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Überschallflugzeug „Overture“: Umwelt, Klimawandel und Kritik


Während die Welt zunehmend unter den Folgen des Klimawandels leidet, während Menschen vor Trockenheit und zunehmender Hitze fliehen und die Artenausrottung sich beschleunigt, will eine kleine superreiche Minderheit in Überschallflugzeugen mit unglaublichem Lärm und einem skandalösen Energieverbrauch über den Atlantik fliegen.

Während über Kurzstreckenflüge debattiert wird, schaffen Konzerne Fakten. Doch noch sind die Flugzeuge nicht gebaut, keine Landrechte erteilt, und eine selbstbewusste Umweltbewegung in Europa wird sich diese neue Form der Umweltzerstörung nicht gefallen lassen.

Beim US-Start-up Boom Supersonic in Denver sind Anfang Juni 2021 15 Bestellungen für das geplante Überschallpassagierflugzeug Overture eingegangen. Die Vereinbarung mit der US-Fluggesellschaft United Airlines enthält zudem eine Kaufoption für 35 weitere Maschinen.

Wie immer, wenn heute umweltzerstörende Projekte angegangen werden, wird natürlich heftig Greenwash betrieben. Die überlauten Spritfresser sollen mit „nachhaltigen Flugkraftstoffen“ betrieben und Entwicklung und Betrieb der Overture soll CO2-neutral gestaltet werden. Richtig laut werden die Flugzeuge in der ersten Durchsetzungsphase nur über dem Meer. Mit diesem scheingrünen Tarnanstrich soll eine Debatte um den tatsächlichen zukünftigen Energieverbrauch und die Umweltfolgen verhindert werden. Erschreckend ist die einseitig positive Berichterstattung zu diesem Thema.

Ein Überschalljet benötigt im Vergleich zu einer konventionellen Maschine etwa das Fünf- bis Siebenfache an Kraftstoff pro Passagier. Die WissenschaftlerInnen des International Council on Clean Transportation (ICCT) zeigen in einer Studie die extrem negativen Umweltfolgen auf. „Nach ihren Berechnungen würden 2000 Überschallflugzeuge jährlich etwa 96 Millionen Tonnen Kohlendioxid emittieren. Das wäre ungefähr dreimal so viel CO2 wie alle Jets der Lufthansa Group – also der Fluglinien Lufthansa, Swiss, Austrian, Eurowings und Brussels Airlines – aktuell ausstoßen, wenn man die aktuellsten Daten des Jahres 2017 zugrunde legt.“ schreibt der Spiegel

Die beiden ersten Überschallflugzeuge Concorde und Tupolew Tu-144, werden heute gerne idealisiert und als „Traumflugzeuge“ dargestellt. In Wahrheit waren sie teure, laute, spritfressende, umweltzerstörende Transportgeräte. Sie passten allerdings gut in das damalige, unkritische Zeitalter der Umweltzerstörung mit DDT, Contergan, Atomwaffentests, Nuklear-Euphorie, FCKW und heruntergespielten Asbest-Gefahren. Trotz enormer Ticketpreise ist die Concorde nie kostendeckend geflogen. Der schnelle Atlantik-Flug der Reichen wurde von den Steuerzahlenden finanziert.

Die neu aufgelegten Überschall-Pläne zeigen, dass manche Konzerne unfähig sind, aus Fehlern zu lernen. Während es in Deutschland eine breite Debatte über den Sinn und ökologischen Unsinn von Kurzstreckenflügen gibt, werden jetzt in Zeiten des menschengemachten Klimawandels und der absehbaren Endlichkeit vieler Rohstoffe neue, schnelle, laute, spritfressende Überschallflugzeuge gebaut.

Sollten diese Flugzeuge gegen jede ökologische Vernunft gebaut werden, dann dürfen sie in Europa keine Landerechte bekommen. Ansonsten bekommt die Umwelt- und Klimaschutzbewegung eine neue, wichtige Aufgabe.

Quelle

Axel Mayer 2021, Mitwelt am Oberrhein. Der Autor war lange Jahre BUND-Geschäftsführer in Freiburg

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