Durch Anbau von Gentechnik-Mais drohen neue Superunkräuter
Teosinde breitet sich in Spanien aus.
Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA unterstützt in einer aktuellen Stellungnahme die Pläne von Monsanto, DuPont und Syngenta, den Anbau von gentechnisch verändertem Mais in der EU auszuweiten. Bisher darf in der EU nur ein Gentechnik-Mais kommerziell angebaut werden. Die Konzerne fordern eine Entscheidung, die es ihnen erlauben würde, 2017 das Saatgut für drei Varianten von transgenem Mais zu verkaufen. Die Maispflanzen produzieren Insektengifte, zwei sind zudem gegenüber Spritzmitteln resistent. Im Zusammenhang mit dem Anbau dieser Pflanzen gibt es neue Risiken für die Umwelt, bedingt durch das Auftreten von Teosinte-Pflanzen.
Diese Pflanzen stammen ursprünglich aus Zentralamerika und breiten sich seit einigen Jahren in Spanien und Frankreich aus. Teosinte und Mais können gemeinsame Nachkommen produzieren. Das Risiko: Wenn sich Teosinte mit dem transgenen Mais kreuzt, entstehen neue Superunkräuter, die Insektengifte produzieren und resistent gegenüber Herbiziden sind. Nach einer Anfrage der EU-Kommission hat die EFSA jetzt eine hastig verfasste Stellungnahme veröffentlicht, in der die Risiken heruntergespielt werden.
Spätestens seit dem Jahr 2009 breitet sich die Teosinte in Spanien aus, hier werden innerhalb der EU auch die meisten Gentechnik-Pflanzen angebaut. 2015 waren laut offiziellen Angaben rund 750 Hektar in mehreren Regionen Spaniens von der Ausbreitung der Teosinte betroffen. Dabei ist es wahrscheinlich, dass es viele weitere Felder gibt, die unentdeckt blieben. Einige der Teosinte-Pflanzen wurden auch auf Feldern gefunden, auf denen Gentechnik-Mais angebaut wird. Es ist nicht bekannt, ob bereits transgene Teosinte-Pflanzen entstanden sind, aber ihr Auftreten dürfte nur eine Frage der Zeit sein.
Wie die Stellungnahme der EFSA zeigt, fehlen bislang Daten, die für die Risikoabschätzung entscheidend sind: (1) Einige der vielen Arten und Unterarten von Teosinte produzieren wesentlich mehr Hybride mit Mais als andere und bergen damit ein höheres Risiko für einen Gen-Austausch. Doch derzeit ist nicht bekannt, welche Arten bzw. Unterarten sich auf den Feldern ausbreiten. (2) Die biologische Aktivität der zusätzlichen Gene ist jeweils abhängig vom gesamten Genom der Pflanzen. Das bedeutet, dass die Hybride beispielsweise wesentlich mehr Insektengift produzieren könnten als die ursprünglichen Maispflanzen. Diese Fragen wurden aber nie untersucht. (3) Die Behauptung der EFSA, dass sich die Ausbreitung von Teosinte wirksam kontrollieren lasse, lässt sich empirisch nicht belegen. Die bisher verfügbaren Daten zeigen vielmehr einen starken Anstieg bei der Anzahl der betroffenen Maisfelder zwischen 2014 und 2015, trotz entsprechender Gegenmaßnahmen.
All dies verdeutlicht, dass für eine adäquate Risikoprüfung wesentlich mehr Daten benötigt würden. Aber anstatt mehr Daten zu verlangen, erklärte die EFSA die Risiken für den Anbau von Gentechnik-Mais einfach für nicht relevant.
„Laut ihren eigenen Richtlinien muss die EFSA auch sogenannte ‚Worst-Case-Szenarien‘ prüfen. Die Stellungnahme der EFSA basiert jedoch auf Annahmen, die keineswegs die wahre Dimension der Risiken zeigen“, sagt Christoph Then für Testbiotech. „Die Risikobewertung darf auf keinen Fall abgeschlossen werden, bevor weitere Untersuchungen durchgeführt wurden.“
Die EFSA kann jederzeit mehr Daten von den Firmen verlangen, wenn sich das für die Risikoabschätzung als notwendig erweist. In diesem Fall aber verzichtete die Behörde darauf. Offensichtlich gab es einen erheblichen Zeitdruck seitens der EU-Kommission, die verlangte, dass der Bericht rasch veröffentlicht wird. Der Grund: Die Kommission will schon in den nächsten Wochen über den erstmaligen Anbau von Gentechnik-Mais entscheiden, der als Bt 11 (Syngenta) und Mais 1507 (DuPont) bekannt ist. Zudem soll die Anbauzulassung für den Mais MON810 (Monsanto) erneuert werden. Eine erste Abstimmung der Mitgliedsländer könnte Mitte Oktober stattfinden.
Testbiotech befürchtet, dass die Abstimmung der Mitgliedsländer wesentlich von der mangelhaften Stellungnahme der EFSA beeinflusst wird. In diesem Zusammenhang warnt Testbiotech auch vor erheblichen Interessenkonflikten in der Behörde: Der federführende Autor des Teosinte-Berichts, Yann Devos, ist zugleich bei der Organisation „International Society for Biosafety Research“ (ISBR), die zu großen Teilen von der Industrie finanziert wird, in führender Funktion tätig.
Bericht über Interessenkonflikte bei der EFSA