Die ganze Welt in einem Buch
Lassen sich das Leben und die Welt in einem Buch erklären?
Der Autor Thilo Baum („Komm zum Punkt!“, „Mach dein Ding!“) hat sich das zur Aufgabe gemacht. Sein jüngstes Werk heißt „Das Buch der 1000 Gebote“ und trägt den provokanten Untertitel „So funktioniert das Leben“.
Es klingt fast schon ein wenig anmaßend: Der Autor Thilo Baum (44) erklärt in seinem neuen Buch das Leben. „Das Buch der 1000 Gebote“ (Midas Verlag) umfasst zehn große Themen – von „Das Leben“ und „Die Menschen“ über „Das Denken“ und „Das Handeln“ bis hin zu „Der Sinn“ und „Die Zukunft“. Jedes dieser Themen hat hundert Kapitel, von denen jedes jeweils zehn Gebote umfasst – kurz und knackig, sodass sich auf jeder Doppelseite zehn Gebote finden.
Das Prinzip: Eine Überschrift im Imperativ, und darunter ein Text, der Fragen stellt. Beispielsweise lautet das 845. Gebot: „Orientieren Sie sich an dem, was Sie brauchen!“ Wichtig sei nicht, was wir wollen, sondern was wir langfristig brauchen. Nach einer kurzen Erläuterung folgen die Fragen: „Was brauchen Sie? Was ist wichtig?“
Das Buch bringt zum Nachdenken, und dabei gerät so manche gewohnte Denkweise ins Wanken. Warum beispielsweise kaufen so viele Leute Aktien, obwohl sie die Politik des Unternehmens nicht verstehen? Weshalb investieren sie nicht in konkrete Geschäfte, die sich finden lassen, wenn man danach sucht? Oder weshalb sollte man eine unbedachte Äußerung zurücknehmen können? Und wie sollte man sich „entschuldigen“, wenn man doch nur um Entschuldigung bitten kann?
Thilo Baum stellt Fragen und das Denken der meisten Menschen auf den Kopf. „Das Kapitel über das Denken ist auch mein Lieblingskapitel“, sagt der Autor. „Es ist die Basis für alles, was wir tun.“ Denken wir wirr oder klar? Differenziert oder pauschal? „Wenn ein Mensch erkannt hat, wie klares und differenziertes Denken funktioniert, wird er viele seiner Handlungen neu überdenken.“ Dabei zeigt Baum vor allem auch auf, inwiefern Erkenntnisse aus Studien zweifelhaft sein können – wie auch viele andere scheinbare Gewissheiten, von denen die meisten Menschen ausgehen. „In unserer Welt beruhen Unmengen von Entscheidungen auf Fehlschlüssen“, sagt Baum. „Die Menschen meinen, etwas zu wissen, und urteilen anhand von Mutmaßungen. Oder sie halten Meinen für Wissen. Die Folgen sind oft banal und privat, oder aber wir spüren sie in der Politik.“
Interessant ist bei dem „Buch der 1000 Gebote“ der alltagsphilosophische Hintergrund. „Die meisten Bücher vertiefen ihr Sujet bis in eine extreme Spezialisierung“, sagt Baum. „Das ist zwar wichtig in der Wissenschaft, damit wir wissen, was wir wissen. Aber in der Folge haben wir es mit lauter Nischen und Spezialisierungen zu tun. Einen Überblick über das Leben und die Welt stellt die Wissenschaft kaum her. Das scheint eine Aufgabe der Philosophie zu sein.“
„Das Buch der 1000 Gebote“ ist das achte Buch von Thilo Baum. Das gemeinsame Muster ist das Umdenken: In „Mach dein Ding!“ (Trainerbuchpreis 2010) hinterfragt er die Selbstverständlichkeit, arbeiten zu gehen. In „Die Bildungslücke“ (Sonderpreis zum Trainerbuchpreis 2012) und auch in seinen Radiofeatures für SWR2 Wissen hinterfragt er die Inhalte des Bildungssystems. In „Denk mit!“ hinterfragt er die übliche Eigenart von Unternehmen, aus der eigenen Perspektive zu kommunizieren statt aus Kundensicht.
Ein besonders gutes Beispiel dafür, wie Thilo Baum zum Umdenken anregt, ist das 275. Gebot mit dem Titel „Finden Sie einfache Lösungen für komplizierte Probleme!“. Seinen Gedankengang beschreibt er selbst: „Einverstanden, dass einfache Dinge komplizierte Folgen haben können? Ja. Warum also sollte es für komplizierte Probleme nur komplizierte Lösungen geben? Wenn wir die einfache Ursache abstellen oder korrigieren, reguliert sich das komplizierte Ergebnis möglicherweise ganz leicht.“
Thilo Baum „Das Buch der 1000 Gebote“