Bundesregierung blockiert Umsetzung der EU-Abgasstandards für Kohlekraftwerke
Es zeigt sich abermals, welch geringen Stellenwert die „Saubere Luft“ und der Klimaschutz für die Bundesregierung haben.
Deutsche Umwelthilfe kritisiert, dass die Umsetzung EU-weit verbindlicher Abgasvorschriften in nationale Gesetzgebung zum 16.8.2018 nicht erfolgt ist – Energiesektor nach dem Verkehr der Hauptverursacher des Luftschadstoffs Stickstoffoxid (NOx) – Neben der Autoindustrie protegiert die Bundesregierung auch die Kohleindustrie zu Lasten der Gesundheit– Verzögerung verhindert die erforderliche Nachrüstung von Kohlekraftwerken zur Minderung gesundheitsschädlicher Emissionen aus der Kohleverbrennung – Ab 2021 müssen neue Abgasstandards eingehalten werden.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert die Bundesregierung auf, die Umsetzung EU-weit verbindlicher Vorgaben für die Abgasreinigung von Kohlekraftwerken unverzüglich in nationales Recht umzusetzen. Nur so kann eine Verzögerung bei der Einhaltung der neuen Abgasstandards für Kohlekraftwerke ab 2021 vermieden werden. Aus Sicht des Umwelt- und Verbraucherschutzverbandes zeigt sich an der Blockadehaltung abermals, welch geringen Stellenwert die „Saubere Luft“ und der Klimaschutz für die Bundesregierung haben.
Die Energieerzeugung trägt nach dem Verkehr am stärksten zur Belastung der Luft mit dem für Mensch und Umwelt giftigen Stickstoffoxid (NOx) bei. Insgesamt werden durch die Energieerzeugung jährlich etwa 300.000 Tonnen NOx ausgestoßen – und das seit 20 Jahren.
Im August 2017 hat die EU neue Standards für die Abgasreinigung bei Braun- und Steinkohlekraftwerken – gegen den vorherigen Widerstand durch die Bundesrepublik – veröffentlicht. Die EU-Anforderungen bilden den Stand der Technik bei der Abgasreinigung für Kohlekraftwerke ab und müssen ab August 2021 eingehalten werden. Die Frist zur Umsetzung der EU-Vorgabe in die Bundesimmissionsschutzgesetzgebung zum 16.8.2018 hat die Bundesregierung tatenlos verstreichen lassen. Die DUH befürchtet, dass damit auch die Einhaltung der neuen Abgasstandards ab August 2021 gefährdet ist. Dabei könnten die zur Einhaltung der neuen Standards erforderlichen Nachrüstungen die NOx-Emissionen um zwei Drittel reduzieren.
„Allen Klimaschutzversprechen zum Trotz sind in Deutschland immer noch zu viele und zu dreckige Kohlekraftwerke aktiv. Die Technik, um die Anlagen deutlich sauberer zu machen und damit faktisch Leben zu retten, ist vorhanden. Die deutsche Bundesregierung hält jedoch nicht nur über die deutsche Automobilindustrie ihre schützende Hand, sondern auch über die Betreiber von Deutschlands Kohlekraftwerken. Diese haben über viele Jahre sehr viel Geld mit den Anlagen verdient. Welche Begründung kann es für eine Regierung geben, die Umsetzung dieser Technik nicht zu verlangen?“ sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Der Ausstieg aus der Kohle als Energieträger ist eine der zentralen Voraussetzungen, um die Klimaschutzziele zu erreichen und daher unabwendbar. Für die Kohle wie für den Dieselantrieb gilt: Solange sie noch genutzt werden, müssen sie so sauber sein, wie technisch möglich. Die Bundesregierung darf sich geltender Rechtsvorgaben nicht länger widersetzen“, so Resch weiter.
Während Stickoxidemissionen aus Dieselfahrzeugen vor allem im städtischen Bereich zu hohen Belastungen und Überschreitungen von Luftqualitätsgrenzwerten führen, tragen Emissionen aus Kraftwerken wesentlich zur Hintergrundbelastung bei. Den aus der Hintergrundbelastung entstehenden negativen gesundheitlichen Effekt hat das Umweltbundesamt in einer im März dieses Jahres veröffentlichten Studie ermittelt. Für das Jahr 2014 sind demnach 6.000 vorzeitige Todesfälle sowie mehr als 400.000 Krankheitsfälle von Asthma und Diabetes der Hintergrundbelastung zuzuordnen. Das Aktionsbündnis „Europe beyond coal“ quantifiziert die gesundheitlichen Folgen von Schadstoffemissionen aus den in Deutschland betriebenen 86 Kohlekraftwerken für das Jahr 2015 mit 3.850 vorzeitigen Todesfällen sowie unter anderem 79.000 Asthmaanfällen von Kindern. Neben Stickoxid sind Feinstaub und Ozon weitere relevante Schadstoffe.