Die Klima-Krise wartet nicht
Die Corona-Krise hat unzählige Selbstverständlichkeiten ins Wanken gebracht und gezeigt: Grundlegende Veränderungen sind möglich.
Diese brauchen wir ebenso dringend, um den Klimawandel zu bremsen. Fünf Klimaforscherinnen und -forscher berichten, was wir aus der Corona-Krise lernen können.
Professorin Antje Boetius macht deutlich, dass die Zeit drängt: „Die Klimapolitik muss verstehen, dass wir in einer Klima-Krise stecken, die zunehmend auch die Biodiversitäts-Krise verschlimmert, aus der wiederum Krisen wie Pandemien hervorgehen. Wir haben wirklich nur noch ein kleines Fenster, um die Klima-Krise einigermaßen zu beherrschen. Das heißt, wir müssen mit internationalem Zusammenhalt dringend und sehr ehrgeizig vorankommen“, so die Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in ihrem Beitrag zur Videoserie „Real Science, Real Talk – Wissenschaft zu Klima und Corona“ des Deutschen Klima-Konsortiums (DKK).
Wissenschaftliche Fakten zu leugnen, gefährdet Menschenleben – und das gilt in Zukunft auch für die Klima-Krise. Professor Mojib Latif sagt in seinem Videobeitrag: „Gerade Politiker, die den Klimawandel leugnen – wie Trump in Amerika oder Bolsonaro in Brasilien – haben mit extrem hohen Infektionszahlen und unglaublich vielen Todesfällen zu tun.“ Der Klimaforscher ist DKK-Vorstandsvorsitzender und arbeitet am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
Veränderung vorantreiben
Hoffnung geben die Beobachtungen von Professorin Katharina Kleinen-von Königslöw: „Die Corona-Pandemie zeigt, dass Menschen durchaus bereit sind, grundlegende Veränderungen in ihrem Leben zu akzeptieren – wenn es einer guten Sache dient. In der Bekämpfung des Klimawandels waren wir bisher sehr zögerlich, grundlegende Änderungen zu pushen und dafür zu argumentieren. Aber wir sehen, dass dies durchaus möglich ist, wenn es nachvollziehbar und begründbar ist und wir Menschen das Gefühl haben, dass sich dadurch wirklich etwas ändert.“ Die Kommunikationswissenschaftlerin arbeitet am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) und am Center for Sustainable Society Research (CSS) der Universität Hamburg.
Klima-Lockdown ist keine Lösung
Wie schnell Veränderung gehen kann, zeigt der nun schon zweite Lockdown, der diesen Monat mit großen Einschränkungen unsere Leben bestimmt. Wäre das also nicht auch eine passende Maßnahme im Kampf gegen den Klimawandel? Professor Konrad Ott, Experte für Philosophie und Ethik der Umwelt an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), widerspricht: „Ein Klima-Lockdown ist nicht notwendig und auch nicht zielführend. Die Gesellschaft kann nur kurzfristig in einen Lockdown gehen, ein Klima-Lockdown über Jahre oder Jahrzehnte ist unvorstellbar. Das ganze Argument beruht auf einer oberflächlichen Analogie zwischen der Bekämpfung der Pandemie und der Bekämpfung eines langfristigen Menschheitsproblems.“ Um die Klima-Krise zu lösen, braucht die Gesellschaft einen viel längeren Atem. Ott rät in seinem Videobeitrag: „Kontinuierlich und ohne Panik weitermachen.“
Corona-Effekt aufs Klima einfach erklärt
Wer verstehen will, warum die Dimension der benötigten Veränderungen viel größer ist, als bei einer Pandemie, dem erklärt dies Dr. Andrea Kaiser-Weiss vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in ihrem Video: „Innerhalb von zehn Tagen verteilt sich das emittierte CO2 über große Teile der Welt und erhöht die vorhandene Konzentration. Weil CO2 so langlebig ist, reichert es sich über die Jahrhunderte in der Atmosphäre an und verursacht Klimawandel. Wir können die Klima-Krise abmildern, wenn es uns gelingt, die alten CO2-ausstoßenden Technologien durch neue CO2-neutrale zu ersetzen und dadurch die CO2-Kurve abzuflachen.“
- Videoserie „Real Science, Real Talk – Wissenschaft zu Klima und Corona“ | 18 Expertinnen und Experten renommierter Klimaforschungseinrichtungen reden Klartext und geben einen Blick hinter die Kulissen ihrer aktuellen Arbeit zur Corona- und Klima-Krise. Sie alle sind Mitglied des Deutschen Klima-Konsortiums (DKK).