So kommt grüne Energie nach Europa
Europa braucht für eine nachhaltige Transformation seiner Industrie mehr emissionsfrei erzeugten Wasserstoff als auf dem Kontinent erzeugt werden kann. MENA Hydrogen Alliance und ILF Beratende Ingenieure legen umfassende Wasserstoff-Untersuchung vor.
Ohne den Import aus sonnen- und windreichen Regionen wird deshalb ein klimaneutraler Umbau nicht gelingen. In der groß angelegten Studie (White Paper) „Bulk Transport Options for Green Molecules” hat jetzt das Ingenieurunternehmen ILF Beratende Ingenieure gemeinsam mit der von Dii Desert Energy initiierten MENA Hydrogen Alliance untersucht, auf welchen Wegen dieser Wasserstoff in die Industriezentren Europas transportiert werden kann.
Im Mittelpunkt der am 01.02.2024 veröffentlichten Studie stehen die Verbindungen zwischen Europa und der der MENA-Region (Middle East North Africa). Hier wurden alle aktuell verfügbaren Transportmethoden und -wege unter die Lupe genommen. Neben dem Transport von Wasserstoff sind das die Umwandlung in Ammoniak und die Bindung an Kohlenwasserstoffe als Transportmedium (LOHC).
Schiffstransport von emissionsfreiem Wasserstoff ist teurer als per Pipeline. Der geringere Investitionsbedarf und die größere Flexibilität machen diesen Weg dennoch attraktiv. Dabei bietet sich Ammoniak als Transportmedium an, denn das Gas hat den großen Vorteil, dass weltweit bereits eine Transportinfrastruktur vorhanden ist. Das ist eine der Erkenntnisse des jetzt erschienenen Weißbuch ”Bulk Transport Options for Green Molecules” von ILF Beratende Ingenieure für die Green Hydrogen Alliance und Dii Desert Energy.
Sowohl Pipelines als auch Schiffstransport sind möglich und sinnvoll
Kostengünstigster und am schnellsten verfügbarer Transportweg ist die Nutzung bereits bestehender Gas-Pipelines von Nordafrika nach Europa. Sie lassen sich mit relativ geringem Aufwand umrüsten und mit dem geplanten European Hydrogen Backbone (EHB) verbinden. Aber auch neu zu bauende, speziell auf den Wasserstofftransport ausgelegte Pipelines können ausgesprochen kostengünstig betrieben werden. Die Studie nennt Beträge zwischen 0,19 EUR (umgenutzt) und 0,80 EUR (neu gebaut) pro Kilogramm Wasserstoff. Damit sind die Kosten zwei- bis zehnmal günstiger als der Schiffstransport.
„Pipelines können zehn- bis zwanzigmal mehr Energie als Unterseekabel transportieren – und das zu einem deutlich günstigeren Preis. Dennoch erwarten wir das Entstehen von weiteren Unterseekabeln, wie zum Beispiel zwischen Tunesien und Italien oder Ägypten und Griechenland,” kommentiert Cornelius Matthes, CEO von Dii Desert Energy dieses Studienergebnis.
Für den Schiffstransport stehen mehrere Technologien zur Umwandlung grünen Wasserstoffs in Flüssigkeiten zur Verfügung
Der Seeweg bleibt nach Ansicht der Studienautoren ebenfalls eine interessante Alternative. Der niedrigere Investitionsaufwand und die größere Flexibilität können die Kostennachteile ausgleichen. Als Transportmedium bietet sich hier in erster Linie Ammoniak an. In zahlreichen Häfen besteht bereits heute eine Transportinfrastruktur, weil das Gas als Rohstoff für die chemische Industrie unverzichtbar ist. In vielen Fällen kann es direkt genutzt werden, aber auch die Aufspaltung in Wasserstoff und Stickstoff ist mit bewährten Verfahren möglich. Um die dabei auftretenden Energieverluste zu vermeiden, gibt es zahlreiche Entwicklungen, um Ammoniak direkt als Energiequelle zu nutzen. Unter anderem arbeitet MAN an der Entwicklung entsprechender Schiffsmotoren.
Ebenfalls interessant sind andere Transportmedien für Wasserstoff wie Dimethyl Ether (DME). Hier sehen die Studienautoren zwar noch Entwicklungsbedarf, es wird aber aufgrund der hohen Energiedichte für die Zukunft erhebliches Potenzial gesehen.
„In der MENA-Region wird zur Zeit an rund 75 Projekten zur Herstellung von grünem Wasserstoff gearbeitet. Unsere Studie zeigt deutlich, dass darin eine große Chance für Europa liegt. Leitungen über das Mittelmeer sind die logische Verlängerung des geplante European Hydrogen Backbone Netzes,” erklärt Matthes. „Emissionsfrei erzeugter Wasserstoff wird zu einer ,Commodity‘, einem weltweit gehandelten Produkt werden. Wer sich den kostengünstigen Zugang sichert, wird im internationalen Wettbewerb deutliche Vorteile haben. Mit unserer ZETA Initiative (Zero Emissions Traders Alliance) bringen wir diese Entwicklung voran.”
Simon Roth, Direktor für Unternehmensberatung bei ILF, fügt hinzu:“Aus den Gesprächen mit den verschiedenen Akteuren innerhalb des Sektors der grünen Moleküle ergab sich die klare Beobachtung, dass jeder Teilnehmer von den Zwängen der anderen Beteiligten beeinträchtigt wird. Es wurde deutlich, dass ein einheitlicher Ansatz zur Umsetzung der übergreifenden Strategie fehlt, der die Anforderungen und Herausforderungen jedes einzelnen Mitglieds des Sektors artikulieren würde.
Um die Herausforderungen zu verdeutlichen, mit denen die Mitglieder des Sektors konfrontiert sind, und eine gemeinsame Anstrengung zur Überwindung der Beschränkungen zu erleichtern, haben Dii und ILF mit der Erstellung eines zusätzlichen Berichts begonnen. Dieser Bericht zielt darauf ab, die Perspektiven eines breiteren Spektrums von Unternehmen innerhalb des aufstrebenden Sektors der grünen Moleküle zu vertiefen und dient als gegenseitige Hilfe, indem er die Sichtweise jedes Unternehmens darlegt. Durch die Vermittlung eines umfassenden Verständnisses dieser Perspektiven will der Bericht einen kollektiven Ansatz zur Bewältigung der Herausforderungen in einer für beide Seiten vorteilhaften Weise fördern.“
Die komplette Studie kann hier heruntergeladen werden.
Quellen:
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Der Bericht wurde von der Redaktion „SOLARIFY“ 2024 verfasst!