Öffentliche Einnahmen aus CO2-Bepreisung für Gesundheit und Bildung nutzen
Statt eines CO2-Preises gibt es in vielen Ländern Subventionen für fossile Brennstoffe.
- Subventionen auf fossile Brennstoffe zu stoppen und stattdessen Kohlendioxid-Emissionen zu bepreisen, könnte helfen, sowohl globale Klimaziele zu erreichen, als auch zusätzliche Mittel für den Staatshaushalt einzelner Länder zu schaffen.
- Diese Mittel könnten in die nachhaltige Entwicklung fließen: etwa um die Gesundheitsversorgung zu verbessern, Zugang zu Bildung zu schaffen oder Infrastrukturen für Energie, Transport und sauberes Wasser zu verbessern.
- Indien könnte damit mehr als 90 Prozent seines Bedarfs an öffentlichen Investitionen für die UN-Ziele nachaltiger Entwicklung (SDG) decken. Aber auch für Länder wie Burundi, die Republik Kongo oder Senegal – Länder mit niedrigem Staatseinkommen und wenig Möglichkeiten für private Finanzierung – könnte sich diese Umstellung lohnen.
Während Gesundheitssysteme, sauberes Wasser und Bildung in vielen Teilen der Welt eine Selbstverständlichkeit sind, haben Millionen von Menschen immer noch keinen ausreichenden Zugang zu diesen grundlegenden öffentlichen Gütern. CO2-Preise könnten allerdings erhebliche finanzielle Mittel für die von den Vereinten Nationen festgelegten globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) bereitstellen, das zeigt ein Team von Wissenschaftlern nun auf. Gleichzeitig könnten CO2-Preise einen zentralen Beitrag zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2°C bis zum Ende des Jahrhunderts leisten
„Derzeit haben wir ein doppeltes Probleme“, erklärt Leitautor Max Franks vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK): „Es gibt einerseits in vielen Ländern eine enorme Unterversorgung bei grundlegenden öffentlichen Gütern wie Gesundheitssystemen, Zugang zu Schulen oder sauberem Wasser. Andererseits steigen gleichzeitig die Treibhausgasemissionen weiter an, und es gibt eine Übernutzung der Atmosphäre – ein globales Gemeingut – als Deponieraum für diese Emissionen.“ Bisher wurden die beiden Probleme einzeln angegangen. „Aber wenn man sich Klimapolitik und die Politik für eine nachhaltige Entwicklung zusammen ansieht, zeigt sich deutlich, dass CO2-Preise tatsächlich beide Probleme gleichzeitig und effektiv angehen können“, sagt Franks.
Eine Umstellung von Subventionen, wie sie heute oft auf fossile Brennstoffe gezahlt werden, zu einer CO2-Bepreisung könnte zusätzliche Einnahmen erzielen, die zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung eingesetzt werden könnten, zeigen die Forscher in ihrer in Nature Sustainability veröffentlichten Studie auf. Schon der Abbau von Subventionen auf fossile Brennstoffe allein würde öffentliche Haushalte stark entlasten. Der so gewonnene finanzielle Spielraum würde etwa in Ägypten bei Weitem ausreichen, um die gesamte SDG-Agenda zu finanzieren. Auch in anderen Entwicklungs- und Schwellenländern in Subsahara-Afrika wie Togo, der Republik Kongo und Senegal könnten auf diese Weise die SDGs zu einem großen Teil finanziert werden, so die Wissenschaftler.
„Allerdings könnten die Einnahmen einer kombinierten Steuerreform, die fossile Subventionen streicht und durch einen CO2-Preis ersetzt, mehr als zwei Drittel der für die SDG-Agenda erforderlichen öffentlichen Mittel für mehrere Länder in Süd- und Südostasien bereitstellen“, erklärt Franks. „In Indien könnte so wahrscheinlich mehr als 90 Prozent des öffentlichen Finanzbedarfs für die SDGs gedeckt werden, wie unsere Studie zeigt. Es gibt also tatsächlich ein großes Potenzial für die Nutzung von CO2-Preisen für Gesundheit, Bildung und andere öffentliche Güter.“
Statt eines CO2-Preises gibt es in vielen Ländern Subventionen für fossile Brennstoffe – eine Belastung für die Umwelt und den öffentlichen Haushalt
In den am wenigsten entwickelten Ländern Afrikas südlich der Sahara ist das Finanzierungspotenzial der CO2-Preise jedoch oft deutlich geringer, als der Finanzierungsbedarf für die SDGs. Dennoch ermittelt die Studie Länder, in denen CO2-Preise mehr als ein Fünftel der erforderlichen öffentlichen Mittel für die SDGs beitragen könnten – Länder wie Burundi, Mauretanien, Nigeria, die Republik Kongo, Senegal, Swasiland, Togo, Uganda und Simbabwe.
„Derzeit subventionieren Regierungen fossile Brennstoffe zur Unterstützung bestimmter Industrien oder um die Brennstoffpreise für die Verbraucher niedrig zu halten. Das belastet nicht nur die Umwelt, sondern auch die nationalen Haushalte. In den Ländern, die wir analysiert haben, würde die Summe der Subventionen für fossile Brennstoffe ausreichen, um 20 Prozent des SDG-Finanzierungsbedarfs zu decken“, sagt Kai Lessmann vom PIK. Die Abschaffung dieser Subventionen würde erhebliche öffentliche Mittel für andere dringende Zwecke, wie die Linderung extremer Armut, freisetzen. „Nationale Kohlenstoffpreise anstatt Subventionen für Kraftstoffe würden natürlich noch mehr öffentliche Mittel generieren. Gleichzeitig könnte dies ein effizienter Weg sein, um den Kohlendioxidausstoß in der gesamten Wirtschaft zu reduzieren.“
Entwicklungshilfe sollte sich auf den Aufbau von Kapazitäten konzentrieren, insbesondere für den Aufbau von Steuerbehörden
Die Wissenschaftler verglichen das Potenzial zur Mobilisierung heimischer finanzieller Ressourcen mit dem Wegfall aller Subventionen für fossile Brennstoffe. In einem zweiten Schritt verknüpften sie dies mit einem CO2-Preis, der hoch genug ist, um das 2°C-Ziel der Vereinten Nationen zu erreichen. Basierend auf dem Fünften Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC geht die Studie davon aus, dass der Preis im Jahr 2020 bei 40 US-Dollar pro Tonne CO2 beginnt und im Jahr 2030 auf 175 US-Dollar pro Tonne ansteigt. Zum Vergleich: Großbritannien konnte einen ersten wichtigen Schritt zur Vermeidung des Klimawandels gehen, indem es 2013 einen Preis von 18 britischen Pfund (25 US-Dollar) pro Tonne CO2 einführte.
Dieser Preis reichte aus, um aus der Kohle auszusteigen. Interaktionseffekte wie Einkommenseinbußen der Exportländer fossiler Brennstoffe oder positive Wachstumseffekte durch bessere Gesundheit, Bildung und Infrastruktur konnten nicht berücksichtigt werden – daher sollten die exakten Zahlen vorsichtig eingeordnet werden. Dennoch wird deutlich, dass die zusätzlichen Einnahmen, die für die öffentlichen Haushalte zur Verfügung stehen, beträchtlich wären – insbesondere durch die Bepreisung von CO2-Emissionen.
„Die Umstellung von Subventionen für fossile Brennstoffe auf CO2-Preise könnte einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung in Asien und Afrika leisten. Ein erheblicher Teil der erforderlichen öffentlichen Mittel wird so abgedeckt“, schließt Ottmar Edenhofer, Chefökonom und designierter Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung sowie Direktor des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC). „Es stellt sich heraus, dass CO2-Preise eine Balance zwischen Klimapolitik und nachhaltiger Entwicklung schaffen könnten und gleichzeitig dazu beitragen könnten, globale Klimaziele und Fortschritte auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung zu erreichen. Die öffentliche Unterstützung für CO2-Preise könnte mit dem Wissen zunehmen, dass das Recycling von CO2-Preiseinnahmen zur Finanzierung von SDGs enorme Vorteile für die breite Bevölkerung bringen würde. Eine wichtige Botschaft unserer Studie ist daher, dass sich Entwicklungspolitik auf den Aufbau lokaler Kapazitäten zur Stärkung von Steuerbehörden konzentrieren sollte, insbesondere mit dem Ziel der Einführung von CO2-Preisen.“