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Sonnenhaus-Institut e.V. | Georg Dasch ist Vorsitzender des Sonnenhaus-Institut e.V., das 2004 im bayerischen Straubing an der Donau gegründet wurde. Als Architekt und Diplom-Ingenieur (FH) realisiert er am liebsten Sonnenhäuser.

© Sonnenhaus-Institut e.V. | Ein wegweisendes Projekt von Georg Dasch ist das Naturpark-Informationshaus in Zwiesel von 2001. Es war das erste öffentliche Nullenergiehaus Europas und seiner Zeit mit Sicherheit weit voraus.

Über 30% weniger CO2 bei größeren Wohngebäuden durch Förderung der Solarthermie

Ein Gespräch mit dem Vorsitzenden des Sonnenhaus-Institut e.V. Georg Dasch

Herr Dasch, was macht das Sonnenhaus-Institut?
Georg Dasch ist Vorsitzender des Sonnenhaus-Institut e.V., das 2004 im bayerischen Straubing an der Donau gegründet wurde. Als Architekt und Diplom-Ingenieur (FH) realisiert er am liebsten Sonnenhäuser. Foto: Sonnenhaus-Institut e.V.

Wir sind ein eingetragener Verein, der sich mit der Konzeption und dem Bau von Häusern befasst, die sich mindestens zur Hälfte mit reiner Sonnenenergie beheizen lassen. Wir arbeiten dabei mit Solarthermie und leistungsfähigen Pufferspeichern. Auch neuere Lösungen, die Photovoltaik mit Wärmepumpe und Stromspeicher kombinieren, zeigen gute Ergebnisse. Außerdem soll ein echtes
Sonnenhaus nach unserem Verständnis auch seinen Strombedarf für Haushalt und E-Mobilität weitgehend allein decken

Unsere ambitionierten Konzepte kommen vor allem bei umweltbewussten Bauherren sehr gut an. Der Verein arbeitet ehrenamtlich und unabhängig von der Industrie. Unsere Kernkompetenz aus jahrelanger Praxis ist die nachhaltige Energieversorgung von Gebäuden.

Deshalb möchten wir uns zu Wort melden, denn der Prozess der Energiewende leidet unter erheblichen Fehlentwicklungen und kommt im Gebäudebereich trotz vieler Förderungen nicht voran. Wir haben in den kommenden 15 bis 25 Jahren zur nachhaltigen Versorgung von Gebäuden, und dies vor allem im Gebäudebestand, eine riesige Deckungslücke. Unsere Frage ist: Was können wir jetzt tun, um zumindest so viel CO2 wie möglich einzusparen?

Wie kommen Sie zu Ihrer Analyse?

Wir haben zwei Säulen für die Energiewende: Strom und Wärme. Eine funktionierende Energiewende
ist zum entscheidenden Teil eine Wärmewende.
Wir müssen die Photovoltaik noch über Jahrzehnte ausbauen, um den vielen Strom zu bekommen,
den wir für die Industrie, unsere Mobilität und unser Leben brauchen. Aber der Weg ist begonnen
und machbar, insbesondere weil wir auch noch die Windkraft und andere Ergänzungen haben.
Aber was die Wärme betrifft, die wir zum Heizen brauchen, haben wir noch nicht annähernd einen
gangbaren Weg, wie wir das ganze CO2 aus der Verbrennung vermeiden wollen. „Überflüssiger“
Solarstrom zum Heizen ist, wie gesagt, noch sehr lange nicht in Aussicht und schon gar nicht im
Winter, wenn er gebraucht würde. Viele Wärmepumpen sind keine Patentlösung, denn sie führen in
Summe auch bald zu Netzproblemen. Biogas, Pellets und andere wären zwar klimaneutrale
Brennstoffe, sind aber kaum noch weiter ausbaufähig.

Welche Lösung sehen Sie?

Die Wahrheit ist natürlich, dass wir auf einige Jahre hinaus ohne fossile Energie nicht klarkommen.
Aber wir haben zumindest eine wichtige Teillösung, um viel CO2 zu vermeiden, bis weitreichendere,
bessere Lösungen aus erneuerbaren Energien zur Verfügung stehen. Bis dahin müssen wir möglichst
intelligent und effizient Brennstoff sparen. Und hier ist Solarthermie eine ideale Technik zur Effizienzsteigerung für alle Heizungssysteme. Sie ist technisch ausgereift, ungefährlich und erfordert auch keine wertvollen Rohstoffe bei der Produktion.

Wir empfehlen dringendst einen flächendeckenden Ausbau der Solarthermie und zwar insbesondere
und gezielt im Bereich des Geschosswohnungsbaus, sei es privat, öffentlich oder durch
Genossenschaften. Jede Feuerungsanlage im Wohnbereich, sei es eine Gastherme oder eine
Pelletheizung, die ich mit Solarthermie unterstütze, verbraucht durchschnittlich mindestens 30
Prozent Brennstoff weniger. Im Sommer kann ich die Erwärmung meines Brauchwassers quasi
kostenlos erzielen, ohne dass der Brenner überhaupt laufen muss.

Aber Pellets sind doch ein klimaneutraler Energieträger. Warum wollen Sie hier eingreifen?

Das ist richtig, aber wir haben viel zu wenig davon. Hätten wir genug nachwachsende Brennstoffe,
also auch Biogas, könnten wir damit den Verbrauch von fossilen Brennstoffen schon heute weiter
senken. Und außerdem werden wir sie vielleicht schon bald brauchen – wenn auch nur als
Überbrückung – für andere Hochtemperaturanforderungen und um künftige Netzengpässe durch
Verstromung zu decken. Im Moment müssen wir bei allen Brennstoffen sparen. Dabei hilft die
Solarthermie entscheidend.

Die PV hat die Solarthermie sukzessive völlig abgehängt. Hat das nicht ganz konkrete Gründe?

Die Solarthermie hatte eine starke Zeit Anfang der 2000er Jahre, als der Preisanstieg fossiler
Brennstoffe und Ihre Verknappung ein echtes Thema waren. Dann verfielen die Preise eher wieder
und es war bequem, auch ohne Solarthermie weiter zu heizen. Das Thema geriet in den Hintergrund
und wurde dann von der plötzlich stark geförderten Photovoltaik im wahrsten Sinne „in den Schatten
gestellt“. Solarthermie verschwand beinahe völlig aus der allgemeinen Wahrnehmung. Seitdem wird
eigentlich immer nur über PV geredet und gedacht, wenn das Stichwort „Solarenergie“ fällt.

Damit hier keine Zweifel entstehen: wir sind absolut für einen massiven Weiter-Ausbau der PV, denn
wir haben einen riesigen Bedarf an grünem Strom. Wir brauchen also noch eine Vervielfachung der
PV-Flächen in Deutschland und in anderen Ländern. Das sagen wir bewusst als technologieoffener
Verband von Fachleuten, die aus der Praxis kommen. Wir sind kein Lobbyverein, der an eine Industrie
gebunden ist.

Aber geht es nicht letztlich um die Frage: was ist die bessere Lösung für die Energiewende?

Definitiv nicht! Beide sind ausgereifte Technologien, um die Energie der Sonne zu nutzen. Nur mit
gravierenden Unterschieden, denn in einem Fall bekomme ich Strom und im anderen Fall Wärme.
Gleichzeitig muss ich mir im Klaren sein, dass ich Strom auch über Strecken von mehreren Kilometern
problemlos transportieren kann, während ich bei der Wärme schnell Verluste bekomme.

Das Potential der Solarthermie kann ich nur nahe am Verbraucher ausschöpfen. Das heißt die Wärme
muss gebäudenah erzeugt werden. Den Strom für die Nutzer kann man auch außerhalb der Städte
erzeugen. Um den Verbrauch von fossilen Brennstoffen schnell zu reduzieren, ohne einen weiteren
Netzausbau zu benötigen, ist der Einsatz von Solarthermie unbedingt notwendig. Der großflächige
Einsatz von Solarthermie verschafft uns Zeit beim notwendigen Umbau unserer Energieversorgung.
Und das ist die Ressource, die momentan besonders knapp ist.

Wenn ich mir diese Zusammenhänge einmal verinnerlicht habe, kann es nicht mehr um die Frage
gehen „Welche ist die bessere Technik?“ Sondern ich muss fragen: „Welche Technik nehme ich am
besten wozu?“ Wir müssen uns dabei jeden Einzelfall genau ansehen und alle Potentiale optimal
nutzen, statt uns in die Tasche zu lügen. Hier sind unsere Fachleute gefordert und gerne bereit dazu.
Da müssen wir hin und die Konsequenzen liegen dann auf der Hand!

Sie werden uns sagen, wie die Konsequenzen aussehen?

Im Moment haben wir einen unsinnigen Verteilungskonflikt zwischen beiden Technologien, denn PV
reduziert Flächen, die für die Solarthermie, also für eine nachhaltigere Wärmeversorgung unserer
Gebäude, sozusagen systemrelevant sind. Nämlich die Dächer von Wohngebäuden und wo möglich
auch Fassaden. Dort müssen wir dringend solare Energie nutzen, um sie als Wärme verlustfrei in den
Heizkreis unserer Wohnungen einzuspeisen und CO2 zu sparen! Daneben kann immer noch Platz sein
für PV, die den Haushalt unterstützt. Und wenn z.B. auf großen Mehrfamilienhäusern nicht mehr
genug Platz ist, dann kann man PV-Strom wie gesagt auch woanders erzeugen und nahezu verlustfrei
per Leitung anliefern.

Bei Ihnen klingt Solarthermie fast nach einem vergessenen Wundermittel.

Wenn man Sie gezielt und richtig einsetzt, hat man eine beachtliche Einsparung. Das wäre gerade für
den riesigen Bereich der Mehrfamilienhäuser der Fall.

Und warum?

In großen Wohnanlagen sind die Wärmeverluste durch die kompakteren Gebäudehüllen niedriger als
bei EFH. Außerdem macht sich die Einsparung durch besseres Dämmen insgesamt bemerkbar. In
Relation sinkt dort insgesamt der Energieverbrauch fürs Heizen, während der Anteil für die
Warmwasserbereitung immer höher wird. Er bewegt sich im Geschosswohnungsbau mittlerweile um
die 40 Prozent und mehr. Geheizt wird überwiegend im Winter, während der Warmwasserverbrauch
über die Jahreszeiten relativ konstant bleibt. An dieser Stelle können wir die Stärken der
Solarthermie voll ausspielen.

Es gibt auch Bereiche, wo wir mit Solarthermie nicht so weit kommen: Bürogebäude oder Schulen
sind dafür weniger prädestiniert, denn dort haben wir zu wenig Verbrauch an Warmwasser. Und
wenn die Solarthermie-Erträge am höchsten sind, also im Hochsommer, sind Schulen meistens
geschlossen und in Büros muss gekühlt werden.

Bei Einfamilienhäusern ist das Potential zumindest begrenzt, denn hier dominiert am Dach die PV
aufgrund Ihrer Attraktivität, die Mobilität und den eigenen Haushalt zu versorgen. Die Flächen wären
aber meistens ausreichend, um einen sinnvollen Teil für Solarthermie einzusetzen.
Interessante Ergebnisse haben wir übrigens dort, wo Module vertikal an der Fassade integriert
werden können. Für die PV sind diese Flächen unattraktiv, aber Solarthermie liefert hier sogar im
Winter noch sehr gut verwertbare Erträge.

Aber das Brauchwasser kann man mit PV-Strom gerade im Sommer auch erwärmen.

Dieses Argument kommt immer öfter von der PV-Seite. Wie gesagt, es bleibt für die Energiewende
noch Jahre kontraproduktiv, hierfür nachhaltigen Strom zu verwenden, den wir so dringend für
andere Bereiche brauchen würden. Es ist eine reine Notlösung im Einfamilienhaus, wenn ich den
Strom nicht mehr speichern kann oder nicht einspeisen möchte.

Wie wollen Sie praktisch dahin kommen, Solarthermie jetzt rasant auszubauen? Was könnte man
tun?

PV wäre hierzulande auch nicht so eine Erfolgsstory geworden, wenn die Politik nicht vor Jahren
entschieden hätte, die damals noch sehr teuren Anlagen durch hohe Einspeisevergütungen zu
fördern. Das brachte die Sache ins Laufen und machte die Anlagen schnell günstiger und zahlreicher.
Heute haben wir den gewünschten Langfrist-Effekt: obwohl die Einspeisevergütung massiv herunter
gefahren wurde, bleibt die Dynamik. Denn nebenbei wächst der Markt und die Technik für lokale
Stromspeicher, Eigenheimbesitzer wollen Ihre E-Autos laden etc. Und so geht es weiter!

Vergleichbares hat bei der Solarthermie leider nie stattgefunden. Die einseitige Fokussierung auf die
„Erfolgstechnik“ PV führte dazu, die Solarthermie beinahe auszuhungern. Eine Förderung von
Solarthermie müssen Sie heute lange suchen, bis Sie an ein paar Ecken auf völlig unzureichende
Maßnahmen stoßen werden. Eine sofortige Initiative des Gesetzgebers ist gefordert.

Subventionen würden dem Staat aber wieder enorm viel Steuergeld kosten.

Eigentlich gar nicht! Es muss sich für einen Investor, sagen wir eine Wohnungsbaugesellschaft, nur
einigermaßen rechnen, in Solarthermie zu investieren. Ein Beispiel: wenn er die Energie zu einem
angemessenen Preis von momentan etwa 10 Cent pro Kilowattstunde verrechnen dürfte und der
Staat anfangs noch eine geringe Förderpauschale von 3 Cent drauflegen würde, käme die Sache in
Fahrt. Steigen die Energiepreise weiter, darf die Kilowattstunde irgendwann 13 Cent kosten und die
Förderung wird schnell obsolet.

Das Problem ist, dass im Moment das Gegenteil der Fall ist, denn die Wärme, die aus einer
Solarthermieanlage kommt, darf dem Mieter bisher überhaupt nicht verrechnet werden. Verbraucht
die Heizung stattdessen mehr Gas, darf man den Mieter selbstverständlich zur Kasse bitten. Man
muss sich einmal überlegen, wie kontraproduktiv und widersinnig dieses System ist!

Übrigens verhält es sich beim Solarstrom teilweise so ähnlich. Hier darf man den Strom theoretisch
zwar an die Mieter weiterverkaufen, aber der bürokratische Aufwand ist so enorm, dass es kaum
jemand macht. Das alles ist der Tod jeder Sparmaßnahme! Tatsächlich boomt die PV auch nur so
richtig bei Großanlagen oder Eigentümern, die Ihre Immobilie selbst bewohnen.

Zu verdanken haben wir das alles den Lobbies der Energieversorger und ihrem Einfluss auf den
Gesetzgeber. Weil sie kein Geschäft verlieren wollen, soll Versorgung mit Energie, also Wärme und
Strom unbedingt in Ihrer Hand bleiben. Deswegen bewegt sich dezentral so wenig in Deutschland.

Wie sehen Sie die Chancen, dass die Politik einen solchen Schritt rasch vollziehen würde?

Wir reden bei der Solarthermie von einem mit PV annähernd vergleichbaren Potential, das aufgrund
bisher einseitiger Förderpolitik aber weitgehend brach liegt. Die neue Bundesregierung ist noch nicht
sehr lange im Amt und die Ansätze, die Minister Habeck zum Jahresbeginn vorstellte, geben uns
Hoffnung, dass sich jetzt einiges zum Besseren wenden könnte. Es braucht nur den Willen des
Gesetzgebers, damit es losgeht. Und wir müssen es jetzt machen. Die Produktion könnte optimal in
mittelständischen Unternehmen im Inland stattfinden, wenn die Politik das auch will.

Die fragwürdige Alternative wäre, die Module aus Kostengründen aus China zu ordern. Dort ist der
Markt für Solarthermie immerhin so groß wie nirgendwo auf der Welt, weil die Chinesische
Regierung schon lange auf das Thema setzt. Die bauen zwar auch kräftig an Atomkraftwerken, aber
man weiß ja, wie groß der Energiehunger dieses Landes ist. Für mich besteht kein Zweifel: Hätte die
Solarthermie zu wenig Potential, würde sich China damit schon lange nicht mehr beschäftigen.

Sehen Sie: ein Drittel und mehr an Brennstoff und CO2 im Gebäudebereich einzusparen durch eine
verfügbare und völlig ausgereifte Technik, das ist doch überzeugend! Beim Thema Dämmen fährt
Deutschland seit Jahren eine konsequente Politik. Heute ist es überhaupt keine Frage mehr, ob es
gemacht wird. Gutes Dämmen wurde ein kompletter Selbstläufer. Das Sonnenhaus-Institut ist
jedenfalls bereit, in der Praxis, aber auch beratend auf politischer Ebene, die Wärmewende zu
begleiten.

Quelle

Sonnenhaus-Institut e.V. 2022

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