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pixabay.com | bstad | Erdgas

© pixabay.com | bstad | Erdgas

Klimabilanz von Erdgas oft schlechter als bisher angenommen

Neues Berechnungsmodell der TUM vergleicht Klimafreundlichkeit von Gas und Elektrizität.

Das Heizen und Kochen mit Erdgas ist oft klimaschädlicher als bisher gedacht. Dies ergibt ein neues Berechnungsmodell, das Forschende der Technischen Universität München (TUM) entwickelt haben. Das Besondere: Es bezieht auch die gewaltigen Gasmengen mit ein, die ungenutzt in die Atmosphäre entweichen.

„Wir wollten wissen, ob es – auch unter Berücksichtigung der Gasleckagen – klimafreundlicher ist, Gas für das Heizen und Kochen zu nutzen oder Elektrizität“, erläutert Dr. Florian Dietrich, Wissenschaftler im Bereich für Umweltsensorik und Modellierung an der TUM. Gemeinsam mit Forschenden der ETH Zürich, der Universität Utrecht und der Niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung TNO hat das internationale Team eine Hightech-Messstation für die Erfassung von Kohlendioxid, Methan und Kohlenmonoxid sowie Laserspektrometer für Vor-Ort-Messungen von Methan genutzt und alle Variablen in dem eigens entwickelten Berechnungsmodell zusammengeführt. Die Ergebnisse wurden in einem Peer-Review-Verfahren publiziert und bestätigt.

Unvollständig verbranntes Erdgas wichtig für die Klimabilanz

Auf dem Oktoberfest 2019 beispielsweise, so fanden die Forschenden heraus, ging 1,4 Prozent des damals eingesetzten Gases verloren. Bei einer Gasmenge von über 185.000 Kubikmetern entwichen also 2.500 Kubikmeter Gas in die Umgebung. „Das entwickelte Berechnungsmodell bezieht diese Mengen an entwichenem Erdgas mit ein und liefert einen umfassenden Emissionsfaktor für die Verwendung von Erdgas zum Kochen und Heizen“, erläutert Wissenschaftler Dietrich.

Erneuerbare Energien im Strommix senken den Emissionsfaktor

Um entscheiden zu können, ob Erdgas oder Elektrizität die klimafreundlicher ist, muss man jedoch auch auf den verwendeten Strommix schauen: „Ein hoher Anteil erneuerbarer Energien senkt den Emissionsfaktor für Elektrizität erheblich, während z.B. die Verwendung von Kohlestrom den gegenteiligen Effekt hat“, so Dietrich. Die Forschenden haben all diese Faktoren in ihr Berechnungsmodell miteinfließen lassen und können so quantitative Rückschlüsse ziehen, für welche Nationen Strom bereits heute die klimafreundlichere Alternative zu Erdgas ist und welche Anstrengungen die anderen Nationen noch unternehmen müssen, um diesen Punkt zu erreichen.

Für alle 25 untersuchten Nationen wird dabei deutlich: „Durch die Einbeziehung der Leckagen und unvollständigen Verbrennungen wird insgesamt ein geringerer Anteil an erneuerbaren Energiequellen im Strommix benötigt, als bisher angenommen“, fasst die Professorin für Umweltsensorik und Modellierung Jia Chen zusammen, die zudem Leiterin des Innovationsbereichs Umwelt im Robotik- und KI-Institut MIRMI der TUM ist. Es ist also für die meisten Nationen bereits deutlich früher möglich, aus Aspekten des Klimaschutzes auf Elektrizität anstelle von Gas zu setzen.

Kanada mit klarer Empfehlung für Elektrizität

Auf einzelne Staaten geblickt heißt das, dass beispielsweise Kanada mit seinem hohen Anteil an Wasserkraft aus reinen Klimaschutzgründen bereits heute fürs Heizen und Kochen komplett auf Elektrizität setzen könnte. In China sieht es anders aus: Denn die Kohleverbrennung dominiert dort im Strommix, so dass durch die Verwendung von Elektrizität bei identischer Energiemenge mehr Kohlenstoff ausgestoßen wird als bei der Verbrennung von Erdgas.

Für Deutschland gibt es derzeit trotz des stark zunehmenden Anteils an Wind- und Solarenergie noch keine klare Empfehlung für Elektrizität. Damit befindet sich Deutschland noch in breiter „Gesellschaft“: Für 18 von 25 betrachteten Staaten ist Elektrizität im Vergleich mit Gas aktuell noch nicht klimafreundlicher, darunter Staaten wie Spanien, Italien, die Niederlande, Japan und Australien. Ein Blick auf die Diagramme der TUM-Forschenden zeigt jedoch deutlich, dass für viele der untersuchten Nationen Elektrizität schon bald die klimafreundlichere Alternative sein wird, da kontinuierlich in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert wird.

Quelle

TUM / Technische Universität München 2023

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