Adolf Goetzberger – ein Pionier der Energiewende wurde 90
»Mich haben immer schon Probleme gereizt, die für unlösbar gehalten wurden« – dieses Zitat von Prof. Dr. Adolf Goetzberger steht nicht nur für seine wissenschaftliche Karriere, sondern auch für die unerschütterliche Konsequenz, mit der der Gründer des Fraunhofer ISE dieses Institut auf den Weg und zum Erfolg gebracht hat.
Er hat damit nicht nur die Photovoltaik-Technologie, eine der tragenden Säulen eines künftigen nachhaltigen Energiesystems, vorangetrieben, sondern schon zur Gründungszeit auch die wesentlichen systemischen Aspekte für den Paradigmenwechsel in der Energieversorgung vorausgesehen und entsprechende Forschung von Anfang an integriert.
Solarenergie als überzeugende Alternative zu fossilen Brennstoffen, für diese Vision begann er Ende der siebziger Jahre unermüdlich zu arbeiten. 1981 gründete Prof. Goetzberger unter schwierigen Bedingungen das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg, das heute mit über 1200 Mitarbeitenden größte europäische Solarforschungsinstitut.
»Adolf Goetzberger hat nicht nur ganz früh schon erkannt, dass die Solarenergie die wichtigste Energiequelle sein wird, sondern auch gesehen, dass es wichtig ist, das Gesamtsystem zu betrachten und zu bearbeiten – was wir heute mit der Energiewende tun«, so Prof. Dr. Hans-Martin Henning, Institutsleiter des Fraunhofer ISE. Dr. Andreas Bett, sein Kollege in der Doppelspitze der Institutsleitung ergänzt: »Ohne den konsequenten Weg, den Adolf Goetzberger, auch gegen Widerstände, gegangen ist, wären wir wohl in der Photovoltaik-Forschung heute nicht da wo wir sind. Wir freuen uns mit ihm, dass er den weltweiten PV-Boom nicht zuletzt auch als die Früchte seiner Lebensleistung erleben kann.«
Der Halbleitertechnologie und den elektronischen Bauelementen widmete Adolf Goetzberger die ersten 25 Jahre seines Berufslebens. In der Pionierphase der Mikroelektronik arbeitete er bei den ersten Adressen der US-Forschung: fünf Jahre zusammen mit dem Nobelpreisträger und Miterfinder des Transistors William Shockley in Palo Alto, Kalifornien und fünf Jahre in den Bell Laboratories in Murray Hill, New Jersey. 1968 holte ihn dann die Fraunhofer-Gesellschaft nach Deutschland zurück. Bis zur Gründung des Fraunhofer ISE leitete Adolf Goetzberger das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF in Freiburg. 1971 ernannte ihn die Universität zum Honorarprofessor in der Fakultät für Physik. Während seiner aktiven Tätigkeit hat er zahlreiche Diplomanden und Doktoranden betreut.
Als Prof. Goetzberger 1993 aus Altersgründen aus der Institutsleitung des Fraunhofer ISE ausschied, war das Fraunhofer ISE von anfänglich knapp 20 Mitarbeitern zum weltweit zweitgrößten Solarforschungsinstitut – nach dem National Renewable Energy Laboratory in den USA – gewachsen. Unter seinen Nachfolgern – Prof. Dr. Joachim Luther, von 1993 bis 2006, Prof. Dr. Eicke R. Weber, 2006 bis 2016 und aktuell Prof. Dr. Hans-Martin Henning und Dr. Andreas Bett in einer Doppelspitze – entwickelte sich das Institut kontinuierlich weiter und ist mit heute mehr als 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht nur weltweit das zweitgrößte Solarforschungsinstitut, sondern auch das zweitgrößte Institut innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft.
Auch über seine Arbeiten am Fraunhofer ISE hinaus hat sich Prof. Goetzberger um wichtige Organisationen der Solarenergie verdient gemacht. So war er von 1991 bis 1993 Präsident der International Solar Energy Society ISES, von 1993 bis 1997 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie DGS. Darüber hinaus hat er Tagungen und Symposien – wie die Symposien Photovoltaische Sonnenenergie und Thermische Solarenergie in Bad Staffelstein – in wesentlichem Umfang geprägt und unterstützt. Die Veranstalter des OTTI Symposiums Thermische Solarenergie würdigten 2009 dessen Ehrenpräsidenten Prof. Dr. Adolf Goetzberger, gemeinsam mit dem damaligen stellvertretenden Institutsleiter Prof. Dr. Volker Wittwer, mit dem ‚Spirit of Energy‘ Preis für sein unermüdliches Engagement. Bis heute fordert Goetzberger die stärkere Integration der Nutzung solarer Wärme in die Energiepolitik. Adolf Goetzberger ist Fellow des IEEE (Institute for Electrical and Electronic Engineers). Sein Engagement gilt auch den internationalen Photovoltaikkonferenzen der European Commission, deren Chairman er 1998 in Sevilla war. Viele Jahre wirkte er dort im Scientific Committee und er ist bis heute Mitglied der Jury für den Becquerel Preis.
Prof. Goetzbergers Engagement geht über die Wissenschaft hinaus. Es ist ihm immer ein Anliegen gewesen, Institutionen aus Politik und Wirtschaft objektive Informationen zu liefern. So war er 2004 Mitglied des EU High Level Advisory Board, das den PVTRAC Vision Report für 2030 ausarbeitete. Er war Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Instituto de Energía Solar der Polytechnischen Universität von Madrid sowie des spanischen Forschungsinstituts für konzentrierende Photovoltaik ISFOC.
Mit großem Interesse verfolgt Adolf Goetzberger auch heute noch die Arbeiten des Fraunhofer ISE und konnte sich zuletzt über das erfolgreich implementierte Agrophotovoltaik-Projekt in Heggelbach am Bodensee freuen, das auf einer sehr frühen Idee von ihm beruht. Das Fraunhofer ISE gratuliert seinem Gründer von Herzen zum 90. Geburtstag und wünscht ihm beim Ernten der Früchte seiner Arbeit noch viel Freude.
Preise und Ehrungen
Die hervorragenden Verdienste Adolf Goetzbergers für die Solare Zukunft unserer Energieversorgung wurden auf vielfältige Weise gewürdigt:
Als erster Deutscher wurde Adolf Goetzberger 1983 mit dem »J.J. Ebers Award« der amerikanischen IEEE Electron Devices Society für seine herausragenden technischen Leistungen auf dem Gebiet der elektronischen Bauteile geehrt. 1989 erhielt er die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg, 1992 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet. Im August 1993 nahm er den Achievement through Action Award der ISES entgegen. 1995 erhielt Adolf Goetzberger die Ehrendoktorwürde der Universität Uppsala und im selben Jahr den Farrington Daniels Award der ISES. 1997 wurde er mit der Karl Boer Medaille geehrt. Ebenfalls 1997 folgten der Becquerel Prize und der William R. Cherry Award. Im September 2006 verlieh ihm die SolarWorld AG den Einstein Award 2006 für sein Lebenswerk, seine umfangreichen wissenschaftlichen Leistungen sowie die Gründung des Fraunhofer ISE. Im Dezember 2006 würdigte EUROSOLAR seine Verdienste mit dem European Solar Award. 2009 ehrte das Europäische Patentamt Adolf Goetzberger für sein Lebenswerk mit dem Titel »European Inventor of the Year«. Adolf Goetzberger wurde für seinen Beitrag zur kommerziellen Nutzung der Sonnenenergie gewürdigt, mit der er den Weg für Solarzellen als überzeugende Alternative zu fossilen Brennstoffen geebnet hat.