Russpartikel beeinflussen Erderwärmung
Ein Forschungsteam der ETH Zürich hat mit Simulationen auf dem CSCS-Supercomputer „Piz Daint“ untersucht, wie sich Alterungsmechanismen von Russpartikeln in der Atmosphäre auf die Wolkenbildung auswirken. Die Ergebnisse zeigen, dass Russalterung die Wolkenbildung und somit das Klima verändert.
Beim Verbrennen von Holz, Erdölprodukten oder anderen organischen Materialien, gelangen Russpartikel in die Atmosphäre. Diese vom Menschen verursachten Russpartikel bestehen hauptsächlich aus Kohlenstoff und gelten nach Kohlendioxid als zweitwichtigster treibender Faktor für die Klimaerwärmung: Sie absorbieren in der Atmosphäre oder als Ablagerung auf Schnee- und Eisflächen die kurzwellige Strahlung der Sonne und treiben so die Klimaerwärmung mit voran.
In der Atmosphäre wirken Russpartikel aber auch indirekt auf das Klima, indem sie die Bildung und Entwicklung von Wolken verändern und darüber die Eigenschaften von Wolken beeinflussen. Ein Forschungsteam unter Leitung von Ulrike Lohmann, Professorin am Institut für Atmosphäre und Klima an der ETH Zürich, hat nun erstmals untersucht, wie zwei bestimmte Arten von Russpartikeln den Wolkenzyklus und somit das Klima beeinflussen: zum einen Russ-Aerosole die durch Ozon altern und zum anderen solche die durch Schwefelsäure altern.
Russ-Chemie verändert die Wolkenbildung
«Bis anhin ging man davon aus, dass diese zwei Arten der Russ-Alterung die Wolkenbildung und das Klima nur wenig beeinflussen», sagt David Neubauer, wissenschaftlicher Programmierer in der Forschungsgruppe von Lohmann. Die Ergebnisse der nun durchgeführten Simulationen auf dem CSCS-Supercomputer «Piz Daint» zeichnen jedoch ein anderes Bild.
Wenn sich Russpartikel mit Ozon oder Schwefelsäure verbinden, verändern sich ihre physikalischen und chemischen Eigenschaften, schreibt das Forschungsteam in seiner Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Geoscience publiziert wurde. Durch Ozon gealterte Russpartikel bilden in tieferen Schichten der Atmosphäre Kondensationskeime, aus denen sich Wolken bilden können. In höheren Schichten der Atmosphäre wirken jene durch Schwefelsäure gealterten Russpartikel hingegen als Eiskeime und lassen Zirruswolken entstehen.
Das Team simulierte wie die unterschiedlich alternden Russpartikel die Wolkenbildung und infolgedessen das Klima, von der vorindustriellen Zeit bis in die Zukunft, beeinflussen. Bei diesen Simulationen wird die Entwicklung der Aerosolpartikel gekoppelt an die Physik der Wolkenbildung interaktiv berechnet. Das ist aufwendig und braucht mehr Rechenzeit als herkömmliche Klimasimulationen.
Das Forschungsteam traf für seine Berechnungen klar definierte Annahmen, indem es den Alterungszustand der Russpartikel, abhängig von Temperatur und Ozonkonzentration beschreibt. Beide Faktoren beeinflussen die Alterung massgeblich: Damit Russ durch Ozon rasch altert, müssen Temperatur und Ozonkonzentration hoch sein. Bei der Eiskeimbildung durch Alterung mit Schwefelsäure spielt eine tiefe Temperatur die entscheidende Rolle.
Veränderte Wolkenbildung führt zur Erwärmung
Simulationen von ozongealtertem Russ zeigen, dass sich bei einer Verdoppelung des Kohlendioxidgehalts in der Atmosphäre im Vergleich zur vorindustriellen Zeit weniger tiefliegende Wolken bilden. Zunächst bilden sich durch die Ozon-Alterung von Russ zwar deutlich mehr Wolkentröpfchen. Ihre hohe Konzentration führt jedoch dazu, dass sich der obere Wolkenrand schneller abkühlt und von oben mehr trockene Luft beigemischt wird. «Dadurch verdunsten die Wolken schneller, vor allem in einem wärmeren Klima», erklärt Lohmann. «In einem wärmeren Klima hat die zugemischte Luft auch eine niedrige relative Luftfeuchtigkeit.» Durch die schnellere Verdunstung bleiben weniger tiefliegende Wolken zurück, und mehr kurzwellige Strahlung erreicht die Erde und erwärmt sie.
Die durch Schwefelsäure gealterten Russpartikel bewirken hingegen, dass sich mehr Eiskristalle bilden und die Zirruswolken optisch dicker werden, das heisst, sie sind weniger durchlässig für Strahlung. Sie reichen bis zur Tropopause hin, die sich in 10-18 Kilometer Höhe befindet, und verweilen zudem länger in höheren Bereichen der Atmosphäre. Infolgedessen absorbieren die Zirruswolken mehr langwellige Wärmestrahlung, die die Erde abstrahlt, und lassen weniger davon in Richtung Weltraum entweichen. Der wärmende Effekt der Zirren nimmt zu und die Erderwärmung wird zusätzlich vorangetrieben: Wenn sich der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre gegenüber der vorindustriellen Zeit verdoppelt, führen beide Arten der Russ-Alterung zusammen zu einer um 0,4 bis 0,5 ºC höheren Erderwärmung. Infolgedessen werde der Wasserzyklus weiter beschleunigt und der globale Niederschlag weiter zunehmen, schreiben die Forschenden.
eitere Studien in der auch Aerosole von Waldbränden, Flugzeug- oder Automotoren einbezogen und Feld- und Labormessungen mit Simulationen kombiniert werden, könnten ein noch klareres Bild über die Auswirkung der Russ-Aerosole geben. Sie könnten zudem helfen, Strategien zur Emissionsminderung zu entwickeln. «Das käme nicht nur dem Klima und der Luftqualität zugute, sondern auch der Gesundheit der Menschen», betont Neubauer.
- Lohmann U, Friebel F, Kanji ZA et al: Future warming exacerbated by aged-soot effect on cloud formation, Nat. Geosci. 13, 674–680 (2020). DOI: doi.org/10.1038/s41561-020-0631-0
Quelle
ETH Zürich 2020 | Dieser Text von Simone Ulmer erschien in Englisch auf der Website des CSCS.