Zügige Vereinbarung der EU-Klimaziele wichtig für Klimaschutz weltweit
Vor EU-Umweltrat morgen: Germanwatch fordert Führungsrolle der Bundesregierung für ein europäisches 2035-Klimaziel von minus 76 Prozent / Internationales Ansehen der EU-Klimapolitik steht auf dem Spiel.
Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch fordert vor dem morgigen EU-Umweltrat eine zügige Vereinbarung der Klimaziele der EU für 2035. Christoph Bals, Politik-Vorstand von Germanwatch: „Aus deutscher Sicht sollte es sich um eine Formalie handeln. Der Vorschlag, über den gesprochen wird, ist eins-zu-eins kompatibel mit dem Koalitionsvertrag. Es ist gut, dass sich Umweltminister Schneider so deutlich für den Kompromissvorschlag der dänischen Ratspräsidentschaft einsetzt. Sollte Kanzler Merz das nun nicht unterstützen, setzt er die notwendige und im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Ambitionssteigerung bei der Emissionsreduktion aufs Spiel – und damit auch das internationale Ansehen der EU und Deutschlands. In Zeiten weltweiter Führungsschwäche beim Klimaschutz braucht es jetzt einen zur Führung bereiten Bundeskanzler, kein Zaudern.“
Bals weiter: „Die internationale Führungsrolle der EU hängt auch davon ab, wie ambitioniert ihre Klimaziele für 2035 und 2040 ausfallen. Der Europäische Klima-Beirat hatte sogar ein höheres Ziel für 2040 gefordert als das jetzt zur Debatte stehende Ziel von 90 Prozent Reduktion inklusive Anrechnung internationaler Gutschriften. Hohe Klimaschutz-Ambitionen würden bei guter Umsetzung die Wettbewerbsfähigkeit der EU stärken und Abhängigkeiten von fossilen Autokratien massiv reduzieren. Die EU sollte daher den Zielvorschlägen der Wissenschaft folgen.“
Wenn EU-Ziele abgeschwächt würden, drohe Deutschlands Industrie sogar eine Sonderbelastung. „Deutschland ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auf nationaler Ebene ohnehin zu mehr Ambition verpflichtet“, betont Bals. Derzeit sind zudem unter anderem von Germanwatch unterstützte Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen mögliche Aufweichungen des Klimaschutzes zulasten junger Generationen anhängig.
„Bei der Weltklimakonferenz COP30 in Brasilien können Deutschland und die EU ohne eigene ambitionierte Klimaziele keine ausreichenden Verpflichtungen von anderen erwarten“, sagt Petter Lydén, Bereichsleiter für Internationale Klimapolitik bei Germanwatch. „Das Ziel der EU für 2035 sollte bei 76 Prozent Emissionsminderung liegen. Es ist ökonomisch sinnvoll, in der ersten Hälfte der 30er Jahre etwas schneller vorzugehen, um den schwierigeren Part danach besser meistern zu können. Das absolute Minimum wären 72,5 Prozent. Dorthin gelangt man, wenn man von 2030 bis 2040 gleichmäßig reduziert. Alles darunter wäre nach unserer Einschätzung sogar grundgesetzwidrig.“
Risiken der CO2-Zertifikate durch klare Kriterien begrenzen
Charly Heberer, Referent für EU-Klimapolitik bei Germanwatch: „Der Handel internationaler Zertifikate ist für den Klimaschutz und die Glaubwürdigkeit der EU-Klimapolitik ein teures Hochrisikogeschäft. Der neue Vorschlag der dänischen Ratspräsidentschaft hat auf Druck einiger Mitgliedstaaten die Tür dafür noch weiter geöffnet. Es muss aber gelingen, den Einsatz von qualitativ hochwertigen Zertifikaten auf unvermeidbare Restemissionen zu begrenzen. Dafür sollten die fachlich zuständigen Ministerinnen und Minister im EU-Umweltrat sorgen. Womit sich hingegen die Staats- und Regierungschefs schnell beschäftigen sollten: Wie sie ihren gemeinsamen Mehrjährigen Finanzrahmen so gestalten wollen, dass er denen hilft, die wenig finanzielle Mittel haben. Auch diese Menschen müssen in der Lage sein, klimafreundlicher zu produzieren, sich fortzubewegen oder ihre Wohnung zu heizen. Von der Kommission kommt dazu bislang vor allem Schweigen oder sogar Rückschritte, wie etwa der Vorschlag, den Just Transition Fund einzustampfen.“