Energiewende: Wie flexibel ist die Grundstoffindustrie?
Studie untersucht, wie flexibel sich die Grundstoffindustrie an das Stromangebot anpassen kann.
Die Grundstoffindustrie, wie zum Beispiel Glashersteller oder Zementwerke, benötigt gut die Hälfte des industriellen Strombedarfs in Deutschland. Eine Studie unter Beteiligung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zeigt Möglichkeiten auf, wie dieser Industriezweig seinen Stromverbrauch dem zeitlichen und örtlichen Angebot anpassen und damit Schwankungen bis hin zur sogenannten Dunkelflaute überbrücken kann. Angesichts des großen Energiebedarfs ist die Flexibilisierung dieses Industriesektors eine wichtige Stellschraube für ein stabiles Stromnetz mit einem angestrebten hohen Anteil an erneuerbarer Energie. Die Studie entstand im Rahmen des Kopernikus-Projektes SynErgie und wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Betriebe können ihren Strombedarf für kurze Zeiträume verschieben
Die Forscher untersuchten ausgewählte Prozesse der Grundstoffindustrie-Branchen Stahl, Chemie, Zement, Glas und Keramik. Prinzipiell können die betrachteten Prozesse eine kurzeitige Flexibilität anbieten und ihre Stromabnahme für 15 Minuten drosseln. Einige Prozesse können auch umgekehrt, bei einem Überangebot, mehr Strom aus dem Netz sinnvoll verwenden. „Selbst kurze Zeiträume können eine erhebliche Entlastung für das Netz sein“, sagt Dr. Antje Seitz, Leiterin der Abteilung Thermische Prozesstechnik am DLR-Institut für Technische Thermodynamik. „Wir haben unter anderem die Prozesse in einem Stahlwerk untersucht, das so viel Strom verbraucht wie die angrenzende Großstadt. Bei Stromengpässen können die Betreiber ohne eine Störung der Betriebsabläufe innerhalb einer Schicht ihren Bedarf bis zu 20 Minuten nach hinten verschieben.“ Für mehrere Stunden oder gar Tage konnten die Forscher dagegen eine Flexibilität nur bei wenigen Prozessen finden, hier drohen Produktionsausfälle.
Enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Branchenverbänden
Für die Studie untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die vielschichtigen Prozesse bei der Produktion nicht nur auf Potenziale, sondern auch auf Hemmnisse einer flexibleren Stromabnahme. „Bei einer Waschmaschine macht es in der Regel nichts aus, ob sie einige Stunden später angestellt wird. Bei aufeinander abgestimmten Industrieprozessen kann eine Unterbrechung ungewünschte Folgen haben, zum Beispiel kann ein Ofen auskühlen und die Produktqualität leiden“, beschreibt Seitz die Herausforderungen. Entsprechend hatte eine fristgerechte Belieferung der Kunden und eine gleichbleibende Produktqualität im Rahmen der Studie eine höhere Priorität, als das Anbieten einer flexiblen Stromabnahme.
Die Untersuchungen fanden in enger Zusammenarbeit zwischen den Branchenverbänden und den akademischen Partnern statt. „Die Branchen erkennen, dass durch das Voranschreiten der Energiewende neue Herausforderungen auf sie zukommen. Sie sind sehr interessiert, gemeinsam mit den Forschungseinrichtungen die Potenziale, aber auch die Probleme bei der Flexibilisierung herauszufinden. Durch das Projekt hat sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Industrie und Forschungseinrichtungen entwickelt“, betont Seitz. Durch die enge Einbindung der Betriebe konnten die Ergebnisse der Studie in der Branche diskutiert und überprüft werden.
Die vollständige Studie finden Sie hier