BDEW-Diskussionspapier: Resilienz in der Energiewirtschaft
Abhängigkeiten reduzieren, lokale Potenziale nutzen.
Eine klimaneutrale Energieversorgung wird Deutschland in Zukunft unabhängiger von Energieimporten machen. Der Weg dorthin ist aber ebenfalls in hohem Maße rohstoffintensiv: Für die Errichtung von Windenergieanlagen, PV-Anlagen und Netzen, aber auch für IT-Komponenten, Batterien und Elektrolyseure werden Rohstoffe und Vorprodukte benötigt, die zunehmend außerhalb der westlichen Welt abgebaut und verarbeitet werden.
Hier lässt sich heute schon eine Konzentration auf wenige bestimmende Akteure, vor allem China, feststellen. Die kann in ausgewählten Bereichen zu bedenklichen oder kritischen Abhängigkeiten führen. Wenn Deutschland und Europa handlungsfähig bleiben wollen, müssen sie ihre Resilienz durch gezielte Maßnahmen stärken. Der BDEW hat vor diesem Hintergrund das Diskussionspapier „Resilienz in der Energiewirtschaft“ erstellt, das den Status Quo abbildet und mögliche Handlungsoptionen aufzeigt.
Europa ist schon heute mit Blick auf einzelne Technologien, die für die Energiewende von entscheidender Bedeutung sind, stark von einzelnen Lieferländern abhängig. Das wird besonders mit Blick auf die Photovoltaik deutlich. Hier ist China auf allen Wertschöpfungsstufen dominant. Aber auch bei Permanent-Magneten für Windturbinen und Elektroantriebe, bei Fahrzeug- und Großspeicherbatterien sowie bei Kabeln und Steuerungstechnik werden große Teile der Wertschöpfungskette von China kontrolliert.
„Wenn wir strategische Souveränität für die Energiewende erreichen wollen, müssen wir bereit sein, dafür eine Art Versicherungsprämie zu zahlen,“ erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Das Spektrum der Möglichkeiten ist groß. Es reicht von local-content-Vorschriften über gezielte Investitionsförderungen bis zu strategischen Rohstoffpartnerschaften. Auch die Einrichtung einer europäischen Rohstoffbank, die wichtige Rohstoffe antizyklisch einkauft, könnte hilfreich sein. Auch eine Wiederbelebung der Rohstoffförderung in Europa und eine konsequente Ausrichtung auf eine auf Recycling und Reparaturfähigkeit basierenden Kreislaufwirtschaft können wichtige Beiträge zur Erhöhung der Resilienz leisten.“
Die Erlangung von Souveränität durch Resilienz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabenstellung, deren Bedeutung weit über die Versorgungsbelange der Energiewirtschaft hinausgeht. Entsprechend sollten die Kosten auch nicht allein von der Energiewirtschaft und deren Kunden getragen werden, sondern im Rahmen einer gesamtgesellschaftlichen Versicherungslösung solidarisch verteilt werden.
Ein konkreter strategischer Ansatz wäre, einen kritischen Anteil der Wertschöpfung entlang aller Wertschöpfungsstufen in Europa zu verankern. Dazu gehört neben dem Zugriff auf knappe Rohstoffe unter anderem auch das Beherrschen der sich rasant entwickelnden Technologien oder die Sicherung von Patenten. Der Anteil sollte so konzipiert sein, dass er im Krisenfall als Sprungbrett für eine rasche Hochskalierung der Produktion dienen kann. So lassen sich gleichzeitig die Kosten für eine solche gesamtgesellschaftliche Versicherung rechtfertigen und Akzeptanz gewinnen.
- Das BDEW-Diskussionspapier „Resilienz in der Energiewirtschaft“ finden Sie hier.