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Climeworks | Julia Dunlop

© Climeworks | Julia Dunlop | Futuristischer Look: CO2-Luftfilteranlage in Hilwil in der Schweiz, gespeist von Energie aus Müllverbrennung.

Eine Tonne CO2 aus der Luft zu filtern, kostet tausend Kilowattstunden Strom

Studie liefert erstmals eine komplette Lebenszyklus-Analyse zum Ressourcenverbrauch von „Direct Air Capture“. Solche Anlagen können einen effizienten Klimaschutz-Beitrag leisten.

Das Zehntausend-Seelen-Dorf Hilwil bei Zürich ist eine Art Mekka für Klimaschutz-Bewegte: Schon seit 2017 betreibt dort die Firma Climeworks eine futuristisch anmutende Pilotanlage für „Direct Air Caputure“ – und holt mit chemischen Filtern jährlich 900 Tonnen des wichtigsten Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre. Dass dies nicht nur imposant aussieht, sondern auch in großem Umfang sinnvoll sein könnte, belegt jetzt eine neue Studie unter Mitwirkung des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change). Sie wurde in der renommierten Fachzeitschrift Nature Energy veröffentlicht.

Die Studie zeigt erstmals den Ressourcenverbrauch über den gesamten Lebenszyklus solcher Filter-Anlagen hinweg. Mit im Blick sind auch die für den Filterbetrieb nötige Chemikalie („Sorbtionsmittel“) sowie der Abtransport und die Speicherung des entnommenen CO2. Betrachtet werden die Ressourcen Energie, Materialien, Landfläche und Wasser sowie die vor allem beim Bau und schlussendlichen Abriss der Anlagen freigesetzten Feinstaub-Emissionen. Die Analyse basiert auf Daten von Climeworks für die sogenannte TSA-Filtertechnologie sowie von der kanadischen Firma Carbon Engineereing für das konkurrierende HAT-Aq-Verfahren. Die Studie untersucht auch die Folgen veränderter technischer Rahmenbedingungen, etwa eines „grüneren“ Energiemixes oder einer CO2-ärmeren Wertschöpfungskette für das Sorbtionsmittel.

„Unser systematischer Ansatz ermöglicht es, die Luftfilter-Anlagen wirklich vergleichbar zu machen mit allen anderen Klimaschutz-Optionen“, erklärt Felix Creutzig, Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Landnutzung, Infrastruktur und Transport und Co-Autor. In der Studie wird bereits die CO2-Entnahme über Bioenergie-Plantagen nach dem gleichen Schema klassifiziert, ebenso die Emissionsminderung durch Elektroautos statt Verbrenner sowie durch Wärmepumpen statt Gasthermen. „Die Luftfilter schaffen viel Klimaschutz auf besonders wenig Platz, das ist angesichts der weltweit knappen Ressource Land ein großer Pluspunkt“, sagt Creutzig. „Auf kurze Sicht ist es kosteneffektiver, durch Elektrifizierung des Endverbrauchs CO2-Ausstoß zu vermeiden – doch in ein oder zwei Jahrzehnten, mit fortschreitender Dekarbonisierung der Wirtschaft, kann auch diese Option in großem Stil einen effizienten Beitrag für den Klimaschutz leisten.“

Mit dem von Climeworks verwendeten TSA-Verfahren eine Tonne CO2 aus der Luft zu filtern, erfordert unter heutigen Rahmenbedingungen 1000 Kilowattstunden grüner Energie – das ist viel, aber bei der Verkehrs- und Wärmewende liegt der zusätzliche Grünstrom-Bedarf in der gleichen Größenordnung. Außerdem benötigt man dann 36 Kilogramm Material, 7 Tonnen Sorbtionsmittel, 3 Kubikmeter Wasser sowie ein Jahr lang 11.000 Quadratmeter Platz; zudem werden anteilig 180 Gramm Feinstaub emittiert. Die Studie gewichtet den Ressourcenverbrauch auch nach seiner Klimawirkung. Demnach sind konventionell mit Energie aus Erdgas betriebene Luftfilter derzeit CO2-ineffizient: Unter dem Strich werden für eine Tonne herausgefiltertes CO2 früher oder später 300 Kilogramm CO2-Äquivalente emittiert. Das von der Firma Carbon Engineering verwendeten HAT-Aq-Verfahren schneidet mit 580 Kilo im Vergleich noch schlechter ab. Dagegen liegen diese Werte in einem Szenario mit CO2-armer Wärme- und Stromversorgung deutlich niedriger, nämlich bei 150 und 260 Kilo.

„Die Gefahr ist groß, dass die Technologie der Luftfilter noch nicht in ausreichender Größenordnung einsatzbereit ist, wenn sie in ein oder zwei Jahrzehnten gebraucht wird“, sagt Kavya Madhu, Doktorandin an der Universität Freiburg und Leitautorin der Studie. „Denn die bisherige Unsicherheit über den genauen technischen Aufwand führt dazu, dass sich auch keine klaren Vorstellungen über Geschäftsmodelle und eine sachgerechte staatliche Förderung herausbilden können. Unsere Arbeit liefert einen Beitrag, um die eklatante Innovations- und Politiklücke in diesem Bereich zu schließen.“

Quelle

Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) 2021

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