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Depositphotos | vitaliy_sokol

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Plastikverschmutzung wird zum globalen Problem

Kunststoff in den Meeren verschärft Klimawandel und Biodiversitätsverlust

Plastikpartikel finden sich überall auf der Erde: In Wüsten, auf Berggipfeln, in den Tiefen der Ozeane und im arktischen Schnee. Ein internationales Team unter Beteiligung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), warnt nun in einem Übersichtsartikel im Fachjournal Science davor, dass langlebige Plastikabfälle nicht nur den Klimawandel verschärfen, sondern auch Folgen für Ökosysteme und die biologische Artenvielfalt haben könnten, die sich nicht mehr rückgängig machen lassen. Um diese globale Bedrohung einzudämmen, müsse der massive Plastikeintrag in die Umwelt drastisch reduziert werden.

Zwischen 9 und 23 Millionen Tonnen Plastik wurden im Jahr 2016 weltweit in Ozeane, Flüsse und Seen gespült, 13 bis 25 Millionen Tonnen landeten in terrestrischen Ökosystemen – Abfallmengen, die sich bis zum Jahr 2025 noch verdoppeln werden, wenn sich nichts ändert im Umgang mit Plastik. Lediglich an wenigen, zumeist sehr gut zugänglichen Orten kann der Mensch Plastikabfall beispielsweise durch das Säubern von Stränden noch aus der Umwelt entfernen. Zum Problem wird der Plastikeintrag insbesondere durch seine Langlebigkeit und weil der Kunststoff durch physikalische, chemische und biologische Verwitterungsprozesse in feinste, oft nur Mikro- oder Nanometer große Partikel zersetzt wird, er freie Chemikalien abgibt und sich damit kaum sichtbar für das menschliche Auge weltweit in Ökosystemen verteilt.

„Das Problem in den Ozeanen ist, dass sich Plastikabfall an jenen Stellen ablagert, die für den Menschen kaum erreichbar sind: in tiefen Wasserschichten der offenen Ozeane, am Meeresboden oder an abgelegenen Küsten. Dort kann Plastik kaum mehr entfernt werden“, sagt Mitautorin Prof. Annika Jahnke, UFZ-Umweltchemikerin und Professorin für „Exposomanalytik“ an der RWTH Aachen University. Verstärkend kommt hinzu, dass Plastik, wenn es erst mal auf den Meeresboden gesunken ist und damit nicht mehr so stark der Verwitterung infolge Sonneneinstrahlung oder höherer Temperaturen ausgesetzt ist, eine hohe Langlebigkeit hat. „In der dunklen und kalten Tiefsee wird Plastik nur extrem langsam verwittern“, sagt sie.

Der dauerhafte Verbleib des Plastiks in der Umwelt sorgt folglich für zahlreiche Probleme, nicht nur weil fortlaufend Chemikalien aus den Plastikteilchen abgegeben werden, die der Umwelt schaden. Die Partikel verschärfen beispielsweise auch die Folgen des Klimawandels, weil sie in den Ozeanen die biologische Kohlenstoffpumpe stören. Dieser natürliche Mechanismus sorgt eigentlich dafür, dass Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre von Blaualgen und Phytoplankton gebunden wird und nach deren Absterben in die Tiefe sinkt. Kleine Plastikpartikel in den oberen Schichten der Meere, dem Lebensraum der Blaualgen und des Phytoplanktons, können jedoch deren Wachstum hemmen – etwa aufgrund eingeschränkter Nahrungsaufnahme oder stärkerer Trübung des Wassers. Das hätte zur Folge, dass weniger Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre gebunden würde und weniger Nährstoffe in die Tiefsee gelangen. Absinkende Plastikpartikel hingegen verstärken den Transport von Kohlenstoff in Tiefseesedimente, aber deren Nahrungsgehalt für Tiefseelebewesen ist vermutlich sehr gering.

© UFZ.de | Gritta Veit-Köhler / Senckenberg am Meer | Reisende auf Plastikmüll: eine Krabbe aus dem Pazifischen Ozean.

Auswirkungen haben die Kunststoffabfälle in den Ozeanen auch für die Biodiversität. „Forscherinnen und Forscher konnten Plastikmüll in mehr als 2.600 Tier- und Pflanzenarten sowie Mikroorganismen nachweisen. In hunderten von Studien sind die negativen Auswirkungen auf Meeresorganismen etwa zur Toxizität, Sterblichkeit, zu Verhaltensänderungen, zur Mobilität oder zum Sauerstoffverbrauch beschrieben“, sagt Mitautorin und AWI-Wissenschaftlerin Mine Tekman mit Verweis auf das AWI-Online-Portal LITTERBASE, wo wissenschaftliche Studien zum Thema Meeresmüll zusammengetragen werden. So sind beispielsweise bei der seltenen Mittelmeer-Mönchsrobbe, von der nur noch 600 bis 700 Individuen vorkommen, Plastikschlingen und beim Fischfang verloren gegangene Fischernetze die zweithäufigste Todesursache. 

Die Plastikverschmutzung verstärkt damit die Belastung der Ozeane, die ohnehin bereits dem Temperaturanstieg, der Versauerung, der Überfischung und der Eutrophierung ausgesetzt sind. „Gelangt das langlebige Plastik in die Meere, werden durch Verwitterung über die Zeit unaufhaltsam immer kleinere Plastikteilchen erzeugt und Chemikalien freigesetzt, die toxische Effekte hervorrufen können, die sich dann nicht mehr rückgängig machen lassen und die Ozeane zusätzlich schädigen. Lässt sich diese Emission nicht drastisch reduzieren, könnte bei der globalen Plastikverschmutzung bald ein Kipppunkt erreicht werden“, sagt Annika Jahnke. 

Weil sich vor allem kleine Plastikpartikel in den Weiten der Ozeane oder auf dem oft mehrere tausend Meter tiefen Meeresboden nur schwer beproben und nachweisen lassen, fehlen meist Daten, mit denen sich die Entwicklung der Plastikverschmutzung in den Ozeanen genauer vorhersagen lassen. UFZ-Forscherin Annika Jahnke koordiniert deswegen das Projekt MICRO-FATE. In dessen Rahmen passierte sie mit dem gesamten Projektteam und weiteren Wissenschaftlern im Jahr 2019 an Bord des deutschen Forschungsschiffs „Sonne“ den Pazifik, um mehr zum Verbleib und zum Vorkommen von Mikroplastik herauszufinden. „Schätzungen beruhten bislang vor allem auf Computermodellen, Einzeldaten und Beobachtungen aus der Luft. Um die Modelle weiter zu verfeinern, untersuchen wir, was mit dem Plastik im Ozean passiert und welche Effekte Mikroplastik auf die Umwelt hat“, erklärt sie. Bis Ende des Jahres sollen erste Ergebnisse vorliegen. 

Mehr Forschung ist ein Ansatz, um die negativen Auswirkungen des Plastikabfalls in der Umwelt besser zu verstehen. Trotzdem ist schon jetzt genug Wissen über die Problematik von Plastik in der Umwelt bekannt, um den Verbrauch von Kunststoff drastisch zu reduzieren. „Notwendig sind Maßnahmen wie etwa die Begrenzung der Produktion von neuen Kunststoffen, um den Wert von recyceltem Kunststoff zu erhöhen, oder ein Exportverbot von Kunststoffabfällen in Länder, die keine guten Recyclinginfrastrukturen haben“, sagt AWI-Forscherin Mine Tekman. Wichtig sei vor allem, schnellstmöglich zu handeln, um die Plastikverschmutzung drastisch zu reduzieren.

Ergänzende Informationen:
Forschungsprojekt MICRO FATE
UFZ-PM zum Start von MICRO FATE
Blog-Beiträge zur Expedition der „Sonne“

Quelle

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) 2021

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