Charité ließ sich von Coca-Cola mit einer Million Euro sponsern
Die Berliner Uni-Klinik Charité hat sich über fünf Jahre mit insgesamt einer Million Euro von Coca-Cola sponsern lassen – foodwatch fordert Stopp der Kooperation mit Softdrink-Konzern.
Die Berliner Charité hat sich über fünf Jahre mit insgesamt einer Million Euro von Coca-Cola sponsern lassen. Der Soft-Drink-Konzern finanzierte ausgerechnet Forschungsprojekte und eine Plattform zum Thema Herzerkrankungen – für deren Entstehung zuckerhaltige Getränke mitverantwortlich sind. Das geht aus einer Aufstellung von Coca-Colas so genannten „Gesundheitspartnerschaften“ hervor, die das Unternehmen nach Aufforderung der Verbraucherorganisation foodwatch offengelegt hat. Demnach hat Coca-Cola zwischen 2010 und 2015 allein in Deutschland knapp 7,5 Millionen Euro investiert, um sich als Förderer von Gesundheit, ausgewogener Ernährung und Bewegung zu präsentieren.
Die von Coca-Cola gestartete Initiative „Hör auf dein Herz“, die eine Prävention von Herz-Kreislauferkrankungen bei Frauen als Ziel nennt, wirbt bis heute prominent mit der Kardiologin Prof. Dr. Vera Regitz-Zagrosek als Partnerin. Die Direktorin des Charité-Institutes für Geschlechterforschung in der Medizin tritt beispielsweise in einer Pressemitteilung der Initiative auf, in der sich Coca-Cola rühmt, sich „für einen aktiven und gesunden Lebensstil zu engagieren“. foodwatch forderte die Charité auf, jegliche „Partnerschaft“ mit Coca-Cola für die Zukunft auszuschließen sowie auch den Ärztinnen und Ärzten der Klinik Kooperationen mit dem Limo-Hersteller zu untersagen. Unter www.charite.foodwatch.de startete foodwatch eine E-Mail-Protestaktion.
„Zuckergetränke wie Coca-Cola sind mitverantwortlich für den weltweiten Anstieg von Übergewicht und chronischen Krankheiten, Herzinfarkte inklusive“, erklärte Oliver Huizinga, Experte für Lebensmittelmarketing bei foodwatch. „Coca-Cola betreibt mit Geldspritzen für Forschungseinrichtungen und Sportprojekte einen millionenschweren Ablasshandel. Die Charité lässt sich vor den Werbekarren des Konzerns spannen und präsentiert Coca-Cola damit als Teil der Lösung statt als Teil des Problems – damit muss Schluss sein!“
Coca-Cola hatte im Dezember auf eine Aufforderung von foodwatch, alle Zuwendungen an Wissenschaftler und Gesundheitsprojekte in Deutschland offenzulegen, reagiert und eine Liste über seine „Gesundheitspartnerschaften“ ins Internet gestellt – versteckt in einem Blogbeitrag auf der Webseite des Unternehmens. Daraus wird ersichtlich, dass Coca-Cola im Zeitraum von 2010 bis 2015 insgesamt fast 7,5 Millionen Euro (7.471.999 Euro) im Bereich Gesundheit, Ernährung und Bewegung investiert hat, davon knapp 1,5 Millionen (1.402.546 Euro) für Forschung. An 23 Organisationen und Forschungseinrichtungen flossen Gelder, unter anderem an das Deutsche Kinderhilfswerk, die Universität Paderborn oder den Deutschen Olympischen Sportbund. Einer der größten Empfänger: die Charité Berlin. Coca-Cola überwies ingesamt 1.002.000 Euro für Forschung zur Herzgesundheit bei Frauen an das Charité-Institut für Geschlechterforschung in der Medizin.
„Ein schlechter Witz: Ausgerechnet der größte Limo-Produzent der Welt will Frauen über die Vorsorge von Herz-Kreislauferkrankungen aufklären“, so Oliver Huizinga von foodwatch. „Softdrinks wie Coca-Cola fördern selbst Übergewicht, Diabetes und auch Herzerkrankungen. Doch diese Debatte über die eigene Verantwortung will Coca-Cola unbedingt vermeiden. Die Charité darf da nicht länger mitspielen.“
Auch in anderen EU-Ländern tritt Coca-Cola als vermeintlich uneigennütziger Sponsor in Erscheinung. In Frankreich finanziert der Konzern ausgerechnet die Diabetesgesellschaft (Fédération Française des Diabétiques), in Großbritannien die British Nutrition Foundation. In den USA sorgte insbesondere der Geldfluss an die Universität Colorado Denver zur Errichtung des „Global Energy Balance Network“ für erhebliche Kritik – die Hochschule zahlte daraufhin eine Million US-Dollar an Coca-Cola zurück. Das Global Energy Balance Network stellte im Dezember 2015 den Betrieb ein – laut Internetseite aufgrund fehlender Mittel.
Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) bei Kindern sowie Erwachsenen haben in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch zugenommen. Adipositas wird inzwischen als das am schnellsten wachsende Gesundheitsproblem eingestuft. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sprechen in diesem Zusammenhang von einer globalen „Adipositas-Epidemie“. Gesundheitsexperten schreiben zuckerhaltigen Getränken eine besondere Rolle in dieser Entwicklung zu. Der Konsum dieser Getränke fördert nachweislich die Entstehung von Übergewicht sowie Diabetes Typ II und wird zudem mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarke in Verbindung gebracht.