Extremwetterkongress: Bis 2050 in die Drei-Grad-Welt
Ein Aufruf aus der Klimaforschung warnt vor einer weiteren Beschleunigung der globalen Erwärmung. Drei Grad mehr schon zur Mitte des Jahrhunderts seien nicht mehr auszuschließen, heisst es zum Abschluss des Extremwetterkongresses.
Bereits 1987 veröffentlichten die Deutsche Meteorologische Gesellschaft (DMG) und die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) einen gemeinsamen Aufruf, in dem sie vor „drohenden weltweiten Klimaänderungen durch den Menschen“ warnten und rasche Gegenmaßnahmen forderten.
Es handle sich um eine der größten Gefahren für die Menschheit, hieß es damals. Dieser Bedrohung müsse rechtzeitig begegnet werden, indem der Ausstoß von klimawirksamen Spurengasen ab sofort eingeschränkt werde, lautete die Forderung.
Nun, knapp 40 Jahre später, wenden sich die beiden Fachgesellschaften erneut mit einem gemeinsamen Klimaaufruf an die deutsche Politik. Zum Abschluss des Extremwetterkongresses in Hamburg am heutigen Donnerstag riefen die Forschenden dazu auf, „unverzüglich ein sehr viel wirksameres Programm zur Eindämmung von menschengemachten Klimaänderungen voranzutreiben und die hierfür notwendigen Maßnahmen nicht weiter in die Zukunft zu verschieben“.
Das Papier, an dem die Fachleute ein Jahr lang gearbeitet haben, wurde zudem an alle Bundestagsabgeordneten sowie alle relevanten Ministerien in Bund und Ländern verschickt, so DPG-Präsident Klaus Richter.
Der neue Klimaaufruf enthält eine Warnung, die es in sich hat. Demnach zeigen die Beobachtungsdaten, dass sich die globale Erwärmung erheblich beschleunigt hat. „Die Daten folgen den pessimistischsten Vorhersagen“, sagt Richter. „Das ist schon dramatisch.“
Frank Böttcher, DMG-Vorsitzender und Veranstalter des Extremwetterkongresses, spricht von einem „extremen Sprung“ und von „Veränderungen in einer Dimension, die wir in der Menschheitsgeschichte noch nicht erlebt haben“. Es könne nicht mehr ausgeschlossen werden, dass bereits um das Jahr 2050 eine Erwärmung um drei Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau erreicht werde. „Wir sind zu schnell unterwegs“, sagt Böttcher. „Wir fliegen aus der Klimakurve.“
Schneller als das Worst-Case-Szenario
Ihren Befund, dass die globale Erwärmung in eine Phase der Beschleunigung eingetreten ist, begründen DMG und DPG mit einer Reihe von Beobachtungen. Seit ihrem Klimaaufruf von 1987 und dem ersten Bericht des Weltklimarats IPCC im Jahr 1990 sind die jährlichen CO2-Emissionen um 60 Prozent gestiegen. Jedes weitere halbe Grad an zusätzlicher Erwärmung wurde in immer kürzeren Zeiträumen erreicht.
Die zehn wärmsten Jahre seit 1881 traten alle seit dem Jahr 2000 auf. In den Jahren 2023 und 2024 wurde erstmals die 1,5-Grad-Grenze überschritten. Nicht nur bei den Lufttemperaturen zeigen sich neue Höchstwerte, sondern auch bei den Meerestemperaturen.

Gerade der starke Anstieg des Wärmegehalts der Ozeane beunruhigt die Forschenden. „Wir sind jetzt auf einem neuen Niveau, von dem wir nicht sicher sind, ob es ein Ausreißer ist oder ob wir diese extrem hohen Wassertemperaturen behalten werden“, sagt Frank Böttcher.
Die Folgen wären weitreichend. Denn bislang nehmen die Ozeane einen großen Teil der Erwärmung und des CO2 auf, wirken also wie ein Puffer. „Doch je höher die Wassertemperatur, desto kleiner wird der Puffer und desto schneller steigen die Temperaturen in der Atmosphäre an.“
Die Klimaentwicklung, warnen DMG und DPG in ihrem Aufruf, schreite schneller voran, als es das „Worst-Case-Szenario“ des sechsten Sachstandsberichts des IPCC im Jahr 2021 berechnet hat. Physikalisch betrachtet gebe es kein „Restbudget“ an CO2 mehr, das noch ausgestoßen werden kann, ohne die Pariser Klimaziele zu reißen. Bereits die aktuelle CO2-Konzentration in der Atmosphäre von rund 425 ppm wirke auf einen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um mehr als drei Grad hin, so das Papier.
Kritik, aber keine Entwarnung
Allerdings ist es bislang noch kein wissenschaftlicher Konsens, dass sich die globale Erwärmung beschleunigt hat. Fachleute, die nicht an dem Klimaaufruf beteiligt waren, formulieren deshalb Einwände, vor allem was das Ausmaß und Tempo der Beschleunigung betrifft, das DMG und DPG für möglich halten.
- Hier können Sie den Bericht weiterlesen >>
- Die Forschenden formulieren zehn Empfehlungen.
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Verena Kern) 2025 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden!