Mehr Starkniederschläge durch Klimawandel
Starkniederschläge regional besser voraussagen: Studie entschlüsselt Details.
In einem wärmeren Klima werden extreme Niederschläge häufiger und stärker. Darüber sind sich die meisten Klimaforscher einig. Denn warme Luft kann mehr Wasser aufnehmen als kalte, was zu heftigeren und häufigeren Starkniederschlägen führen wird.
Doch die Zusammenhänge sind komplizierter und die Zunahme nicht überall gleich, weiss Stephan Pfahl, Klimaforscher der ETH Zürich und Erstautor einer Studie, die soeben in der Fachzeitschrift «Nature Climate Change» erschienen ist: «Die atmosphärische Feuchte ist nur ein Faktor, der die Verteilung und Stärke von extremen Niederschlägen beeinflusst. Besonders bei der regionalen Verteilung spielen noch andere Faktoren eine wichtige Rolle.»
Zerlegung der Faktoren
Um die regionale Änderung von Starkniederschlägen besser zu verstehen, haben Pfahl, sein Kollege Erich Fischer und Paul O’Gorman vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) deshalb bereits existierende Vorhersagen in ihre Einzelteile zerlegt: in einen Anteil auf Grund des zunehmenden Feuchtegehalts und einen Anteil, der durch schwächere oder stärkere Aufwinde zu Stande kommt. Dank diesem Vorgehen ist es den Forschern nun gelungen, die von Modellen vorhergesagten Änderungen von Starkniederschlägen für einzelne Regionen besser zu verstehen.
Die Studie deckt aber auch Schwächen bisheriger Vorhersagen auf. Während alle Modelle gleichsam einen zunehmenden Feuchtegehalt simulieren, unterscheiden sich ihre Vorhersagen der Aufwinde in gewissen Regionen beträchtlich. Damit liefert die Zerlegung einen Schlüssel zu besseren Klimavorhersagen. «Es ist ausserordentlich wichtig, die Gründe für schwächere und stärkere Aufwinde besser zu verstehen. Wir wissen jetzt, wo wir ansetzen müssen, um die Unsicherheiten regionaler Projektionen weiter zu verringern», betont Pfahl.
Uneinheitliches Bild wegen Aufwinden
Für sich allein betrachtet würde die zunehmende atmosphärische Feuchte ein ziemlich einheitliches Bild liefern: Rund um den Globus würden die extremen Niederschläge dadurch stärker. Regionale Tendenzen zu stärkeren oder schwächeren Aufwinden machen das Bild jedoch uneinheitlich.
Vor allem im äquatorialen Pazifik oder in den Monsungebieten Asiens sorgen kräftig zunehmende Aufwindgeschwindigkeiten für noch heftigere Starkniederschläge, während über weiten Teilen der subtropischen Weltmeere Starkniederschläge dadurch eher schwächer werden. Dass einige Meeresgebiete weniger extreme Niederschläge erhalten könnten, hält Pfahl für plausibel: «Dort haben wir schon heute nur schwache Aufwinde, die wenig Wasser in die Höhe führen. Daher kann es dort nicht besonders stark regnen.» In einer wärmeren Zukunft werde die Aufwind-Geschwindigkeit in diesen Gebieten gemäss den Modellen weiter abnehmen, was extreme Niederschläge seltener und schwächer werden lässt.
In Mitteleuropa dominiert Feuchte
Legen die Forscher die beiden Anteile jedoch übereinander, verstehen sie besser, wo bei steigenden Temperaturen eindeutig mit heftigeren und häufigeren Starkniederschlägen zu rechnen ist. Für Mitteleuropa beispielsweise dominiert der höhere Wassergehalt der Atmosphäre und führt zu extremeren Starkniederschlägen. Ausser im Sommer ändern sich gemäss den neuen Berechnungen die Aufwindgeschwindigkeiten kaum, auch nicht bei einer globalen Erwärmung von bis zu vier Grad bis Ende dieses Jahrhunderts. Im Mittelmeerraum hingegen könnten Änderungen der Aufwinde zentral sein. Sie werden sich wahrscheinlich abschwächen und damit Stärke und Häufigkeit von Starkniederschlägen eher verringern.
«Unsere Studie hilft uns dabei, die Prozesse besser zu verstehen, die in einem wärmeren Klima das regionale Auftreten von Starkniederschlägen verändern», fasst Pfahl zusammen.