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© Depositphotos | fotokostic | Jährlich werden auf einem Hektar Acker etwa neun Kilogramm Pflanzenschutzmittel eingesetzt.

Praktizierter Insektenschutz: BUND feiert bundesweit 500 pestizidfreie Kommunen

„Mit dem Verzicht auf Herbizide und andere chemisch-syntethischen Gifte leisten die pestizidfreien Städte und Gemeinden einen großen Beitrag für den Schutz von Mensch und Umwelt“.

Es summt und brummt immer weniger in unserem Land. Umso mehr freut sich der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) über bereits 500 Kommunen, die ganz oder teilweise pestizidfrei sind, also auf den Einsatz von Pestiziden verzichten. Gestartet ist das BUND-Projekt im Dezember 2017 mit nur 90 Kommunen. Den rasanten Anstieg der Gemeinden, die Insektenschutz praktizieren, wertet der BUND als Erfolg vor Ort und sieht darin gleichzeitig einen Handlungsauftrag für die amtierende Bundesregierung.

„Mit dem Verzicht auf Herbizide und andere chemisch-syntethischen Gifte leisten die pestizidfreien Städte und Gemeinden einen großen Beitrag für den Schutz von Mensch und Umwelt“, lobt Corinna Hölzel, BUND-Pestizidexpertin und Leiterin des Projekts ‚Pestizidfreie Kommune‘ die Entscheidungen vor Ort. „Damit wird in vielen Kommunen umgesetzt, was die Menschen wollen: Insekten- und Artenschutz jetzt.“ Im Rahmen des BUND-Projektes registriert Hölzel seit Monaten, dass sich bundesweit bei Kommunalverwaltung und bei der Kommunalpolitik die Sorge über die Zukunft von Tier- und Pflanzenarten breitmacht und ein Umdenken einsetzt. „Gifte haben in unseren Kommunen nichts zu suchen, erfüllen unsere Städte und Gemeinden doch viele wichtige Funktionen: Sie sind Lebensraum und Spielplatz, Orte der Erholung und Umweltbildung, Rückzugsgebiete für bedrohte Insekten wie Wildbienen und Produktionsstätten für viele Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Honig“, so Hölzel weiter.

Wie wichtig ein Umdenken bei dem oftmals sorglosen Einsatz von Herbiziden ist, untermauert das im Mai 2019 vom Weltbiodiversitätsrat vorgestellte Gutachten, wonach das Artensterben dramatischer denn je ist. Hölzel: „Insekten bilden die Grundlage für unser Ökosystem und sind unverzichtbar für die Lebensmittelproduktion. Deshalb gilt: Beim Insektenschutz müssen alle an einem Strang ziehen.“ So wichtig und wegweisend der Einsatz in den Gemeinden vor Ort sei, dürfe die Verantwortung nicht den Kommunen allein überlassen werden. „Hauptakteur ist die Bundesregierung, sie muss nun schnell und umgehend Maßnahmen zum Schutz der Insekten ergreifen“, mahnt Hölzel. „Noch vor der Sommerpause muss ein Aktionsplan Insektenschutz verabschiedet werden, der unsere Insektenvielfalt wirkungsvoll schützt. Wir fordern Bundeskanzlerin Merkel auf, tätig zu werden und die Blockade des Agrarministeriums zu durchbrechen.“

Oftmals wird die Entscheidung einer Kommune, pestizidfrei zu werden, durch insektenfreundliche Projekte begleitet. „Gemeinden die beispielsweise auf den Einsatz von Glyphosat auf Wegen und Spielplätzen verzichten wandeln Rasenflächen mit heimischem Saatgut in mehrjährige Blühwiesen um“, erläutert die BUND-Pestizidexpertin. „Aber auch auf den landwirtschaftlichen Flächen, die in kommunalem Eigentum sind, besteht Handlungsbedarf. Immer häufiger nehmen die Kommunen deshalb Klauseln in die Pachtverträge auf, die den Einsatz von Pestiziden verbieten oder reduzieren. Großes Potential für Insekten besteht auch auf den öffentlichen Flächen entlang von Feldwegen und Straßen.“

Die Alternativen zum Einsatz von Ackergiften sind vorhanden. „In der Landwirtschaft, in den Kommunen und in Hobbygärten gibt es umweltfreundlichen Ersatz sowohl für Herbizide, wie Glyphosat, als auch für Insektizide wie Neonikotinoide oder Fungizide“, so Hölzel. „Thermische oder mechanische Verfahren, stärkende Pflanzenjauchen, resistente standortheimische Pflanzen, mechanische Entfernung von Schadinsekten oder auch das seit jeher praktizierte Jäten sorgen für Erfolg. Blütenpracht, Verkehrssicherheit und reiche Ernten – ohne dabei nützliche Insekten wie Bienen, Wildbienen und Schmetterlinge zu gefährden – sind möglich. Blütenreich und ohne Gift – das sollte das Motto aller Städte und Gemeinden sein“, erklärt die Pestizidexpertin abschließend und verbindet damit die Hoffnung des Umweltverbandes, weitere Gemeinden für das Projekt gewinnen zu können.

Hintergrund
Chemisch-synthetische Pestizide werden produziert und eingesetzt, um Beikräuter oder ungewünschte Insekten zu vernichten. Sie töten jedoch nicht nur diese Zielorganismen, sondern schädigen auch Nützlinge wie Bienen, Schmetterlinge und Wildkräuter, die wichtige Nahrungsquellen für Insekten sind. Das Insektensterben gefährdet wiederum andere Tierarten, die sich von den Insekten ernähren, und beeinträchtigt die Lebensmittelproduktion für den Menschen. Rund zwei Drittel der Kulturpflanzen sind auf Bestäuber angewiesen. Der monetäre Wert der Insekten-Bestäuberleistung in Europa beträgt zurzeit etwa 22 Milliarden Euro pro Jahr.

Eine Beschlussvorlage für den Gemeinderat sowie eine interaktive Karte mit allen pestizidfreien Städten und Gemeinden

BUND-Umfrage zum Insektensterben

Die BUND Insekten-Kampagne „Lass brummen! Eine Zukunft für Insekten“ hat am 1. Juli einen Eilappell an Bundeskanzlerin Merkel gestartet und fordert von ihr, dass sie ihre Richtlinienkompetenz nutzt und den Schutz der Insekten höchstpersönlich in die Hand nimmt. Nach nur gut 24 Stunden und trotz Sommerferien in mehreren Bundesländern haben sich bereits über 24.000 Menschen an die Bundeskanzlerin gewendet

Quelle

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) 2019

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