Kugelförmige Solarkollektoren – Geht das?
Blogbeitrag von Michael Khan, der sich regelmäßig in seinem Blog „Go for Launch“ mit Themen wie Astonomie und Weltraumtechnik auseinandersetzt.
Diesmal geht es um einen kugelförmigen Solarkollektor
Manche Produkte sind so cool, dass man gar nicht nachrechnen mag, ob das denn auch funktionieren kann. Bei einem Einstandpreis von €6000 empfiehlt sich das Nachrechnen aber dann wohl doch. Die Firma Rawlemon bietet ihren konzentrierenden Solargenerator (sie bezeichnet ihn aber als „Outdoor Collector“) namens „Beta.ray 1.00“ zu eben diesem Preis.
Die Idee ist: Das Sonnenlicht fällt auf eine wassergefüllte Kugel mit einem Meter Durchmesser (Es existiert auch eine Version mit 1.8 Metern Durchmesser zu €8999), die als konzentrierende Linse wirkt und das gebündelte Sonnenlicht auf eine kleine Solarzellenfläche richtet. Die Solarzellen werden nachgefährt, damit sie immer im Brennpunkt bleiben, egal, wie die Sonne steht.
Allerdings kann auch ein konzentrierendes System nur die Sonnenenergie bündeln, die sie erreicht. Eine Kugel mit einem Meter Durchmesser hat eine Querschnittsfläche von 0.78 Quadratmetern und hat unter optimalen Bedingungen eine Energieaufnahme von etwa 1000 Watt. Optimale Bedingungen (hoher Sonnenstand, klarer Himmel, trockene Luft) herrschen allerdings nicht immer, vor allem nicht in unseren Breiten.
Aber wie auch immer, ich beziehe mich im Folgenden einfach auf die Herstellerdaten, ohne diese selbst infrage zu stellen. Die nennen eine elektrische Leistung (gemeint ist wohl die maximal erzielbare elektrische Leistung, von 180 Watt und dazu eine maximale thermische Aufnahme von 275 Watt, wobei allerdings nicht klar wird, wie Letztere genutzt werden soll. Der maximale Energieertrag pro Tag liegt laut Hersteller bei 1.1 kWh.
- The station is designed for off grid conditions as well as to supplement buildings’ consumption of electricity and thermal circuits like hot water.
Diese positiv klingende Aussage …
… muss man wohl so verstehen, als dass kein Wechselrichter vorhanden ist und man die erzeugte Energie entweder sofort verbraucht oder später aus der eingebauten Batterie zapft, deren Kapazität 0.5 kWh beträgt. Wie der Zugang zum Warmwasserkreislauf des Gebäudes bewerkstelligt werden soll, steht da nicht. Ob sich eine Netzanbindung lohnen würde, erscheint mir angesichts der Leistungsdaten zweifelhaft. Ebenso wie die Eignung des Beta.ray als Lichtquelle. Laut Hersteller schaffen die eingebauten LEDs eine Lichtausbeute von 200 lumen. So viel (oder eher so wenig) wie eine konventionelle Glühbirne mit 15 Watt Leistung.
Ich bin allerdings Ingenieur und kein Wirtschaftsfachmann. Deswegen gebe ich offen zu, dass mir nicht klar ist, wie sich dieses Gerät irgendwann einmal rechnen soll. Nehmen wir mal an, ich blättere die 6000 Euros auf den Tisch des Hauses Rawlemon und die wuchten mir das Ding auf die Terasse. Auf dem Dach möche ich die 700 Kilo lieber nicht haben. Nun stünde das Ding da und produziert idealerweise Strom, den ich selbst verbrauchen kann und deswegen auf meiner Stromrechnung einspare.
Angenommen, ich spare damit pro Tag 30 Cent ein. Angenommen, der Beta.Ray liefert mir wirklich durchgehend die 1.1 kWh am Tag, die der Hersteller nennt, also auch im Winter oder bei bewölktem Himmel. Angenommen, es fallen außer dem Kaufpreis keine weiteren Kosten an – die Solarzellen degradieren nicht und die Batterie muss nie ausgetauscht werden. Ehrlich – man kann nicht sagen, ich würde versuchen, das Ding schlecht zu rechnen. Im Gegenteil, ich bin sehr großzügig in meinen Annahmen und komme damit dem Hersteller sehr weit entgegen. Ich übernehme sogar seine Angaben.
Also gut. Das alles nehmen wir als gegeben an.
0.3 Euro pro Tag sind 110 Euro im Jahr. Damit hätte ich ja die Kosten in weniger als 55 Jahren wieder ‚raus – solche Dinge wie Verzinsung mal nicht eingerechnet. Allerdings auch nur unter Zugrundelegung meiner ganzen großzügigen Annahmen. Wenn diese nun zutreffen und zudem auch noch der Strompreis auf 50 Cent pro kWh steigt, dann bin ich sogar nach gut 30 Jahren kostendeckend. Aber nur, wenn das Gerät so lange hält und es in der Zeit nie regnet.
Wenn meine großzügigen Annahmen allerdings nicht zutreffen sollten, dann wäre die Kugel niemals kostendeckend. Aber so etwas Böses wollen wir doch nicht annehmen.
Also, ich kleiner dummer Ingenieur sehe das ja bestimmt alles ganz falsch. Aber ich würde mir, wenn ich 6000 Euro in die umweltfreundliche Nutzung der Sonnenenergie und den Umweltschutz investieren will, einfach einen solarthermischen Kollektor aufs Dach bauen lassen, mit einem Warmwasserspeicherkessel im Keller. Damit könnte ich im Sommer annähernd all mein Brauchwasser erwärmen und im Winter immer noch im Schnitt die Hälfte. Ich komme damit auf eine deutlich schnellere Amortisation meiner Investition.
Da könnte ich ja jetzt glatt auf den Gedanken kommen, das Kugeldings ist vollkommen sinnlos. Aber das wäre ja sicher eine ganz falsche Schlussfolgerung. Wer klärt mich auf, wo mein Denkfehler liegt?
Quelle
pv magazine | Blog „Go for Launch“ Michael Kahn, geboren im Jahr 1962, arbeitet seit dem Studium des Maschinenbaus
mit Vertiefung in der Energietechnik und der Raumfahrttechnik als
Raumfahrtingenieur in diversen Projekten der europäischen
Weltraumforschung. Er ist Amateurastronom und steckt einen
beträchtlichen Teil seiner Freizeit in die Öffentlichkeitsarbeit. Zudem
betreibt er den Blog „Go for Launch“, in dem es vornehmlich um Astronomie und Weltraumtechnik geht.