DLR-Studie: Wie gelingt die Energiewende von unten?
Was braucht eine Stadt, damit die Energiewende vor Ort gelingt?
Die jeweils geeigneten Technologien ökologisch und ökonomisch gewinnbringend einzusetzen ist ein wichtiger Faktor. Ein weiteres, bisher oft vernachlässigtes Erfolgskriterium ist die Unterstützung der Bürger. Am Beispiel der Stadt Metzingen in Baden-Württemberg untersuchen Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) nun im Zuge einer Studie zur lokalen Energiewende, welche Einstellungen und Verhaltensweisen die Bevölkerung zur nachhaltigen Umgestaltung ihrer Energieversorgung haben.
Vorzeigestadt für die lokale Energiewende
Die mehr als 20.000 Einwohner zählende Große Kreisstadt Metzingen steht in der Studie stellvertretend für Mittelzentren ähnlicher Größe und bringt gute Voraussetzungen mit: „In Metzingen gibt es bereits viele engagierte Bürger, die sich für erneuerbare Energien interessieren und in Form mehrerer Arbeitskreises aktiv sind. Gleichzeitig sind Stadtverwaltung und Gemeinderat bereit, neue Formen der Bürgerbeteiligung auszuprobieren“, fasst Projektleiter Prof. Uwe Pfenning vom DLR-Institut für Technische Thermodynamik in Stuttgart die Ausgangslage zusammen. Eine wichtige unterstützende Rolle spielen auch die Stadtwerke als Energieversorger. Der Eigenbetrieb der Stadt Metzingen hat bereits erste Schritte unternommen – vom eigenen Pumpspeicherkraftwerk über ein Förderprogramm für Photovoltaikanlagen bis hin zu Schnelladestationen für Elektrofahrzeuge und Carsharing-Angebote.
Der Weg zum „technikmündigen“ Bürger
Ziel des Projekts ist es, die Einwohner von Metzingen über das vielschichtige Thema Energiewende im lokalen Bereich umfassend und bedarfsgerecht zu informieren und sie so zum Mitentscheiden und Mitgestalten zu aktivieren.
Im ersten Schritt werden die DLR-Forscher dazu gemeinsam mit der Stadt eine Informationskampagne entwickeln. Diese basiert auf den Ergebnissen einer Umfrage. Bis Ende März 2015 sind alle Metzinger Bürger aufgerufen, Fragen zu ihrem Energieverhalten und ihrer Energienutzung zu beantworten. Außerdem interessieren sich die Wissenschaftler bei Ihrer Umfrage für die Akzeptanz unterschiedlicher Technologien der Energieerzeugung und die Bereitschaft, das eigene Handeln im Hinblick auf den Energieverbrauch zu ändern. Außerdem wollen sie von den Bürgern wissen, welche Beteiligungs- und Entscheidungsverfahren sie für sinnvoll und demokratisch legitimiert halten.
Im zweiten Schritt, der Umsetzung der Informationskampagne, gibt es unterschiedliche Maßnahmen, die einzeln oder in Kombination zum Einsatz kommen können. „Informationsveranstaltungen und Diskussionen mit Experten gehören genauso dazu wie Bürgerkonferenzen, Bürgerexperten oder Bürgergutachten“, zählt Uwe Pfenning als Beispiele auf. „Mit Hilfe dieser Beteiligungsformen können sich die Bürger über Technologien wie Photovoltaik, Windkraft, Biomasse oder Geothermie, innovative Speicherkonzepte für Wärme und Strom sowie die damit verbundenen Geschäftsmodelle schlau machen. Als ‚technikmündige‘ Bürger können sie sich dann ein eigenes Urteil bilden und schlussendlich gemeinsam entscheiden, welchen Weg Metzingen einschlagen soll“, so Pfenning weiter.
„Hinter die Steckdose schauen“
Bei ihrer Arbeit können die Stuttgarter DLR-Forschern bereits auf die Erfahrungen aus mehreren Vorgängerprojekten zurückgreifen. „Es hat sich gezeigt, dass die Bürger sich mehr für das Thema lokale Energiewende interessieren, als man gemeinhin annimmt. Sie wollen hinter die Steckdose schauen und wissen, wo ihre Energie herkommt und mit welchen Technologien sie hergestellt wird“, bilanziert Projektleiter Uwe Pfenning. Entscheidende Voraussetzung für das Gelingen der geplanten Informationskampagne sei allerdings, dass man die Bürger mit Informationen dort abhole, wo sie sind – sprich keine technischen oder wissenschaftlichen Details vermittle, sondern einen für Laien verständlichen Überblick gebe, der die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für die Energieversorgung der Zukunft aufzeige.
Zur Studie
Die Studie „Energieautarkes Metzingen“ soll klären, inwieweit eine autarke Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien in Metzingen möglich ist und welches Meinungsbild die Bevölkerung zu einer solchen Umstellung der Energieversorgung vertritt. Die Studie ist Teil des Förderprogramms BWPLUS (Baden-Württemberg Programm Lebensgrundlage, Umwelt und ihre Sicherung) des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg. Ziel des Förderprogramms ist es, Projekte der anwendungsorientierten Umweltforschung zu fördern, die für Baden-Württemberg in besonderem Maße relevant sind. Entwickelt werden sollen natur- und sozialwissenschaftliche, technische und methodische Beiträge sowie Instrumente zur Lösung von Problemen, um die Herausforderungen zu bestehen, eine dauerhaft lebenswerte Umwelt zu gestalten. Die Beiträge zur technischen Systemanalyse und Rahmenbedingungen einer Energieautonomie werden von Instituten der Universität Stuttgart geleistet.