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AE Solar | Factory China

© AE Solar | Factory China | Diese Solarfabrik in China gehört einem bayerischen Unternehmen, die meisten haben chinesische Eigentümer.

Europas Solarbranche: Abhängig von Chinas Sonne

Ohne Asien läuft beim Ausbau der Photovoltaik kaum etwas – dabei waren es deutsche Unternehmen, die der Solarindustrie zum globalen Durchbruch verhalfen. Fachleute fordern, massiv in den Aufbau einer europäischen Fertigung zu investieren.

Putin hat mit seinem Ukraine-Krieg unfreiwillig einen Schub für die Energiepolitik erzeugt. Deutschland und die Europäische Union setzen alle möglichen Hebel in Bewegung, um von Kohle, Erdöl und Erdgas aus Russland unabhängig zu werden.

Klar ist dabei: Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss forciert werden, und die Bundesregierung stellt dafür mit ihrem „Osterpaket“ die Weichen.

Doch gerade mit dem Bau von Solaranlagen im Multi-Gigawatt-Maßstab droht eine neue Abhängigkeit – nämlich von China. Um das zu verhindern, muss in Europa wieder eine eigene Solarindustrie entstehen. Initiativen dazu gibt es.

Ohne China läuft kaum etwas: Wenn Privatleute sich heute eine Solaranlage für Strom aufs Hausdach schrauben lassen oder ein Energiekonzern ein großes Photovoltaik-Kraftwerk baut, dann kommen zumeist Produkte von dort zum Einsatz. Der zentralistisch regierte Staat dominiert den Weltmarkt für Solarzellen und -module. Rund zwei Drittel der heute standardmäßig eingesetzten Silizium-Solarzellen sind „made in China „.

Asien insgesamt, inklusive der weiteren Herstellerländer Japan, Malaysia, Südkorea und Vietnam, erreicht sogar einen Anteil von 95 Prozent. Größere Solarproduzenten gibt es ansonsten nur in Nordamerika. Europa kommt auf beschämend geringe 0,4 Prozent Marktanteil.

Dabei sind es deutsche Unternehmen gewesen, die der Solarindustrie zum globalen Erfolg verhalfen. Firmen wie Solarworld, Q-Cells und Centrotherm dominierten den Markt in den 2000er Jahren, nachdem die damalige rot-grüne Bundesregierung mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eine kostendeckende Vergütung für den Sonnenstrom eingeführt hatte.

Die Photovoltaik-Industrie begann rasant zu wachsen, und auch ausländische Mitbewerber stiegen in die Märkte ein – vor allem aus China. Sie produzierten preiswerter als die heimischen Hersteller, dank Staatshilfen, niedriger Arbeitslöhne, billigerer Energie und größerer Fabriken.

Hinzu kam, dass die Merkel-Regierungen den Solarausbau nach 2012 drastisch herunterbremsten. Die deutsche Solarindustrie verschwand fast komplett, rund 80.000 Jobs gingen verloren.

„Ohne China keine Energiewende“

Nun, da die Solarpläne nicht nur in Deutschland, sondern weltweit stark anziehen, droht Chinas Bedeutung für deren Umsetzung sogar noch größer zu werden. „Ohne das Reich der Mitte ist die globale Energiewende derzeit nicht machbar“, sagt der Berliner Energieforscher Volker Quaschning. Das Land sei in der Lage, neue Mega-Solarfabriken innerhalb von einem oder anderthalb Jahren aus dem Boden zu stampfen.

Ein solches Tempo scheint auch notwendig. Im vergangenen Jahr wurden weltweit Solaranlagen mit gut 180 Gigawatt Nennleistung installiert, für dieses Jahr erwarten Experten bereits, dass diese Marke um 50 Gigawatt übertroffen wird. Für 2030 gehen manche Prognosen sogar bis auf 1.000 Gigawatt.

Bei der Vorstellung, dass diese gigantischen Modul-Mengen zum größten Teil aus China kommen würden, gehen die Warnlampen an. Dazu muss man nicht einmal das Extremszenario eines Wirtschaftsembargos wie im Falle Russlands bemühen. Dazu könnte der Westen greifen, falls China das von ihm als abtrünnige Provinz betrachtete Taiwan mit Militär annektieren würde.

Europa, die USA und andere westliche Industriestaaten wären generell nicht gut beraten, wenn sie sich beim Ausbau eines zentralen Pfeilers der Energieversorgung vom Pekinger Goodwill abhängig machen würden.

China könnte ihnen zwar nicht den Solarstrom aus bereits installierten Solarmodulen abschalten (wie Russland die Erdgas-Lieferungen), aber ihre Energiewende-Pläne doch torpedieren. Quaschning sagt: „Ich rate dringend, die Solarproduktion in Deutschland und in der EU hochzufahren.“

Es gibt zwar erste Ansätze zur Reanimation der europäischen Solarindustrie. So hat das schweizerische Unternehmen Meyer Burger in Sachsen eine Zell- und Modulfabrik für in der Endstufe jährlich 1,4 Gigawatt Nennleistung aufgebaut, zum Teil in der alten Solarworld-Produktionsstätte. Andere Firmen planen Fabriken ebenfalls in Deutschland, aber auch in Frankreich, den Niederlanden, Spanien, Polen und Rumänien.

Allerdings reichen die geplanten Kapazitäten auch bei einer erfolgreichen Umsetzung bei Weitem noch nicht aus, den absehbaren Bedarf in Europa zu decken.

Neuartige Solarzellen in Europa produzieren

Der renommierte Solarforscher Eicke Weber hält es für angezeigt, rund zwei Drittel des künftigen Bedarfs in der EU auch dort zu produzieren und nur noch den Rest zu importieren. „In fünf Jahren wird die jährliche Installation in der EU nach Prognosen von heute 20 auf 50 Gigawatt angestiegen sein“, erläutert er. „35 Gigawatt sollten auch hier produziert werden. Dazu brauchen wir mindestens zwei oder drei richtig große Solarfabriken.“

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Joachim Wille) 2022 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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