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Kraftwerksaschen gefährden das Grundwasser im Rheinland

Im rheinischen Braunkohlerevier entstehen nach Auskohlung der Tagebaue sogenannte rekultivierte Flächen, die zwar nicht die ursprünglich vorhandene Natur dieses Gebietes ersetzen, aber einen land- und forstwirtschaftlichen Neubeginn erkennen lassen. Der schöne Schein täuscht allerdings über das hinweg, was sich unterhalb vieler dieser Flächen verbirgt . Zum Auffüllen der Tagebaulöcher werden dort die toxischen Abfallstoffe, die bei der Braunkohleverstromung entstehen, verwendet. Im Nebeneffekt werden damit die ausgekohlten Tagebaue zu Schadstoffdeponien. Da nach Angaben des Kraftwerkebetreibers 99% der bei der Braunkohleverbrennung freigesetzten toxischen Schwermetalle herausgefiltert werden, macht dies eine Ablagerung der Stoffe in den Deponien erforderlich.

Als Bestandteil von Kohle wird nahezu das gesamte chemische Periodensystem mit in die Feuerungen eingebracht. Hier sind wegen ihrer toxischen Eigenschaften besonders zu nennen: Cadmium, Chrom, Blei, Nickel, Quecksilber, Zink, Kupfer. Hinzu kommen Arsen und Thallium.

In Zahlen ausgedrückt, beträgt die Schwermetallfracht p.a. rd. 2.500 t bei Aschen und Schlacken und rd.2.900 t bei Flugaschen (Daten Abfallanalysendatenbank ABANDA des LUA NRW).

Deren Kontaminierungspotential gefährdet, gemäß einer worst-case-Abschätzung des Öko-Instituts Darmstadt aus dem Jahre 1987, bis zu 5 Milliarden Kubikmeter Grundwasser (diese Zahl ist auch heute noch aktuell, da die Braunkohleverbrennung nicht zurückgefahren wurde). Die genannten Schwermetalle haben in geologischen Zeiträumen betrachtet eine Ewigkeitswirkung.

Ausgehend von dieser zeitlichen Dimension und dem beschriebenen gewaltigen Gefährdungspotential der Kraftwerksrückstände kommt daher nur eine Deponierung unter bestmöglichen Sicherheitsvorkehrungen infrage.

Die aktuell betriebenen Deponien und insbesondere die Altdeponien, welche ohne oder mit geringen Auflagen angelegt wurden, werden diesem Anspruch nicht gerecht.

Alle Deponieabsicherungen (sofern vorhanden) haben im Verhältnis zu der Ewigkeitswirkung der Schadstoffe nur eine minimale zeitliche Wirkung.

Die aktuellen Deponien überschreiten bereits jetzt die Zuordnungswerte der festgelegten Deponieklasse  (je nach betrachtetem Schadstoff 10- 30 % – Abfallanalysendatenbank s.o.). Die Altdeponien verfügen nicht über die nach der heutigen Deponieverordnung geforderten Absicherungen (ältere Deponien sind ohne jede Sicherung).

Diese Deponien werden zwangsläufig mit dem Grundwasser in Verbindung kommen. Nach Beendigung der Sümpfungmassnahmen (um den Tagebau trocken zu halten), wird das Grundwasser in Zeiträumen zwischen 80 und 100 Jahren wieder ansteigen. Dann wird es unweigerlich zu einer Kontaminierung des Wassers in großem Ausmaß kommen.

Die Deponien mit Kraftwerksrückständen liegen in einem stark erdbebengefährdetem Gebiet. Die registrierten Beben der Vergangenheit machen dies deutlich.

Ein „Stresstest“ in Zusammenhang mit der Lagerung von Atommüll in Jülich  hat den Aspekt von Erdbeben in dieser Region mit einbezogen. In Jülich wurde eine unzureichende Sicherung der Atommülllager gegen Erdbeben festgestellt. Die Deponien mit Kraftwerksrückständen sind trotz der von ihnen ausgehenden Gefahren nicht gegen Erdbeben gesichert.

Die Überwachung der Deponien mit Kraftwerksrückständen obliegt in NRW dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft,  Natur -und Verbraucherschutz und vordergründig der Bezirksregierung Arnsberg, Bergbehörde NRW ,Standort Düren.

Das Ministerium kommt zu einer anderen Wertung als das Öko-Institut und die wissenschaftliche Literatur der in den Deponien abgelagerten Stoffe. Es spricht von „gering belasteten Abfällen“  und verharmlost damit die toxische Wirkung der zuvor genannten Schwermetalle und deren Ewigkeitswirkung.

Die aktuell betriebenen Deponien werden gemäß einer eigens in NRW geltenden Deponieselbstüberwachungsverordnung vom Betreiber der Deponien überwacht.

Das Ministerium veranlasst lediglich alle 3 Jahre eine Überprüfung dieser Überwachung vor Ort. Diese erfolgt an nur einem Tag und das Überprüfungsprotokoll umfasst eine Seite. Ein ähnliches Überwachungsystem wird bei der Grundwasserüberprüfung angewendet. Dieses System der weitgehenden Selbstüberwachung ist somit wesentlich auf den Betreiber der Deponien zugeschnitten und somit ein „Lex RWE“.

Die meisten Altdeponien haben nach Angaben des Ministerium „wahrscheinlich keine Basisabdichtung“. In der selben Mitteilung führt es ferner aus: „“Es gibt zahlreiche Altablagerungen, so dass ich keine Information darüber habe wo im Rheinischen Braunkohlerevier Altablagerungen von Schlacken und Aschen aus Braunkohlekraftwerken sind.“ Damit nimmt das Ministerium tatenlos eine Kontaminierung des Grundwassers billigend in kauf (spätestens nach Wiederanstieg des Grundwasserspiegels).

Entsprechend der Deponieverordnung hat der Deponiebetreiber eine Sicherheitsleistung für die Nachsorge der Deponien zu erbringen. Deren Berechnungsgrundlage basiert auf einer mindestens 30zigjährigen Nachsorge.

Eine Nachfrage beim Ministerium zu der Sicherheitsleistung ist nachstehend chronologisch festgehalten:

  • 28.10.2013 das Ministerium teilt mit die Sicherheitsleistung werde von der Bezirksregierung festgelegt, deren Höhe könne aber wegen des Betriebsgeheimnisses nicht mitgeteilt werden.
  • 15.11.2013 das Ministerium beruft sich auf das Betriebsgeheimnis der RWE.
  • 21.11.2013 die Rechtsabteilung des Ministerium modifiziert das Betriebsgeheimnis und schlägt eine Einzelfallprüfung vor. Diese soll durch die Bezirksregierung Arnsberg erfolgen.
  • 17.11.2013 die Bezirksregierung Arnsberg teilt mit: „ Die Festlegung einer Sicherheitsleistung war und ist im Bergrecht für Großtagebaue bisher nicht üblich. Daraus entwickelte sich auch bei der Behörde das Selbstverständnis, dass für die KWR-Deponien auf Tagebaugelände gleichfalls die Sicherheitsleistung entfallen kann. Derzeit bin ich dabei, solche Sicherheitsleistungen nach §18 DepV im Verwaltungsverfahren festzulegen.“
  • 23.01.2014 die Bezirksregierung Arnsberg teilt konkrete Vorgaben für die Berechnung der Sicherheitsleistung mit : U.a. 10 bis 50 Euro/m2 für den Bau der Oberflächenabdichtung. Sie müsse allerdings dazu noch den Betreiber der Deponie anhören.
  • 10.02.2014 das Ministerium teilt mit: „….dass es für Kraftwerksreststoffdeponien….keine Sicherheitsleistungen nach Deponieverordnung gibt.“ Sie ließe sich gegenüber dem Deponiebetreiber wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch rechtlich nicht durchsetzen. Im weiteren beschreibt das Ministerium aber dann die genauen Zeiträume der Nachsorge im Sinne der Deponieverordnung.

Das Ministerium und die Bezirksregierung haben es offenbar in der Vergangenheit versäumt, die vorgeschriebene Sicherheitsleistung zu erheben und damit dem Deponiebetreiber einen finanziellen Vorteil verschafft.

Eine dahingehende Anfrage hat das Ministerium zunächst mit Hinweis auf das Betriebsgeheimnis (das gar nicht vorhanden war) abgeblockt. Nachdem nun die Bezirksregierung Arnsberg, wie angekündigt, den Betreiber informiert hat, rückt das Ministerium vollends von der Erhebung einer Sicherheitsleistung ab.

Damit würde der Betreiber der Deponien von erheblichen Rückstellungen für die Sicherheitsleistung befreit. Es ist wieder eine Hinwendung zum „Lex RWE“ erkennbar.

Vom Ministerium liegt noch keine Stellungnahme zur Gefahr einer Schädigung des Deponiekörpers durch Erdbeben vor. Die Bezirksregierung Arnsberg sieht  weder für Altanlagen noch für aktuelle Deponien eine Gefahr durch Erdbeben. Sie verweigert allerdings Auskunft darüber, ob sie dazu den landeseigenen Geologischen Dienst NRW befragt hat. Zitat:“ ….das Recht auf Akteneinsicht gesonderte behördliche Recherchen oder Ausarbeitungen nicht beinhaltet.“

Der Geologische Dienst teilt dazu mit, er werde im Allgemeinen in Verfahren zur Planung und Überprüfung von Projekten als Träger öffentlicher Belange von den Landesbehörden beauftragt. Im Regelfall wären dies Bezirksregierungen, die als Genehmigungsbehörden fungieren. Der Geologische Dienst gibt verständlicherweise keine Auskunft über seine Auftraggeber.

Das Verhalten der Bezirksregierung zu Erdbebensicherheit der Deponien, insbesondere die Auskunftsverweigerung hinsichtlich einer notwendigen Inanspruchnahme des landeseigenen Geologischen Dienstes, deutet darauf hin, dass es versäumt wurde, diesen Dienst, im Rahmen einer Risikoabwägung, einzuschalten. Durch dieses Verhalten erhöht sich das Risikopotential der Deponien wesentlich.

Das Zusammenwirken von Umweltministerium und Bezirksregierung ist offenbar nicht geeignet , den Grundwasserschutz der derzeitigen und der kommenden Generationen zu sichern. Es bestehen Sicherheitslücken, es werden Rechtsnormen übergangen und im Landesbetrieb vorhandener Sachverstand nicht abgeholt.

Die optisch reizvollen sogenannten rekultivierten Gebiete können nicht darüber hinwegtäuschen, dass in ihrem Untergrund eine Gefahr mit Ewigkeitsdauer lauert.

Für die Ewigkeitsschäden haftet der Verursacher, der dafür bisher nichts hinterlegt hat ! Wenn die „rekultivierten“ Flächen mitsamt der Deponie an die Allgemeinheit übergehen oder der Verursacher ausfällt, haftet (wieder einmal) der Bürger.

Quelle

Wilhelm Robertz 2014

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