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So gelingt Klimaschutz in Asien

Das MCC ermittelt für acht wichtige Schwellenländer die Belastungswirkungen von CO2-Bepreisung – als Ansatzpunkt für maßgeschneiderte Politik mit sozialem Ausgleich.

Die EU und die USA bis 2050 treibhausgasneutral, selbst China bis 2060 CO2-neutral: Ob diese Ankündigungen reichen, ein wirklich weltumspannendes Vorgehen gegen die Erderhitzung in Gang zu setzen, das hängt ganz wesentlich von asiatischen Schwellenländern ab. Wie ließe sich dort CO2-Bepreisung als Leitinstrument der Klimapolitik etablieren? Eine umfassende, empirisch gestützte Grundlage für entsprechende Entwicklungspfade liefert jetzt das Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change). Die Studie wurde in der renommierten Fachzeitschrift Nature Sustainability veröffentlicht.

Das Forschungsteam untersuchte acht Länder, die aktuell für 73 Prozent der globalen „Kohle-Pipeline“ außerhalb Chinas stehen: Sie bauen oder planen also besonders viele CO2-intensive Kohlekraftwerke, was dem Kampf gegen die Klimakrise zuwiderläuft. Es sind, nach Bevölkerung geordnet: Indien, Indonesien, Pakistan, Bangladesch, die Philippinen, Vietnam, die Türkei und Thailand. „Wir wollten wissen, wie sich eine CO2-Bepreisung in diesen Ländern auf die privaten Haushalte auswirken würde“, erklärt Jan Steckel, Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Klimaschutz und Entwicklung und Leitautor der Studie. „Insbesondere ging es uns um die Zusammenhänge zwischen den jeweils vorherrschenden Lebensweisen und den absehbaren Verteilungseffekten von Klimaschutz. Ohne den genauen Blick darauf werden Regierungen es kaum schaffen, vor Ort eine maßgeschneiderte, sozial ausbalancierte und damit auch politisch akzeptable Wende hinzubekommen.“

Ein eigens entwickeltes Rechenmodell kombiniert die aus nationalen Repräsentativ-Umfragen ermittelten Ausgaben der Privathaushalte mit der aus der Datenbank GTAP abgeleiteten CO2-Intensität der einzelnen Budgetposten. Auf diese Weise werden für verschiedene Varianten der CO2-Bepreisung sowohl die direkte Belastung erfasst, etwa über höhere Sprit- oder Heizkosten, als auch alle indirekten Folgen, also höhere Preise für klimaschädliche Konsumprodukte. Der Analyse zufolge ist die relative Belastung von Land zu Land sehr unterschiedlich. Sie verteilt sich auch unterschiedlich auf ärmere und reichere Haushalte. Und: Es gibt zudem ein ausgesprochen großes Gefälle innerhalb von Einkommensgruppen. 

So ist in Indien die Belastung einkommensschwacher Haushalte besonders ausgeprägt: Bei einem nationalen Preis von 40 Dollar je Tonne CO2 beispielsweise würde das ärmste Fünftel im Durchschnitt ihrer Ausgaben einen Teuerungsschub von 4,5 Prozent erleben. Das liegt an dem CO2-intensiven Agrarsektor in Indien und einem hohen Anteil von Lebensmittel-Ausgaben. Für Bangladesch hingegen weist die Studie eine relativ geringe Belastung ärmerer Haushalte aus – was damit zusammenhängt, dass sie als Energieträger oft gesammeltes Holz und andere Biomasse nutzen und damit wohl außerhalb der Bepreisung lägen. In der Türkei wiederum wären vor allem einige arme, ländliche Haushalte, die mit Kohle heizen, besonders hart betroffen. „Es zeigen sich eine große Vielfalt von Verteilungseffekten und damit auch ein Bedarf an länderspezifischen Politik-Designs“, sagt MCC-Forscher Steckel. Er betont: „Die ökonomischen Lehrbücher allein reichen nicht, man muss ganz genau auf das konkrete Umfeld schauen – dafür liefern wir hier Unterstützung.“

Dass es in den asiatischen Schwellenländern möglich ist, Klimaschutz sozial auszubalancieren, daran hat das Forschungsteam keine Zweifel: Wegen der Struktur der privaten Ausgaben wirkt CO2-Bepreisung dort generell progressiver als in Industrieländern, also mit relativ weniger Lastenverteilung auf Ärmere. Die Studie zeigt: Eine komplette Rückerstattung der Einnahmen in Form einer Pro-Kopf-Zahlung würde in allen acht betrachteten Ländern das ärmste Fünftel überkompensieren. Das deutet auf Spielraum, mit einem Teil des Geldes auch Entwicklungsziele wie Gesundheit, Bildung und Infrastruktur zu finanzieren.

Quelle

Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) 2021

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