Warum die frühe Erde kein Schneeball war
In der Frühgeschichte des Planeten Erde strahlte die Sonne etwa 25 Prozent weniger hell als heute. Dennoch gibt es Hinweise dafür, dass die Oberfläche ihrer Ozeane nicht komplett zugefroren war. Die offensichtlichste Erklärung für dieses berühmte „Paradoxon der schwachen jungen Sonne“ scheinen hohe Konzentrationen von erwärmenden Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) zu sein.
Mit Computersimulationen hat ein Team von Wissenschaftlern des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) untersucht, wie viel CO2 in der Atmosphäre enthalten sein musste, um die junge Erde nicht in einen „Schneeball-Zustand“ fallen zu lassen. Die nötige Menge ist höher als bislang gedacht, so das Ergebnis ihrer jetzt im Fachmagazin „Geophysical Research Letters“ veröffentlichten Studie. Die Ergebnisse helfen, die Umwelt der frühen Erde in einer Zeit besser zu verstehen, als das erste Leben auf unserem Planeten entstand.
„Erstmals präsentieren wir umfassende dreidimensionale Computersimulationen des Klimas im Archaikum“, sagt Erstautor Hendrik Kienert. In der 4,54 Milliarden Jahre langen Geschichte der Erde bezeichnet das Archaikum (vor 3,8-2,5 Milliarden Jahren) ein Zeitalter in dem nur kleine Kontinente auf der hauptsächlich von Ozeanen bedeckten Erde existierten, die von einer deutlich schwächeren Sonne erhellt wurde. „Unseren Ergebnissen zufolge muss der Kohlendioxid-Gehalt im frühen Archaikum 1.400 mal höher als in vor-industrieller Zeit gewesen sein, um zu verhindern, dass die Erde komplett zufriert, also in einen Schneeball-Zustand fällt“, sagt Kienert. Das ist deutlich mehr als vorherige Abschätzungen, die eine nur 200 mal höhere CO2-Konzentration ergeben haben.
„Im Gegensatz zu bisherigen Simulationen, die die Effekte bestimmter Treibhausgasmengen auf die Temperatur untersucht haben, bezieht unser Modell auch Prozesse wie die Meereis-Albedo Rückkopplung und die höhere Rotationsgeschwindigkeit der frühen Erde mit ein“, sagt Ko-Autor Georg Feulner. Dies ist wichtig, weil Meereis Sonnenlicht zurück ins All reflektiert und so die Energieaufnahme der Erde vermindert. Die Rotationsgeschwindigkeit des Planeten hat zudem Auswirkungen auf den Wärmetransport vom Äquator zu den Polen und damit wiederum auf die Ausdehnung des Meereises. Vorangegangene Studien basierten auf eindimensionalen Simulationen und haben diese Aspekte nicht mit einbezogen.
„Selbst wenn wir Unsicherheiten wie zum Beispiel Ort und Größe der Kontinente berücksichtigen, liegen die kritischen CO2-Mengen deutlich über denen vorheriger Modellrechnungen“, sagt Ko-Autor Vladimir Petoukhov. Es wird vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse schwieriger, das „Paradoxon der schwachen jungen Sonne“ für das späte Archaikum zu lösen. Neue geochemische Daten weisen für diese Zeit auf eine Obergrenze für mögliche CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre hin, es müssen deshalb andere Treibhausgase wie Methan zur Erwärmung beigetragen haben.
Die aktuelle Studie ist Teil des PIK-Projekts „Ancient Climates on Earth (ACE)“, das Klima-Rätsel in früheren Epochen der Erdgeschichte erforscht. „Das Paradoxon der schwachen jungen Sonne ist seit seiner Entdeckung vor vier Jahrzehnten eine der großen offenen Fragen der Paläoklimatologie“, sagt Feulner. „Unsere Studie trägt dazu bei, das Klima der frühen Erde besser zu verstehen und ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer Lösung“.
Quelle
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung 2012