Jung und solidarisch: Gemeinschaftlicher Selbstbau von Solaranlagen
In Zeiten knapper Handwerksressourcen ist Selberbauen eine verlockende Alternative – besonders wenn es dabei solidarisch zugeht und Profis von Anfang bis Ende die Projekte steuern. Zwei Initiativen machen hierfür das passende Angebot.
Wer in Kassel oder Bremen beim Bau seiner eigenen Solaranlage selbst Hand anlegen will und sich für Arbeiten und Finanzieren in gemeinschaftlichen Strukturen begeistern kann, der hat gute Chancen, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen.
In Kassel ist es die als Verein organisierte SoLocal Energy, die bereits acht Projekt im Selbstbau verwirklicht hat. In Bremen ist es die ebenfalls als Verein organisierte Bremer Solidarstrom, die sich dem Solar-Selbstbau verschrieben hat. Klar, eine Solaranlage ist keine Bastelarbeit – aber die Konzepte und verwirklichten Projekte zeigen, dass es funktionieren kann.
Die Anfänge der Initiative reichen ein paar Jahre zurück. Eine Handvoll Studierende verschiedenster Studiengänge war sich darüber einig, nach dem Studium nicht in einem großen Unternehmen arbeiten zu wollen, sondern selbst etwas auf die Beine zu stellen und sich kollektiv zu organisieren.
Nach dem Studium kam dann ein Gründungsstipendium vom Land Hessen zur rechten Zeit. „Wir haben uns beworben. Damals war die Idee, das Energy Sharing mit einer digitalen Plattform zu erleichtern. Wir erhielten das Stipendium, mussten aber feststellen, dass das Energy Sharing noch gar nicht so weit war. Es fehlten – und fehlen jetzt zweieinhalb Jahre später immer noch – die gesetzlichen Rahmenbedingungen.“
2020 gab es für einige Monate die Gründungsförderung und die Gruppe suchte nach einer sinnvollen Geschäftsidee für das hier und heute. „Mit einem Rundum-Sorglospaket bauten wir Vertrieb und Beratung von Balkon-Modulen auf. Dieses Standbein haben wir immer noch, mit dem Lastenrad liefern wir aus und installieren auch auf Wunsch im Stadtgebiet Kassel“, berichtet Kerstin Lopau, eine der Gründerinnen und Ingenieurin für Erneuerbare Energien. Aber die studierten Solar-Enthusiasten merkten schnell, dass sie mehr bewegen wollen – und so kam es zur Selbstbau-Initiative.
Auch die solidarische Landwirtschaft stand Modell
Die Schweizer Initiative Selbstbau war Vorbild, allerdings hat diese ein strenges Stundentauschmodell. Als Mitstreiter und Ideengeber kam Christian Gutsche vom Bremer Solidarstrom hinzu. „Anders als bei unserem schweizerischen Vorbild, wollten wir den kollektiven und solidarischen Gedanken stark berücksichtigen. Wir kannten die solidarische Landwirtschaft und haben uns auch an diesen Modellen orientiert. Wir wollten die SoLaWi-Prinzipien auf den Energiebereich übertragen“, erzählt Lopau und verweist auf das CSX-Netzwerk, das sich der Übertragung der Prinzipien der solidarischen Landwirtschaft auf andere Wirtschaftsbereiche verschrieben hat. Die Abkürzung steht für Community Supported Everything.
Aus diesen verschiedenen Inputs wurde das Kasseler Modell des gemeinschaftlichen solidarischen Selbstbaus entwickelt. Das Modell zu gestalten hat etwas Zeit gebraucht. Jetzt steht es: Es werden Gruppen von sechs bis acht Menschen gebildet, die eine Solaranlage errichten wollen. Jede:r ernsthafte Interessent:in erhält ein individuelles Angebot für das jeweilige Dach.
Von der Größe her gibt es keine Einschränkungen, allerdings darf die Dachneigung maximal 30 Grad betragen – um die Sicherheit bei den Installationsarbeiten gewährleisten zu können. Für die Bietrunde werden alle Kosten für Planung, Material und Bauleitung als Summe zusammengerechnet und da jeder weiß, was er zahlen müsste, wenn er seine Anlage ohne Gemeinschaft errichten würde, gibt es auch einen individuellen Richtwert.
Alle in der Gruppe versammelten Menschen sagen dann, welche Geldsumme sie in den Topf zu geben wollen. Das kann offen oder anonym geschehen, die Bieter können mehr oder weniger in den Topf geben, je nach finanzieller Situation. Kommt die notwendige Finanzierung nicht zustande, gibt es Stellschrauben. Beispielsweise kann eine Anlage kleiner als ursprünglich geplant werden.
„Denn der Ansatz von SoLocal Energy ist, die Anlagen auf das technische Optimum hin zu planen, also die Dächer möglichst voll zu machen“, erklärt Lopau. Reichen dann die finanziellen Mittel nicht, werden eine oder mehrere Anlagen kleiner geplant.
- SoLocal Energy
- Bremer SolidarStrom
- Schweizer Initiative Selbstbau
- Hier können Sie den Bericht weiterlesen
Quelle
Der Bericht wurde von der Redaktion “energiezukunft“ (Petra Franke) 2022 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden! | energiezukunft | Heft 33/2022 | „Ressourcen schonen, Kreisläufe nutzen“ | Jetzt lesen | Download