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pixabay.com | mathias70 | Windkraft

© pixabay.com | mathias70 | Der Ausbau geht voran, aber der Wind spielt dieses Jahr nicht richtig mit.

Die Energiewende in Deutschland stagniert

Auch ein kräftiger Wind- und Solar-Ausbau bei etwa gleichem Stromverbrauch lässt den Erneuerbaren-Anteil 2025 nicht anwachsen, zeigt die Jahresbilanz des BDEW. Auch gesetzgeberisch tritt die Energiewende derzeit auf der Stelle.

Das neue Kraftwerkssicherheitsgesetz, das den Bau neuer Gaskraftwerke regeln soll – kommt ein Entwurf dafür dieser Tage noch oder doch erst irgendwann 2026?

Auf die Frage hin wiegt Kerstin Andreae den Kopf. Wann sie mit der Gesetzesvorlage rechne, traue sie sich nicht mehr zu sagen, sie habe da mit ihren Prognosen seit zwei Jahren immer falsch gelegen, antwortet die Chefin des BDEW diese Woche anlässlich der Jahresbilanz des größten Verbandes der Energiebranche.

Bei der Präsentation kommen neben dem Kraftwerksgesetz so ziemlich alle Regelungen zur Sprache, auf die die Branche händeringend wartet. Das sind noch das „Heizungsgesetz“, das künftig Gebäudemodernisierungsgesetz heißen soll, und die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, des Weiteren der Industriestrompreis, das Anschieben des Wasserstoffhochlaufs oder auch die fehlende Genehmigung der EU für das noch aus dem Jahr 2024 stammende Solarpaket.

Die längliche Liste dringlichen Regelungsbedarfs steht in Kontrast zu den Vorschusslorbeeren, mit denen im Frühjahr die Spitzen großer Energieversorger die Nominierung der Westenergie-Chefin Katherina Reiche als neue Wirtschaftsministerin begrüßt hatten – nach dem Motto „Eine von uns“.

Die Lorbeeren gelten inzwischen als angewelkt. Darauf angesprochen, laviert Kerstin Andreae. Warum es im Haus Reiche hakt, hänge auch damit zusammen, dass die Ministerin viele Personalentscheidungen getroffen habe, sagt sie. Es dauere, Zuständigkeiten zu klären und Stellen neu zu besetzen.

Die BDEW-Chefin gibt aber auch zu verstehen, dass die Geduld der Branche endlich ist. Auch wenn sie die Arbeit des Ministeriums wertschätze, wüssten alle, dass jetzt viel anstehe, sagt Andreae.

Einen Teil der Probleme verortet sie auch bei der Regierungskoalition. Da würden zwei Partner zusammenarbeiten, die sich in energiepolitischen Themen erst finden müssten, sagt Andreae. Es sei eben schwierig, in einen Koalitionsvertrag hineinzuschreiben, das Heizungsgesetz werde abgeschafft, und dort gleichzeitig zu vereinbaren, das Gebäudeenergiegesetz sei zu novellieren.

Energiebranche sieht Erneuerbare im Zentrum

Energiepolitisch liegt der BDEW jedenfalls nicht auf Reiche-Linie. Während die Ministerin davon spricht, die Energiewende stehe am Scheideweg, betont Andreae ein ums andere Mal, Transformation und Energiewende müssten vorangehen, einerseits wegen des Ziels Klimaneutralität, andererseits wegen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.

Als sehr positiv bewertet die BDEW-Chefin auch den kürzlichen Beschluss der schwarz-roten Koalition, die Ausschreibungsmengen für den Erneuerbaren-Ausbau auf unverändert hohem Niveau zu belassen. Das habe der Verband auch eingefordert, betont sie und sagt auch: „Die Erneuerbaren stehen im Zentrum der Stromversorgung.“

Den Bau neuer Gaskraftwerke hält der BDEW allerdings ebenso für „absolut notwendig“, wie die Verbandschefin weiter klarstellt. Bei der Präsentation legt sich Andreae hier aber nicht auf einen konkreten Umfang fest. Sie verweist stattdessen darauf, dass die Bundesnetzagentur mindestens 22.000 Megawatt an „steuerbarer“ Leistung für notwendig halte. Auch nach Lesart des BDEW müssen dies offenbar nicht alles Gaskraftwerke sein.

Tatsächlich stagniert die Energiewende derzeit nicht nur gesetzestechnisch, sondern auch am Energiemarkt selbst, macht die BDEW-Jahresbilanz klar. Trotz starker Zuwächse bei Windkraft an Land (5.000 Megawatt) und Photovoltaik (fast 18.000 Megawatt) stagniert in diesem Jahr der Anteil der Erneuerbaren mit 56 Prozent am Bruttostromverbrauch. Dieser liegt mit rund 517 Milliarden Kilowattstunden ebenfalls auf Vorjahresniveau.

Schwächstes Windjahr seit 80 Jahren

Wind an Land steuerte dafür 107 Milliarden Kilowattstunden bei und bleibt damit weiter die mit Abstand wichtigste Stromerzeugungsquelle. Dennoch stellt 2025 einen neuen Tiefpunkt für die Windkraft dar: 2023 hatte die Erzeugung an Land noch bei 118 Milliarden und 2024 bei 113 Milliarden Kilowattstunden gelegen.

2025 war das schlechteste Windjahr seit dem Beginn entsprechender Aufzeichnungen vor 80 Jahren, erläutert Kerstin Andreae den Grund für die erneute Abwärtsentwicklung. Laut der Statistik lag die Erzeugung im Februar, März und April dieses Jahres um 30 bis 50 Prozent unter dem bereits niedrigen Niveau von 2024.

Historisch so schlechte Windjahre wie jetzt kämen sehr selten vor, betont die Verbandschefin – in einem normalen Jahr wäre die Erzeugung deutlich höher gewesen.

Solarstrom verdrängt Erdgasstrom auf Platz drei

Was beim Wind fehlte, konnte in diesem Jahr aber die Sonne bei der erneuerbaren Erzeugung ausgleichen. Die Photovoltaik sei zu einem weiteren echten Zugpferd geworden, lobte Andreae. Solarstrom verdrängte 2025 laut BDEW-Bilanz sogar das Erdgas auf Platz drei im Strommix.

Weil Gas im Laufe des Jahres billiger wurde, baute es wiederum seinen Anteil zulasten der Braunkohle aus. Experten sprechen hier ausdrücklich von einem „Fuel-Switch“ im Herbst dieses Jahres.

Auch beim Primärenergieverbrauch stagniert der Anteil der Erneuerbaren bei etwa 20 Prozent, besagt die BDEW-Bilanz. Die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen schätzte dieser Tage ihrerseits, dass die gesamte Energiemenge, die Deutschland 2025 benötigte, nur um etwa 0,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr sinkt.

Eine kühlere Witterung, eine gedrosselte Produktion in energieintensiven Branchen sowie ein Mehrverbrauch von Kraftstoffen, Heizöl und Erdgas hätten sich gegenseitig ausgeglichen, begründete die branchengetragene Arbeitsgemeinschaft die Stagnation.

Energiesektor kann Verkehr und Gebäuden weniger aushelfen

Wenn sich bilanziell so wenig bewegt, spiegelt sich das auch bei den Emissionen wider. Der CO2-Ausstoß der Energiewirtschaft liegt nach den BDEW-Angaben 2025 bei 184 Millionen Tonnen, nur eine Million Tonnen weniger als 2024. 

Damit unterbietet der Sektor zwar die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes weiter deutlich. Allerdings schmilzt der jährliche „Puffer“, mit dem die Energiewirtschaft chronischen CO2-Überziehern wie Verkehr und Gebäuden aushilft, von 60 Millionen Tonnen im letzten Jahr auf nur noch etwa 50 Millionen Tonnen ab.

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Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Jörg Staude) 2025 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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