dem Gelände des Klinikums vorgestellt.
Ergebnis guter Zusammenarbeit
„Hier zeigt die Hochschule Fulda exemplarisch, mit welchen vergleichsweise einfachen Mitteln echte Innovationen und nachhaltige Lösungen möglich sind“, sagte Oberbürgermeister Wingenfeld und ließ keinen Zweifel: „Die Stadt Fulda ist gerne als Partner mit an Bord, wenn es darum geht, solche Lösungen rasch und unkompliziert in die Praxis zu bringen. Wir wünschen uns, dass das Projekt in der Region und darüber hinaus viele Nachahmer und zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten finden wird!“
Als hervorragendes Beispiel, wie Hochschule und Praxispartner gemeinsam Innovationen in der Region anstoßen können, bezeichnete Professorin Dr. Claudia Kreipl, Vizepräsidentin für Forschung und Transfer an der Hochschule Fulda das Projekt. „Umwelt- und ressourcenschonende Lösungen für die Mobilität zu entwickeln, gehört zu den großen Herausforderungen, vor denen wir stehen“, betonte sie. „Nur in Zusammenarbeit mit unseren regionalen Partnern können wir neuestes Wissen anwendbar machen.“
Auch Priv.-Doz. Dr. Thomas Menzel, Vorstandssprecher des Klinikums Fulda, unterstrich die gute Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis: „Mit der Hochschule Fulda arbeiten wir als Innovationstreiber in verschiedenen Bereichen hervorragend zusammen. Das zeigt sich erneut auch beim Batteriespeicher-Projekt, das für Innovation, Kreativität und Praxistauglichkeit steht“, sagte er.
Beitrag zur Stabilisierung des Stromnetzes
Diese Innovationen kommen den Anwenderinnen und Anwendern zugute: Die vier Ladepunkte am Container, darunter zwei Schnellladepunkte, werden von der RhönEnergie Fulda betrieben. Martin Heun, Sprecher der Geschäftsführung des Energieversorgers: „Der Stromspeicher ermöglicht hier den leistungsfähigeren Schnellladepunkt. Damit können wir den E-Mobilisten die benötigte Schnellladefähigkeit auch dort anbieten, wo das Netz dafür eigentlich noch gar nicht ausgelegt ist.“ Die RhönEnergie Fulda betreibt aktuell 240 öffentliche Ladepunkte in ihrem Netzgebiet.
Zusätzlich trägt der Batteriespeicher den gestiegenen Anforderungen an die Stromnetze Rechnung: „Struktur und Betrieb von Stromnetzen haben sich durch die Vielzahl der Erneuerbare-Energie-Anlagen grundsätzlich verändert“, erläuterte Dr. Arnt Meyer, Geschäftsführer RhönEnergie Fulda GmbH und führte aus: „Da PV- und Windanlagen witterungsbedingt schwankend produzieren, passen Erzeugung und Verbrauch manchmal nicht mehr zusammen. Es entstehen Ungleichgewichte, die ausgeglichen werden müssen.“ Üblicherweise sorgten die Betreiber des Stromnetzes durch Schalthandlungen für den Ausgleich, hier die Osthessennetz GmbH. Teilweise ließe sich dieses Ungleichgewicht aber auch durch Stromspeicher ausgleichen: „Sie nehmen überschüssige Energie auf und geben sie auch wieder ab, wenn sie benötigt wird. Damit stabilisieren wir die Netze und tragen zum Gelingen der Energiewende bei.“
Intelligent gesteuert, unkompliziert einsetzbar
Da die ausgedienten Batterien in einen Container verpackt sind, ist die Lösung unkompliziert an verschiedenen Orten einsetzbar. „Das System passt sich durch seine intelligenten Algorithmen automatisch auf den Anwendungsfall an. Es sind nur sehr wenige Parameter bei Inbetriebnahme einzustellen“, erklärte Projektleiter Professor Dr.-Ing. Ulf Schwalbe von der Hochschule Fulda und zeigte sich überzeugt: „Damit können wir die Nutzung der regenerativen Energien weiter ausbauen und gleichzeitig einen Beitrag leisten, um die Abhängigkeit von Rohstoffimporten zu verringern. Mit zunehmender Elektromobilität könne die Lösung ihr Potenzial stärker ausspielen. „Jeder weitere Batteriespeicher, der mit regenerativer Energie gespeist wird, verbessert die Ökobilanz elektrischer Mobilität signifikant.“
Der Batteriespeicher kommt für Unternehmen infrage, auch für kleinere, ebenso für Geschäfte oder Einkaufszentren sowie Vermarkter von Großveranstaltungen. Da sich das System auch als Zwischenspeicher für eine Photovoltaikanlage konfigurieren lässt, sind Betreiber von Solar- und Windkraftanlagen, die überschüssig Strom produzieren und diesen als Ladestrom nutzen wollen, ebenso eine potenzielle Zielgruppe.
Im nächsten Schritt wollen die Hochschule Fulda und OsthessenNetz die Lösung skalieren und einen Batteriespeicher mit einer deutlich größeren Kapazität entwickeln – ebenfalls mit gebrauchten Lithium-Ionen-Batterien aus der Elektromobilität.