COP30: Klimagipfel sieht massiven Schub für Fossilausstieg
Über fossile Energien spricht man nicht, zumindest nicht auf einer UN-Klimakonferenz. Das galt für fast jede der bislang 30 Konferenzen. Doch nun erhöhen über 80 Länder mit einer Demonstration der Stärke den Druck. Das könnte den Durchbruch bringen. Von Christian Mihatsch
Wendepunkt der COP 30?
- Minister aus über 80 Ländern, darunter Deutschland und Großbritannien, forderten am Dienstag einen Fahrplan zum Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas. (Bild: Screenshot/UNFCCC)
Auch bei UN-Klimaverhandlungen können symbolische Handlungen eine Rolle spielen, so nervtötend technisch die Konferenzen oft auch sind.
Zu Beginn der letzten Plenarversammlung bei der UN-Klimakonferenz in Paris im Jahr 2015 gab es ein solches Symbol, eine Demonstration der Stärke: Die Minister der „Koalition der Ehrgeizigen“ betraten untergehakt und unter Applaus den Plenarsaal – vorneweg die Minister der USA und der Marshallinseln sowie der EU-Klimakommissar.
Für letzteren, Miguel Arias Cañete, war diese Allianz entscheidend: „Die ‚Koalition der Ehrgeizigen‘ hat den Wendepunkt gebracht.“ Die Koalition versammelte „kleine und große Länder, reiche und arme“, wie Initiator Tony de Brum, Minister der Marshallinseln, sagte.
Außerdem hatten die „Ehrgeizigen“ die Mehrheit unter den Ländern. Diesem Statement konnten sich schließlich auch die Bremser nicht versagen, und so wurde möglich, was zwei Wochen zuvor noch keiner erwartet hatte: ein ambitioniertes Klimaabkommen.
Und nun könnte sich Geschichte wiederholen: Bei der 30. UN-Klimakonferenz (COP 30) in Belém kam es am Dienstag ebenfalls zu einer solchen Demonstration der Stärke. In einer Pressekonferenz stellten sich Minister aus mehr als 80 Ländern demonstrativ hinter die Forderung nach einem Fahrplan zum Ausstieg aus den fossilen Energien.
Brasiliens Präsident Lula da Silva hatte zu Beginn der Klimakonferenz – zur Überraschung vieler – gesagt, die Welt brauche einen „Fahrplan, um die Abhängigkeit von fossilen Energien zu beenden“. Doch die Ausarbeitung eines solchen Fahrplans findet sich nirgends in der Tagesordnung des Gipfels.
„Machen wir einen Plan“
In der ersten Konferenzwoche entstand auch der Eindruck, dass COP‑30-Präsident André Correa do Lago dem Fossilausstieg keine besondere Priorität beimisst. Gleichzeitig formierte sich aber eine immer größere Koalition von Ländern, die genau das wollen – einen Plan, um in geordneter und gerechter Weise die Hauptursache für die Klimakrise zu überwinden: die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas.
Und auch dieses Jahr sind die Marshallinseln vorne mit dabei. Ihre Klimagesandte Tina Stege eröffnete die Pressekonferenz mit der Aufforderung: „Versammeln wir uns hinter der Idee für eine solche Roadmap, arbeiten wir zusammen und machen wir einen Plan.“
Anschließend sprach Deutschlands Umweltminister Carsten Schneider, der sagte: „Wir brauchen eine kollektive globale Anstrengung, eine Mutirão, um uns von den fossilen Energien zu befreien.“
Sein britischer Amtskollege Ed Milliband verwies dann ausdrücklich auf die Parallele zu Paris: Wieder gebe es eine breite Koalition von Ländern „aus dem globalen Norden und dem globalen Süden“, also sowohl aus Industriestaaten als auch Entwicklungsländern.
Jasper Inventor von Greenpeace sagte stellvertretend für viele im Anschluss an die Pressekonferenz: „Das könnte der Wendepunkt der COP 30 gewesen sein.“
Nach so viel Drama kommt nun wieder das technische Klein-Klein: Konkret geht es um Paragraf 35 in einem Entwurf für die sogenannte Mantelentscheidung der COP 30. Dort sind aktuell noch drei Optionen aufgelistet: ein „Workshop“ oder ein „runder Tisch“, um Erfahrungen beim Ausstieg aus den fossilen Energien auszutauschen, und – wie immer – die Option „kein Text“.
Mit diesen drei Optionen ist aber nicht das letzte Wort gesprochen. Noch haben die Länder die Möglichkeit, hier etwas wirklich Bedeutsames hineinzuschreiben.
Romain Ioualalen von der Umweltorganisation Oil Change International sagt: „Einen globalen Plan zum Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen durch Workshops und runde Tische zu ersetzen, wird nicht dazu führen, das Schlimmste der Klimakrise zu vermeiden.“ Doch die Demonstration der Stärke am Dienstag habe gezeigt, dass „sich das Momentum verschiebt“.
Und so bleibt abzuwarten, was aus dem Fahrplan wird. Der Dienstag der zweiten Woche einer Klimakonferenz gehört schließlich noch zur Aufwärmphase vor den eigentlichen Verhandlungen.
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Christian Mihatsch) 2025 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden!







