Kältespeicherung „made in Chemnitz“ weiter auf Erfolgskurs
Forschung und Entwicklung der TU Chemnitz für große Kaltwasserspeicher stößt auf viel Resonanz – technische Überprüfung von Deutschlands ersten Kurzzeit-Großkältespeicher stimmt optimistisch.
Im Sommer klettern auch in Deutschland die Temperaturen mittlerweile auf fast 40 Grad Celsius. Vor der Hitze flüchtet man gern in ein klimatisiertes Gebäude. Zunehmend kommen heute in Klimatisierungssystemen auch Kältespeicher zum Einsatz. Die Stadt Chemnitz ist ein Pionier beim Einsatz dieser Technologie, denn hier befindet sich seit der Inbetriebnahme 1973 eines der ältesten Fernkältesysteme in Europa. Und seit Juni 2007 ist in der Nähe der Chemnitzer Georgbrücke Deutschlands ersten Kurzzeit-Großkältespeicher in Betrieb. Er beinhaltet etwa 3.500 Kubikmeter kaltes Wasser und versorgt viele Abnehmer der Stadt über ein 4,5 Kilometer langes Rohrsystem mit Fernkälte – darunter die Oper, Museen, Einkaufszentren und die Universität. Einer der geistigen Väter des Großkältespeichers ist Prof. Dr. Thorsten Urbaneck, Bereichsleiter Thermische Energiespeicherung an der Professur Technische Thermodynamik der TU Chemnitz. Gemeinsam mit der Stadtwerke Chemnitz AG (heute: eins energie in Sachsen GmbH und Co. KG sowie inetz GmbH) konzipierte er den riesigen Kaltwasserspeicher.
Elf Jahre nach der Inbetriebnahme wurde unlängst das Wasser komplett abgelassen, um im Inneren des Speichers unter anderem die Verbindungen der Segment-Bauteile, die Rohrleitungen und die Messtechnik zu überprüfen und zu warten. „Nach elf Jahren sind alle Systeme voll funktionsfähig und der Speicher sieht innen sehr gut aus“, sagt Urbaneck voller Begeisterung. Ulf Uhlig, Abteilungsleiter bei inetz, ergänzt: „Wir sind mit der Tankkonstruktion und dem inneren Tragwerk sowie dem Be- und Entladesystem sehr zufrieden. Nun wissen wir auch, dass die Konstruktion weitere Jahrzehnte hält und wir die Vorteile des Speichers für den Betrieb des Fernkältesystems uneingeschränkt weiternutzen können.“
„Der Kältespeicher entkoppelt die Kälteerzeugung vom Kälteverbrauch“, erläutert Urbaneck. Der gut gedämmte Kältespeicher wird nachts durch Absorptionskältemaschinen aufgeladen und kann tagsüber die Spitzenlasten im Fernkältesystem decken. So kann sehr schnell auf eine schwankende Nachfrage nach Kälte reagiert werden. „Insgesamt können wir sagen, dass in Chemnitz die gesamte Systemlösung – also das Zusammenspiel von Verbrauchern und Speicher – sehr gut funktioniert. Vor allem das schwierige Problem der Schichtung des Wassers ist gut gelöst“, resümiert Urbaneck. Um weitere Verbesserungen zu erreichen, laufen an der Professur Technische Thermodynamik der TU Chemnitz fortlaufend Forschungs- und Entwicklungsarbeiten: „Wir wollen die Funktion der Kältespeicher verbessern, eine Langzeitbeständigkeit sicherstellen und die Kosten reduzieren, sowohl bei der Errichtung als auch bei einer optimalen Betriebsweise“, so Urbaneck.
„Die in Chemnitz entwickelte Form der Kältespeicherung hat sich in den vergangen Jahren deutschlandweit viel schneller durchgesetzt als erwartet. Das liegt auch an den steigenden Energiepreisen, die immer mehr Unternehmen dazu zwingen, mit Ressourcen hauszuhalten“, erklärt Urbaneck. In den vergangenen Jahren wurden in der Bundesrepublik weitere Kältespeicher errichtet, in die auch Know-how der TU Chemnitz geflossen ist. „Wir haben an zwölf konkreten Projekten mitgewirkt. Im nächsten Jahr werden allein durch diese Projekte über 26.000 Kubikmeter Kaltwasser zur Speicherung eingesetzt“, berichtet der Forscher. Eine relative neue Entwicklung seien gebäudeintegrierte Speicher. Dazu Urbaneck: „Bei der industriellen Kälteversorgung ist die Errichtung eines Tankspeichers mit einem Durchmesser und einer Höhe von beispielsweise 20 Metern überhaupt kein Thema. Geht es um schicke Instituts- oder Klinikgebäude, haben die Betreiber oft andere Vorstellungen zur Gestaltung des Umfeldes. Dann verstecken wir den Speicher im Gebäude.“ Die Projekte decken zurzeit Speichergrößen zwischen 500 und 1.500 Kubikmetern ab. Die Gebäudeintegration ist von der Planung her etwas aufwendiger, da es mehr Schnittstellen gibt.
„Für mich ist die Kältespeicherung eine Schlüsseltechnologie, mit der man ökologische Ziele und wirtschaftliche Anforderungen gut in Einklang bringt. Weil es noch viel zu tun gibt, denn ungefähr zehn Prozent des Stromes in Deutschland wird zur Kälteversorgung eingesetzt, möchte ich mich in Zukunft weiterhin der Verbesserung der Kältespeichertechnik widmen und über Fortschritte publizieren“, sagt Urbaneck abschließend.
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