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Energiewende ist kein Rohstoff-Killer

Der Ausbau von Solar- und Windkraftanlagen erhöht den Metallbedarf nicht stärker als die fossilen Alternativen, ergibt eine Analyse. Trotzdem muss das Recycling der Erneuerbaren-Anlagen in Deutschland und der EU stark verbessert werden.

Millionen Solaranlagen, zigtausend Windräder an Land und auf See, neue Stromtrassen und Batteriespeicher, die die Stabilität des Elektrizitätssystems bei fluktuierendem Angebot sicherstellen: Keine Frage, die Energiewende erfordert große Mengen an Rohstoffen, darunter Metalle wie Stahl und Kupfer. Eine am Dienstag veröffentlichte Studie gibt her jedoch etwas Entwarnung.

Die Produktion der Öko-Energien verursachte keinen wesentlich größeren Bedarf an Metallen als die von fossiler Energie. Trotzdem müsse auch bei Wind- und Solarenergie mehr Wert auf sparsame Rohstoffnutzung und Recycling gelegt werden.

Ob Internationale Energieagentur, Weltbank, EU-Kommission oder Bundesregierung – sie alle rechnen wegen der Energiewende mit einem stark wachsenden Bedarf an Metallen. Die Bundesregierung zum Beispiel erwartet, dass „die Transformation hin zu treibhausgasneutralen Technologien … zu einem erheblichen Metallbedarf an entsprechenden mineralischen Rohstoffen“ führt.

Die EU-Kommission wiederum will noch in diesem Jahr einen „Critical Raw Materials Act“ auf den Weg bringen, der die Versorgung der europäischen Industrie mit Lithium, Kobalt, Kupfer und anderen metallischen Rohstoffen sichern soll. Sie rechnet zum Beispiel damit, dass hier im Jahr 2050 die 60-fache Menge des Batterierohstoffs Lithium benötigt wird.

Die Nichtregierungsorganisation Powershift hat in ihrer Studie den Metallbedarf verschiedener Energietechnologien miteinander verglichen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass der „Rohstoffhunger“ der erneuerbaren Energien nicht als Argument gegen die Energiewende verwandt werden kann.

Tatsächlich schnitten einige Ökoenergie-Technologien, etwa auf Dächern montierte Solarstrom-Anlagen, bezüglich ihres „Metall-Fußabdrucks“ sogar deutlich besser ab als zum Beispiel Kohlekraftwerke. Die Untersuchung heißt: „Metalle für die Energiewende“.

Autobauer sind viel größere Metall-Verbraucher

Dass die Öko-Energien keine Haupttreiber für den Abbau von Metallerzen sind, wenn man sie mit anderen Industriesektoren vergleicht, hatte 2021 auch eine Studie des Öko-Instituts ergeben.

Danach erhöht der Ausbau von Windkraft, Photovoltaik oder Elektromobilität zwar den Verbrauch speziell von sechs Rohstoffen, darunter Lithium, Kobalt, Seltene Erden und Tantal. Doch das relativiere sich, wenn die erwarteten Verbräuche ins Verhältnis zum bisherigen Metallverbrauch gesetzt würden.

Beispiel: Selbst die Steigerung des Lithiumverbrauchs auf das 45-Fache bis 2050 sei nicht mehr so dramatisch, wenn die dann prognostizierten 3,8 Millionen Tonnen mit der aktuellen globalen Eisenerzproduktion von etwa 2.450 Millionen Tonnen jährlich verglichen werden, die also fast das 650-Fache beträgt.

Powershift-Autor Michael Reckordt kommentierte die neue Untersuchung so: „Nicht der Umstieg auf erneuerbare Energien ist die eigentliche Herausforderung, sondern die Frage, wo die Metalle in Zukunft eingesetzt werden.“ Im Vergleich zum Metallverbrauch der Automobilindustrie würden für den Ausbau der Erneuerbaren weitaus weniger Metalle benötigt.

So benötigten allein die Antriebsbatterien der E-Autos des Herstellers Volkswagen, die im Jahr 2030 produziert werden sollen, etwa achtmal so viel Aluminium und Nickel wie der gesamte geplante Zuwachs an Windkraftanlagen in Deutschland von 2022 bis 2030.

Powershift fordert, unabhängig von der Energiewende die negativen Folgen des weltweiten Bergbaus zur Metallgewinnung anzugehen. Hierzu zählten Wasser- und Landnutzungskonflikte, Umweltverschmutzung sowie die Zerstörung von Regenwald. Der Bergbau sei zudem für zehn bis 15 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich, die prognostizierte Entwicklung beim Metallverbrauch mithin nicht mit den Pariser Klimazielen vereinbar.

„Für eine effektive Bekämpfung der Klimakrise brauchen wir dringend eine Rohstoffwende“, sagte Reckordt. Dies bedeute, dass metallische Rohstoffe unter höchstmöglichen ökologischen und sozialen Standards abgebaut werden müssten. Außerdem müsse ihr absoluter Verbrauch sinken.

Solar- und Windrad-Recycling hat große Lücken

Eine zweite Powershift-Studie widmet sich dem Problem, dass hierzulande wie in vielen anderen Ländern in den nächsten Jahren viele Solar- und Windkraftanlagen der ersten Generation ausgetauscht werden, wobei große Mengen an Recylingschrott aus dieser Industrie anfallen.

Die erste Welle dieser Anlagen wurde nach 2000 installiert, als das Erneuerbare-Energien-Gesetz beschlossen wurde. Da ihre Lebensdauer 20 bis 30 Jahre beträgt, werden sie nun nach und nach ausgetauscht.

Hier kommt es laut Powershift darauf an, eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Stichworte: Langlebigkeit, Reparierbarkeit und ein auf Wiederverwendbarkeit der Rohstoffe ausgelegtes Produktdesign. „Es braucht jetzt klare und einheitliche gesetzliche Vorgaben für den Rückbau und die Erneuerung alter Anlagen in Deutschland und der EU“, sagte Hendrik Schnittker von Powershift.

Um die Energiewende so ressourcenschonend wie möglich zu gestalten, müssten die wertvollen Rohstoffe zurückgewonnen werden. Dazu sei eine verbesserte, flächendeckende Sammel- und Recyclinginfrastruktur nötig.

Ein Beispiel liefert der bisherige Umgang mit alten Solaranlagen. Bisher verpflichtet eine EU-Richtlinie von 2012 die Hersteller von Solarmodulen zwar, die Rücknahme und das Recycling ihrer Produkte sicherzustellen. Doch bisher müssen nur 85 Prozent der verkauften Photovoltaikmodule gesammelt und 80 Prozent des Gesamtgewichts recycelt werden.

Fachleute fordern, diese Anforderungen zu erhöhen, da nur ein Teil der Rohstoffe, wie der Aluminiumrahmen und ein Teil des Glases der Module, zurückgewonnen werde. Die Richtlinie müsse überarbeitet werden, damit auch wichtige Rohstoffe wie Silizium oder Silber aus den Solarzellen nicht verloren gehen.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Joachim Wille) 2023 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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