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Wasserwirtschaft kritisiert massive Verzögerung bei Nitrat-Reduzierung

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hält auch den neuen Entwurf der Dünge-Verordnung und den Entwurf für ein Dünge-Gesetz für ungeeignet, das Problem der Nitratbelastungen wirksam zu reduzieren.

Zugleich kritisiert der Verband die erhebliche Verzögerung bei der Umsetzung der Novelle. „Trotz der intensiven Diskussionen und trotz des laufenden EU-Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland erleben wir eine seit Monaten andauernde politische Blockade“, sagte Jörg Simon, BDEW-Vizepräsident Wasser/Abwasser heute in Berlin.

Die Verzögerungstaktik zeige sich an vielen Stellen im neuen Verordnungs-Entwurf: Statt endlich konkrete Schritte zur wirksamen Nitrat-Reduzierung festzulegen, soll laut neuem Entwurf erst eine Bund-Länder-Gruppe klären, wie die Stickstoffbelastungen ermittelt werden und wie viel Düngung künftig erlaubt werden soll. „Erst wenn diese Klärung gelungen ist, soll dies irgendwann in der Zukunft mit einer weiteren Novellierung der Düngeverordnung oder vielleicht auch einer Rechtsverordnung rechtlich verpflichtend festgelegt werden. Eine Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie würde so frühestens in fünf bis zehn Jahren beginnen. Damit würde die Bekämpfung der Nitratbelastung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertagt. Der BDEW fordert daher das Bundeslandwirtschaftsministerium auf, die Festlegung der Hoftorbilanz in dem jetzigen Entwurf zu regeln und die Umsetzung nicht noch länger hinauszuschieben“, sagte Simon.

Darüber hinaus beginnen die zuständigen Behörden erst jetzt mit der Klärung, welche Aktionsprogramme wo und welche Maßnahmen an den hoch mit Nitrat belasteten Stellen durchgeführt werden sollen. Erst wenn diese Vorgehensweise bundeseinheitlich geregelt ist, sollen Maßnahmen durchgeführt werden. Der Entwurf würde es den Landwirten außerdem ermöglichen, über theoretisch angenommene Dünger-Verluste die zulässige Dünger-Menge um teilweise über 50 Prozent zu erhöhen. „Hinzu kommt: Es fehlt nach wie vor ein Bußgeldkatalog. Wer überdüngt, bekommt lediglich eine Belehrung. Das ist absolut unzureichend. Ein Überschreiten der erlaubten Mengen sollte ordnungsrechtlich sanktioniert werden.“

Das Verursacher- und Vorsorgeprinzip muss aus Sicht der Wasserwirtschaft auch beim Thema Medikamentenrückstände deutlich gestärkt werden. „Die richtige Entsorgung von Medikamenten wird vor dem Hintergrund eines stetig zunehmenden Medikamentenkonsums immer wichtiger. Durch fehlende Regelungen zur fachgerechten Entsorgung und daraus folgende Einträge in die Umwelt können auch die Gewässerressourcen für die Trinkwassergewinnung betroffen sein. Dies sollte vermieden werden. Wir fordern daher eine verpflichtende Einführung eines bundesweit einheitlichen Sammel- bzw. Rücknahmesystems für Altmedikamente. Dabei sollte unter Beachtung des Vorsorgegrundsatzes die Rücknahme von Altmedikamenten so leicht wie möglich gemacht werden. Und wir fordern eine Verankerung der fachgerechten Entsorgung im Arzneimittelgesetz mit Produktverantwortung der Hersteller und damit die Umsetzung europäischen Rechts (Artikel 127 B der EU-Richtlinie 2004/27/EG). Insgesamt braucht Deutschland eine neue Arzneimittelstrategie, damit bei Herstellung bzw. Zulassung die ökologische Abbaubarkeit von Arzneimitteln gleichrangig berücksichtigt wird.“

Simon mahnte zudem einen differenzierten Ansatz beim Thema Breitbandkabel-Ausbau in Deutschland an. Der BDEW unterstütze grundsätzlich die Initiativen der EU zum Breitbandkabelausbau in Deutschland. Zahlreiche Mitgliedsunternehmen leisteten hierzu bereits einen wichtigen Beitrag. Aber: „Die Nutzung von Abwasserkanälen zur Verlegung solcher Kabel lehnen wir ab. Die Verlegung von Kabeln in Abwasserleitungen kann erhebliche technisch-chemische Probleme nach sich ziehen: Chemische Reaktionsprozesse an den Kabeln wären unvermeidbar: Durch die Abwasserinhaltsstoffe können Korrosionen oder andere Defekte an den Kabeln auftreten. Das kann einen störungslosen Breitband-Betrieb verhindern. Völlig ungeklärt ist die Frage, wie eine notwendige Erneuerung oder Sanierung – also Bauarbeiten – der Kanäle ohne Beeinträchtigung der Breitbandkabel durchgeführt werden könnte. Das ständig anfallende Abwasser muss jederzeit in erster Linie im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung sicher entsorgt werden können. Die Wasserwirtschaft im BDEW fordert daher, eine zwangsweise Verlegung der Breitbandkabel in Abwassernetze auszuschließen. Breitbandkabel im Abwassernetz dürfen nicht zur Pflicht werden. Beim Breitbandausbau muss der Gesundheitsschutz der Bevölkerung oberste Priorität haben.“

Quelle

Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) 2015

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