Mehrheit der Deutschen für Fahrverbote bei schlechter Luft
Zum Schutz der Gesundheit befürwortet mehr als die Hälfte der Deutschen Fahrverbote für alte Dieselautos.
Laut einer repräsentativen Emnid-Umfrage im Auftrag von Greenpeace antworten 61 Prozent der Befragten mit Ja die Frage: „Sind Sie der Meinung, dass Dieselfahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß im Straßenbetrieb nicht mehr in Stadtteilen mit besonders schlechter Luftqualität fahren sollten?“ Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) lehnt Fahrverbote zum Schutz der Gesundheit bislang kategorisch ab und bietet den Städten auch sonst keine Hilfe an.
„Die meisten Menschen akzeptieren, dass es saubere Luft nur mit weniger alten Diesel in der Stadt geben wird“, sagt Greenpeace-Sprecher Niklas Schinerl. „Ein verantwortungsvoller Verkehrsminister muss konsequent ökologische Formen der Mobilität fördern. Deutschlands Städte brauchen besseren ÖPNV, mehr Radwege, und sie brauchen weniger Dieselautos.“ Emnid hat zwischen dem 31. Januar und 8. Februar 3041 Menschen befragt. (Die Umfrage online.)
Gestern hat die Landesregierung Baden-Württembergs beschlossen, bereits ab 2018 alte Dieselmodelle aus Teilen Stuttgarts mit besonders schlechter Luft fern zu halten. Die Landeshauptstadt leidet seit langem unter Feinstaub, aber wie zahlreiche deutsche Städte auch unter viel zu hohen Stickoxidwerten. Das überwiegend aus Dieselmotoren stammende Atemgift Stickstoffdioxid (NO2) ist laut Umweltbundesamt der Schadstoff Nummer 1 in Deutschland. Auch im vergangenen Jahr wurde der NO2-Grenzwert an mehr als der Hälfte der verkehrsnahen Messstation überschritten.
Laut europäischer Umweltagentur führt Stickoxid alleine in Deutschland zu jährlich mehr als 10.000 vorzeitigen Todesfällen. Rasche Abhilfe schaffen alleine Fahrbeschränkungen für Dieselautos, die Hauptquelle des Stickoxids. Nach einem Gutachten des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg können die NO2-Werte mit Fahrverboten für alte Dieselautos um 95 Prozent gesenkt werden. Eine Elektrifizierung von Taxen, Bussen und Lieferservice, wie Dobrindt sie vorschlägt, senkten den Wert nur um 14 Prozent. (Das Gutachten online.)
Auch in NRW, Niedersachsen und Bayern Mehrheit für Fahrbeschränkungen
Viele Städte fordern von Verkehrsminister Dobrindt die Einführung einer blauen Plakette. Damit würden saubere Dieselwagen gekennzeichnet, die auch an Tagen mit hohen Werten in belastete Stadtteile fahren dürfen. Ältere Modelle würden ausgesperrt. Dobrindt und einige seine Landeskollegen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bayern lehnen das bislang ab.
Die Emnid-Umfrage zeigt, dass auch in diesen drei Bundesländern die Mehrheit der Menschen Fahreinschränkungen für alte Dieselautos befürworten (NRW: 63 Prozent, Niedersachsen: 53 Prozent, Bayern: 63 Prozent). Bis zum Sommer soll der Bundesrat über die Einführung der blauen Plakette abstimmen.
Mehrere europäische Städte gehen mit Dieselfahrverboten gegen die Gesundheitsgefahr durch Stickoxide vor. Oslo hatte im Januar wegen schlechter Luft ein mehrtägiges Fahrverbot für Dieselautos verhängt. Madrid, Paris und Athen haben beschlossen, ab dem Jahr 2025 Dieselwagen in der Innenstadt ganz zu verbieten.