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Weiterhin dreckige Luft trotz Software-Updates

Diesel-Abgasmessungen der Deutschen Umwelthilfe verdeutlichen Notwendigkeit von Hardware-Nachrüstungen.

 

Abgasmessungen der Deutschen Umwelthilfe zeigen: Software-Updates haben nicht die versprochene Wirksamkeit – VW-Betrugs-Diesel halten Grenzwert auch nach dem Update nicht ein – Hardware-Nachrüstung finanzierbar und effektiv – Bundesverkehrsministerium und Dieselkonzerne verweigern den Bürgern ihr Recht auf „Saubere Luft“ – Verbraucher bleiben mit Fahrverboten und Wertverlust ihrer Fahrzeuge auf der Strecke – Software-Updates werden Diesel-Fahrverbote nicht verhindern.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat in ihrem Emissions-Kontroll-Institut (EKI) die Wirksamkeit von Software-Updates und Hardware-Nachrüstungen an sechs Betrugs-Diesel-Pkw untersucht. Im Mittelpunkt standen Abgasmessungen von drei VW-Fahrzeugen jeweils vor und nach der Durchführung des vom Kraftfahrt-Bundesamt verordneten Software-Updates sowie von drei weiteren Fahrzeugen vor und nach einer Hardware-Nachrüstung mit Katalysatoren auf Harnstoffbasis (SCR).

Die Ergebnisse der Software-Updates sind mehr als ernüchternd: Bei sommerlichen Temperaturen wurde zwar eine durchschnittliche Verbesserung der Stickoxid (NOx)-Werte um 30 Prozent erreicht. Bei für das Winterhalbjahr typischen Temperaturen wurden aber sogar über 20 Prozent mehr NOx gemessen als vor dem Software-Update.

Um die Wirksamkeit der Software-Updates zu bestimmen, wurden ein VW Golf VI Variant, 1.6 TDI, ein VW Caddy 2.0 TDI sowie ein VW Sharan 2.0 TDI – jeweils Euro 5 – auf der Straße gemessen. Der Grenzwert für NOx liegt bei Euro 5 Fahrzeugen bei 180 mg/km.

Der VW Golf zeigt vor dem Update einen NOx-Ausstoß von 964 mg/km, nach dem Update bei Außentemperaturen von +5 bis +10 Grad Celsius immer noch 602 mg/km. Dies entspricht einer Grenzwertüberschreitung um den Faktor 3,3. Der VW Caddy zeigt vor dem Update eine Überschreitung des Grenzwertes um den Faktor 3,7 mit einem Ausstoß von 664 mg NOx/km, nach dem Update wird mit 498 mg/km der NOx-Grenzwert noch immer deutlich gerissen. Bei dieser Messung lagen die Außentemperaturen zwischen +15 und +19 Grad Celsius. Nach dem Software-Update war der Kraftstoffverbrauch des Caddys um 15 Prozent erhöht.

Bei dem VW Sharan wurden im EKI nach dem Software-Update zwei Messungen bei unterschiedlichen Außentemperaturen durchgeführt. Vor dem Update lagen die Werte bei Außentemperaturen zwischen +22 und +28 Grad Celsius bei 409 mg NOx/km. Nach dem Update und bei +12 bis +19 Grad sanken die Emissionen auf 186 mg/km und lagen damit nah am Grenzwert. Weitere Messungen nach dem Update bei kalten Außentemperaturen zwischen +1 und +2 Grad Celsius ergaben jedoch einen massiven Anstieg der Emissionen auf 498 mg/km, die damit sogar oberhalb des Ausgangswertes lagen.

Im Gegensatz zu den Fahrzeugen mit Software-Update zeigten die Fahrzeuge, die mit einer wirksamen Hardware auf Harnstoffbasis (SCR-Katalysatoren) nachgerüstet wurden, eindrucksvoll verringerte NOx-Werte unterhalb des Grenzwerts von 180 mg NOx/km. So ließen sich die NOx-Emissionen eines VW Passat 1.6 TDI, Euro 5 von 1.030 mg/km vor der Nachrüstung auf 69 mg NOx/km nach der Nachrüstung reduzieren. Gemessen wurde dies bei einer Temperatur von +12 bis +17 Grad Celsius in der Umgebungsluft. Damit liegt der Wert sogar unterhalb des Grenzwerts für Euro 6. Bei einem Audi A 3 Sportback 2.0 TDI, ebenfalls Euro 5, konnten die NOx-Emissionen von 410 mg/km auf 82 mg/km reduziert werden. Gemessen wurde bei + 14 bis + 26 Grad Celsius. Auch bei einem BMW X3 xDrive20d, Euro 5, gemessen bei Außentemperaturen zwischen +19 und +34 Grad Celsius, konnte mit einer Reduzierung von 900 mg/km auf 171 mg/km die Wirksamkeit der Hardware-Nachrüstung eindrucksvoll bestätigt werden.

Die Messungen verdeutlichen, dass die bislang vom Bundesverkehrsministerium angeordneten Software-Updates nicht dazu beitragen werden, die hohe Belastung der Luft mit dem Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2) in vielen deutschen Städten ausreichend zu verringern. Von den 15,1 Millionen Diesel-Pkw erhielten zudem bisher weniger als drei Millionen und damit nur jeder sechste Diesel-Pkw ein Software-Update. Dieses zeigt darüber hinaus ausgerechnet im gesundheitlich besonders problematischen Winterhalbjahr erhöhte NOx-Emissionen anstatt einer Verbesserung der Werte.

Die von der DUH geforderte Hardware-Nachrüstung der insgesamt circa elf Millionen Betrugs-Diesel-Pkw der Abgasnorm Euro 5 und Euro 6, so wie dies auch die amerikanischen Behörden angeordnet haben, würde die NOx-Abgasemissionen im Sommer wie im Winter wirkungsvoll um über 80 Prozent reduzieren.

Ursache Nummer eins der hohen Belastung, die vielerorts zur Überschreitung der geltenden Luftqualitätsstandards führt, sind die Abgase von Diesel-Pkw, die nahezu alle die Grenzwerte auf der Straße um ein Vielfaches überschreiten. In vielen deutschen Städten werden daher Fahrverbote für Dieselfahrzeuge erforderlich, die die DUH über insgesamt 28 anstehende Gerichtsverfahren durchsetzen wird. Bereits am kommenden Dienstag, den 21.8., wird das Verwaltungsgericht Düsseldorf über Fahrverbote in der NRW-Landeshauptstadt entscheiden. Am 31.8. läuft die gerichtliche Frist zur Ausdehnung der Diesel-Fahrverbote auf Euro 5 in Stuttgart ab.

„Seit nunmehr drei Jahren verweigert die von den Automobilkonzernen ferngesteuerte Bundesregierung eine Hardware-Nachrüstung der Betrugs-Diesel-Pkw auf Kosten der Hersteller. Warum sind dem Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer 12.860 vorzeitige Todesfälle, 800.000 erkrankte Bürger und elf Millionen betrogene Diesel-Besitzer egal? Beim gestrigen Treffen der Bundesminister Andreas Scheuer und Svenja Schulze mit den Oberbürgermeistern der besonders unter dem Dieselabgasgift NO2 leidenden Städte forderte der CDU-Oberbürgermeister von Bonn, Ashok-Alexander Sridharan, Hardware-Nachrüstungen“, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

„Mit ihrer Verweigerungshaltung gefährdet die Bundesregierung nicht nur die Gesundheit vieler tausender Menschen in Deutschland. Sie ist auch verantwortlich für einen immensen Wertverlust, den zahllose Verbraucher für ihre ansonsten neuwertigen Fahrzeuge hinnehmen müssen. Trotz der Tatsache, dass auch heute noch Fahrzeuge mit illegaler Abschalteinrichtung als Neuwagen auf den Markt gebracht werden, bleibt das Vorgehen der Hersteller ungestraft. Besonders perfide ist, dass die Technologie zur wirklich wirksamen Minderung des Dieselabgasgiftes vorhanden ist. Dank des erfolgreichen Lobbyeinsatzes der Dieselkonzerne sowie der wie immer brav folgenden politisch Verantwortlichen wird diese jedoch nicht eingesetzt. Der einzige Weg, um die Gesundheit der Menschen zu schützen und die ‚Saubere Luft’ in den über 70 besonders belasteten Städten durchzusetzen, bleibt damit das flächenhafte Fahrverbot für Diesel-Pkw“, so Resch.

Die DUH fordert seit Aufdeckung des Diesel-Abgasskandals im Herbst 2015, dass die Bundesregierung die des Betrugs an Millionen Diesel-Käufern überführten Konzerne dazu verpflichtet, Euro 5 und 6 Diesel-Pkw mit funktionierenden Abgaskatalysatoren auf deren Kosten nachzurüsten. Die in den allermeisten Euro 5 und Euro 6 Diesel enthaltenen Abschalteinrichtungen führen zu extrem hohen Schadstoffemissionen im realen Fahrbetrieb – eine Tatsache, die auch drei Jahre nach Bekanntwerden des Abgasskandals in den USA faktisch ohne Konsequenzen für die Hersteller bleibt. Doch nach wie vor sperrt sich die Bundesregierung gegen Hardwarenachrüstung und folgt damit dem Wunsch der Automobilindustrie. 

Hersteller von Nachrüstsystemen geben Kosten in Höhe von 1.500 bis 2.000 Euro brutto pro System an. Da die Bundesregierung aber selbst die Entwicklung einer Rechtsgrundlage für eine Zulassungsvorschrift verweigert, melden nun erste Anbieter ihre Systeme über eine Einzelgenehmigung an. 
 
„Durch die Nachrüstung mit SCR Katalysatoren werden NOx-Werte unterhalb des EU 6d-TEMP erreicht. Die Technik ist erprobt und stabil. Verkehrsminister Scheuer muss dringend die erforderliche Richtlinie erlassen, damit die Nachrüstung von dreckigen Diesel-Pkw rechtssicher erfolgen kann“, fordert Axel Friedrich, der die Messung des EKI leitet.

Quelle

Deutsche Umwelthilfe e.V. | 2018

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