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Eine Reise durch die Skalen

Die Welt beim EGU-Kongress aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten

Vom 12. bis 17. April tagen 12.000 internationale Geowissenschaftler im Austria Center Vienna beim Kongress der European Geosciences Union (EGU). Das heurige Programm, das über 800 interdisziplinäre Sessions umfasst, widmet sich in großen Debatten der Wassersicherheit und Klimapolitik. 

Aufgrund der Vielfalt an Teilbereichen von Geowissenschaften – von Vulkanismus über Klima- und Hochwasserforschung bis zur Weltraumforschung – wird die Betrachtung von Einzelphänomen oft vor die Beleuchtung des „großen Ganzen“ gestellt. Gerade deshalb hat sich der diesjährige EGU-Kongress das Motto „A voyage through scales“ – sprich „Eine Reise durch die Skalen“ – gesetzt, um von einzelnen Punktmessungen auf das große Ganze zu schließen, nämlich wie die Welt räumlich und zeitlich funktioniert. Dazu werden Wissen aus allen Disziplinen der Geowissenschaften zusammengetragen, neue Messungen – wie Satelliten- und geophysikalische Daten – präsentiert und innovative Rechenmodelle diskutiert. „Wir wollen von Einzelmessungen wie beispielsweise dem CO2-Gehalt in der Luft oder Wasserverdunstungswerten eines Ortes flächendeckend auf die Prozesse schließen können. Diese Grundlagenforschung ist notwendig, weil die einzelnen Komponenten des Erdsystems sehr stark miteinander zusammenhängen, auch wenn die Zusammenhänge selbst nicht immer offensichtlich sind. Das gilt ganz besonders auch für den Einfluss des Menschen auf die Welt“, so Univ.-Prof. DI Dr. Günter Blöschl, Präsident der European Geosciences Union und Vorstand des Institutes für Wasserbau und Ingenieurhydrologie an der TU Wien. Die Chance des EGU-Kongresses liegt daher im gegenseitigen Austausch der einzelnen geowissenschaftlichen Puzzleteile der verschiedenen Disziplinen, um daraus gemeinsam ein großes Ganzes sichtbar zu machen. 

Hochwasser in Europa – Rot-Weiß-Rote Wasserforschung im Spitzenfeld Ein Kongressschwerpunkt, der dem Hydrologen Blöschl besonders am Herzen liegt, sind die sich verändernden Hochwässer in Europa und deren Auslöser. Während in Westeuropa mit atlantischem Klimaeinfluss vermehrt Hochwässer aufgrund der Verschiebung der Wetterlagen auftreten, steigt deren Zahl im Mittelmeerraum aufgrund der Meereserwärmung an. Im Norden Europas und in den Alpenregionen gehen Hochwässer jedoch wegen des wärmeren Klimas und der früheren Schneeschmelze tendenziell zurück. Diese Forschungsergebnisse und Prognosen, die im Detail am Kongress diskutiert werden, sind wesentlich für die Wasserwirtschaft, um rechtzeitig durch entsprechende Schutzmaßnahmen auf die veränderten Rahmenbedingungen zu reagieren. Hier zeigt sich auch die Stärke der österreichischen Wissenschaftler, denn gerade in der Wasserforschung ist Österreich – von Blöschls Forschungsgruppe der Ingenieurhydrologie über mikrobiologische Forschungsgruppen bis hin zur und wassergesundheitlichen Forschung auf der MedUniWien – international im Spitzenfeld. „Dies liegt vor allem daran, dass sich in Österreich so viele Forschungsgruppen mit dem Thema Wasserforschung aus den unterschiedlichen Blickwinkeln auseinandersetzten“, so Blöschl. 

Globale Wasserversorgung 

10 Milliarden Menschen sind durstig Ebenso brisant ist die Diskussion über die weltweite Wasserversorgung, denn obwohl es global genug Süßwasserreserven gibt, sind sie räumlich und zeitlich – beispielsweise durch die Jahres- oder Regenzeiten – so ungünstig verteilt, dass ein Drittel der gesamten Weltbevölkerung mit enormen Wasserversorgungsproblemen zu kämpfen hat. Angesichts der wachsenden Bevölkerung – bis 2100 wird es voraussichtlich 10 Milliarden Menschen geben – spitzt sich die Lage noch mehr zu. Daher werden Lösungsansätze zur geografischen Verteilung, Wasserspeicherung und Reduktion des Wasserbedarfs durch effizientere Bewässerungsmethoden und ökonomische Regulierungen diskutiert. Obwohl Österreich prinzipiell sehr gut mit Wasser versorgt ist, kann auch im Weinviertel und im östlichen Kärnten in Trockenzeiten das Wasser knapp werden. Die Erkenntnisse des Kongresses unterstützen so auch die Bildung der heimischen Wasserversorgungsnetzwerke. 

Klimawandel – Ozeane und deren Bewohner im Fokus 

Jüngste Erkenntnisse, die am Kongress diskutiert werden, zeigen, dass der Ozean für die globale Klimaänderung eine wesentliche und bisher unterschätzte Rolle spielt – und zwar sowohl in Hinblick auf die Meeresströmungen an sich als auch auf die in ihnen lebenden Organismen. So sind die Ozeane und die Atmosphäre der Erde stark aneinander gekoppelt. Daher rückt auch die Struktur der Lebensgemeinschaften mariner Organismen mehr in den Fokus. Ein Beispiel für die Meeresbewegungen ist der Golfstrom, der in der Karibik entsteht und durch den Wärmetransport und den globalen Wasserkreislauf Auswirkungen auf das Klima in Nordeuropa und auf das Eis in Grönland hat. „Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, das gesamte Geo-System zu verstehen. Es betrifft uns alle und nur durch besseres Verständnis können wir Gefahren erkennen und ihnen vorbeugen“, betont Blöschl. 

Kometen-Raumsonde Rosetta und Asteroidenmission Ceres 

Nicht nur die Erde, auch die jüngsten Entwicklungen in den Planeten- und Weltraumwissenschaften – allen voran die neuesten Erkenntnisse der Rosetta Mission der ESA und der NASA Raumsonde Ceres – werden am Kongress beleuchtet. Gerade in der Rosetta Mission waren auch Österreichische Forscher, insbesondere vom Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz, ganz wesentlich eingebunden: Durch ihr Instrument MIDAS tragen sie zur Untersuchung des Komentenstaubes und durch die Anlage für das Experiment ROMAP (ROsetta Lander MAgnetometer and Plasma Monitor) bei der Vermessung des Magnetfeldes auf der Kometenoberfläche bei. 

Innovative Meeting-Formate und Open Access 

Die EGU setzt auch in den Bereichen Wissenszugang und Wissensvermittlung neue Standards. „Die EGU zählt zu den ersten Gesellschaften weltweit, die mit Open Access ihre Publikationen allen Interessierten kostenlos zur Verfügung stellt – und dies bereits seit über 15 Jahren“, betont Blöschl. Eine weitere Vorreiterrolle nimmt die Gesellschaft bei der Wissensvermittlung ein. „So werden bestehende Meeting-Formate durch neue Formen ergänzt und verstärkt kleinere Vortragsräume für den Wissensaustausch genutzt. Der größte Saal dient als Ausstellungsfläche für Poster Sessions. Dies entspricht auch den neuesten Erkenntnissen der sozialen Netzwerkforschung. Genau für diese spezifischen Anforderungen ist das Austria Center Vienna mit seiner flexiblen Architektur und seinen 180 kleineren Büros und Meetingräumen ideal“, betont Martin Rasmussen, Geschäftsführer von Copernicus Meetings und Kongressorganisator des EGU-Kongresses. Dies ist umso wichtiger, da die Teilnehmerzahl des Kongresses in den letzten 10 Jahren stark gewachsen ist. Besonders innovativ ist auch das neue Meetingformat PICO – Presenting Interactive Content(R), das die Vorteile der traditionellen Formate, mündlicher Vortrag und Poster, vereint und zur neuen Wissensgenerierung wesentlich beiträgt. Das Konferenzthema „A voyage through scales“ wird in einer Ausstellung und in einem Fotoband allen Konferenzteilnehmern anschaulich nähergebracht.

EGU-Kongress vom 12. bis 17. April 2105 im Austria Center Vienna

Quelle

European Geosciences Union (EGU) 2015 | IAKW-AG, Austria Center Vienna 2015

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