Import-Textilien setzen beim Waschen Chemikalien frei
Die Textilproduktion ist in vielen Ländern eine große Gefahr für Mensch und Umwelt.
Bisher blickte die Öffentlichkeit vor allem auf Asien, wo ein Großteil der Textilien produziert wird. Nun zeigen Ergebnisse einer Untersuchung von Greenpeace, dass gefährliche Chemikalien auch in deutsche Gewässer gelangen.
Textilproduktion und Umweltverschmutzung verbinden wohl die wenigsten Menschen mit Deutschland, eher schon mit China oder Thailand. Aber die gefährlichen Chemikalien, die in den Produktionsländern die Umwelt verschmutzen, sind auch in unseren Gewässern ein Problem. Wie die giftigen und hormonell wirksamen Chemikalien dort hineingelangen ist einfach: über die Waschmaschine.
Kunden als unfreiwillige Komplizen der Textilindustrie
Eine neue Greenpeace-Untersuchung belegt, dass bis zu 94 Prozent der Nonylphenolethoxylate (NPE) in Import-Textilien nach der ersten Haushaltswäsche freigesetzt werden. Gelangt dieser Stoff ins Abwasser, entsteht das Umweltgift Nonylphenol (NP). In der EU ist die Verwendung dieser Chemikalie verboten oder zumindest stark eingeschränkt. In den Produktionsländern der getesteten Textilien ist der Einsatz von NPE hingegen nicht geregelt.
„Modemarken machen ihre Kunden zu unfreiwilligen Komplizen bei der weltweiten Wasserverschmuzung“, sagt Manfred Santen, Chemieexperte bei Greenpeace. „Die Branche muss ihre Produktion endlich entgiften.“
Insgesamt 14 Textilien aus elf Ländern hat Greenpeace für den aktuellen Report Schmutzige Wäsche – Gefährliche Chemie aus der Waschtrommel untersucht. Die Kleidungsstücke von Marken wie Abercrombie & Fitch, Ralph Lauren und Calvin Klein wurden in einer standardisierten Haushaltswäsche bei 40 Grad gewaschen. Aus Deutschland stammt ein in China hergestelltes Sport-Shirt von Li Ning – mit dem dritthöchsten NPE-Gehalt aller Proben.
Betriebseigene Regelungen reichen nicht aus
Import-Textilien sind in Deutschland die größte Quelle für NPE und NP, so das Umweltbundesamt. 881.000 Tonnen Textilien aus dem Ausland landen jedes Jahr bei uns. Bis jetzt gibt es aber in der EU keine Regelungen für die Einfuhr von NPE-haltigen Textilien. Einige Modemarken wie H&M, Adidas, Puma und Nike haben betriebseigene Regelungen, die die Rückstandsmenge auf 100 Milligramm pro Kilogramm begrenzen. Das reicht aber nicht aus.
„Die von den Firmen festgelegten Werte sind viel zu hoch“, so Santen. „Von der Herstellung bis zum Handel verteilt die Textilindustrie weiterhin ihre Schadstoffe.“ Mit der Kampagne Detox setzt sich Greenpeace für eine weltweite Textilproduktion ohne gefährliche Chemikalien ein.
Greenpeace geht davon aus, dass deutlich mehr als 88,1 Tonnen NPE pro Jahr in deutsche Gewässer geleitet werden. Bereits in zwei vorangegangenen Reports hatte Greenpeace die durch die Produktion verursachte Trinkwasserverschmutzung in China aufgedeckt und Kleidung auf NPE-Rückstände untersucht.
Die Unternehmen Nike, Adidas, Puma, Li Ning, H&M und C&A haben zugesagt, gefährliche Chemikalien bis 2020 aus ihrer Produktion zu verbannen. Ungefährliche Alternativen sind schon lange auf dem Markt. Greenpeace fordert die Marken auf, den Einsatz von NPE in Produktionsprozessen bis 2013 zu beenden.
In zwei vorangegangenen Berichten hatte Greenpeace aufgedeckt, dass die internationale Textilindustrie die Trinkwasserdepots von Millionen Menschen in China vergiftet
Eine breite Auswahl (78 Artikel) in Asien gefertigter Textilien ließ Greenpeace anschließend auf NPE-Rückstände untersuchen. 14 dieser 78 Proben wurden für den aktuellen Test in einer standardisierten Haushaltswäsche bei 40 Grad gewaschen.
Quelle
Greenpeace | Marissa Erbrich 2012